Allgemein, Kolumbien, maddyswelt
Schreibe einen Kommentar

Abschied von Bogotá

P1080062-670x270

Die letzten zwei Tage meiner Reise – wie soll man die verbringen, was soll man machen? Ich hatte mir einiges vorgenommen und konnte doch nur die Hälfte umsetzen. Denn eines hatte ich nicht berücksichtigt, dass am Sonntag Wahltag sein würde und seltsamerweise Museen dadurch geschlossen waren. Am Samstag jedoch ging mein Plan auf. So wollte ich natürlich neue Ecken der Stadt kennenlernen und dazu zählt die schickere Zona Rosa im Norden der Stadt. Als ich mittags einen Bus nehmen wollte und an der Cra. 7 wartete, baute sich selbstbewußt eine Bettlerin auf – rechte Hand ausgestreckt, in der linken Hand hielt sie eine geöffnete Wasserflasche. Wie zynisch wäre es gewesen, ihr zu sagen, dass Wasser sei zum Trinken gedacht.Denn was sie statt dessen damit vorhatte, war weniger nett, aber vielleicht in der Armut auch einfach eine Verzweiflungstat. Sie wollte Geld, das sagte ihre rechte Hand bereits, doch gab sie der Forderung noch mit Worten Nachdruck. Als Ausländer kann man ja immer schnell sagen, man verstehe nicht, aber ihr war natürlich klar, dass jeder diese Gestik versteht. Also gab es keine Ausrede und sie begann mit ihren Drohungen, mir das Wasser ins Gesicht zu schütten, gäbe ich ihr nicht sofort Geld. Dies wiederholte sie solange mit schwingender Armbewegung, die jedesmal ein bisschen Wasser zum überschwappen brachte, dass ich ihr das durchaus zutraute. Sie blieb hartnäckig und so wiederholte sich dieses Spiel minutenlang. Natürlich wurde ihr das irgendwann zu doof und ich kam aus der Sache trocken raus. Aber die Situation war alles andere als angenehm.

Szenenwechsel ein paar Minuten später. Zona Rosa, hier tummeln sich die Kolumbianer, die die Sonnenseite des Lebens geniessen. Speziell ab der 81 Calle wurde es ein bisschen Simon-Dach-Kiez-artig. Man fühlte sich also schon fast so wie zu Hause. Kneipen reihten sich aneinander, dazwischen hippe Läden und teuere Boutiquen und dann am Rande noch mit guten Malls bestückt. So lässt es sich in Bogota eben auch leben.

Wieder in Candelaria zurück besuchte ich ein zweites Mal die Botero Ausstellung, war ich im Dezember ja nur schnell durchgehuscht. Neben Werken von Botero sind natürlich auch Bilder anderer moderner Künstler zu bestaunen. Ich fühlte mich gerade wieder richtig wohl in der Stadt, da musste doch ein Aspekt stören. Als ich nach dem Abendessen ins Hostel kam, dröhnte laute Musik durch die Räume. Ein fucking cooler Brite, der bereits am Vortag von den geilen Partys im Hostel geschwärmt hatte, schien heute seine eigene Party zu planen. Leider reisen immer häufiger Reisende nicht des Landes wegen, sondern um einfach das im Urlaub fortzusetzen, was sie auch in Manchester und sonst wo täglich tun könnten. Sie hängen im Hostel ab – schlafen bis nachmittags, und abends gibt es eben Parties – wohlgemerkt im Hostel. Frage mich, wozu reise ich dann. Naja, wohl eher um nur die anderen Reisenden kennenzulernen. Der Typ jedenfalls bekam es zustande in einem Satz mehr Fucks einzusetzen als ich je im Urlaub Adios und Hola zusammen gesagt habe. Unglaublich. Jedenfalls saß er da so im Hof, die Boxen genau vor meinem Zimmer postiert und wartete scheinbar auf die Aufmerksamkeit der anderen Hostelgäste, die er peu à peu auch bekam. Um Mitternacht hatte sich bereits nahezu das gesamte Hostel zu ihm gesellt. Ich kann ja Musik auch zum Einschlafen vertragen, aber als kein Ende absehbar war und die Musik wirklich grottenschlecht, denn Geschmack schienen sie wohl alle nicht zu haben oder sie soffen sich den letzten Rest ihres Geschmacks gerade weg, wollte ich das Hostel wechseln. Gegenüber befand sich ein Hotel, das noch Einzelzimmer hatte, die sogar 5 Eur billiger waren. Leider kam ich natürlich aus der Numer nicht mehr raus. Ich hätte das andere Hostel trotzdem zahlen müssen, da es ja schon nachts war. Aber man könne mir ja den Gefallen tun und die Musik ausschalten. Naja, für wenige Minuten wurde die Musik tatsächlich leiser gestellt, nur um dann so richtig auf Diskolautstärke aufzudrehen. Und das blieb so bis 5.30 Uhr morgens.

Wie schön war es, als diese schrecklichenDancefloor-Beats den Stimmen der Vögel wich. Leider war da für mich auch nicht mehr ans Einschlafen zu denken. Ich wollte nur noch das Hostel wechseln. Zynisch fragte mich das Hostelgirl, und geht es Dir jetzt besser? Eines ist klar, in Großstädten kann man heutzutage echt nicht mehr in Hostels gehen. Die scheinen im vollkommenen Besitz von einer Party Crowd zu sein. Party immer gern, aber Leute, auch Bogotá hat gute Clubs. Nachdem ich das Hostel gewechselt hatte an diesem Sonntagmorgen (gleich nach dem Frühstück), noch bevor irgendein anderer überhaupt aufgestanden war, lief ich zum Fuß des Montserrats. Mit dem Furnicular ging es dann in 3.500m Höhe hinauf. Trotz vieler Leute war das echt wohltuend. Wie man so da saß und auf die Stadt schaute, die nicht so stark in die Höhe geht, sondern sich mehr in die Breite erstreckt, eingekeilt zwischen Bergketten. Nicht so phänomenal wie La Paz, aber doch sehr schön, denn hier sah man, dass es sich tatsächlich um eine sehr große Stadt handelte.Wieder unten in der Candelaria wollte ich der Quinta von Simon Bolivar einen Besuch abstatten. Fehlanzeige, geschlossen. Dann stand das Goldmuseum noch auf meinem Plan. Weitläufig abgesperrt mit hoher Polizeipräsenz. Auch hier ginge es heute nicht rein. Mañana hieß es nur. Nun wusste ich auch nicht. Relaxte erst mal im Juan Valdez. Später wollte ich noch mal zum Hauptplaza Bolivar und auch dieser letzte Besuch blieb mir verwährt. Da ich die Erklärungen nicht verstand, kaufte ich mir schliesslich eine Zeitung und las, das heute Wahlen waren. Nicht die Präsidentenwahlen sondern zum Parlament. Nun dämmerte es mir, warum so eine hohe Polizeipräsenz in der gesamten Stadt anzutreffen war. Man konnte also nichts, aber auch gar nichts mehr unternehmen. So sah mein letzter Tag Bogotá aus. Wenigstens die Sonne meinte es gut mit mir und schenkte mir einen schönen Abschiedstag.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert