Allgemein, Blog, maddyswelt, Marokko
Schreibe einen Kommentar

Der Ort, von dem die Filme sind

aitBenHaddou-500x270

Wir verlassen am späten Vormittag Marrakesch und suchen unseren Weg raus gen Ourzazate. Vor uns tun sich bereits schneebedeckte Berge auf, in die wir bald hineinfahren werden, aber die wir nicht überfahren. Wir lassen den Toubkal westlich liegen. Vor Marrakesch ist der Bauboom genauso entfacht wie auch in der Stadt. Die Straßen sind zunächst noch leer und füllen sich bald, wenn wir uns die Serpentinen hochschrauben.

Zunächst fahren wir in Oasen-Tälern entlang, die der Karge der hohen Berge ihr sattes Grün entgegensetzen wollen. Doch bald bewegen auch wir uns in die Büschellandschaft hinein, die eine Kakteenreiche Landschaft abwechselt. Rote Lehmbauten, die Ton in Ton mit ihrer Umwelt eins werden, bilden von nun an Ortschaften. Ich habe ein Déjà-vu und das heißt Bolivien. Nur die sich ewig hinziehende Hochebene erreichen wir hier nicht so recht, stattdessen immer wieder Hügel an Hügel, oder Berg an Berg. Langsam bewegen wir uns in unserem Suzuki nur vorwärts, während Jeeps und Touristenbusse an uns vorbeiheizen. Wir sind hier auf touristischen Pfaden, daran besteht kein Zweifel. Selbst die erste angesteuerte Raststätte ist heillos überfüllt oder eher überfordert, dass wir schließlich weiterfahren, bis wir auf dem Gipfel kurz vor dem eigentlichen Pass Tizi-n-Tichka in einem kleinen Café lunchen. Hier sind wir so gut wie die einzigen Gäste, die oben auf dem Dach den Ausblick und die Ruhe genießen, während unser Blick über die Gipfel und Täler und vor sich hin quälenden LKWS schweift.

Hinter dem Pass färbt sich die Welt noch ein wenig röter und steil abfallende Plateaus bestimmen das Bild. Wir schrauben uns nun hinunter, um dann immer entlang einer Oase zu unserem Zielort zu fahren. Hier sind wir endlich in Afrika angekommen. Das Land ändert sein Antlitz. Am Spätnachmittag erreichen wir den Schauort vieler Monumentalfilme – Ait Benhaddou. Wir checken im Café Bagdad ein. Der Ort erinnert uns ein wenig an Wild West-Romantik. Der starke Wind tut sein Restliches. Trotzdem suchen wir gleich den Ksar (Weltkulturerbe) hinter unserer Bleibe auf, steigen dem Lehmbaudorf hinter dem Oued Mellah hinauf. Und auch hier vermissen wir wieder die Aufdringlichkeit, die ich lang vor meinem Urlaub gefürchtet hatte. Der Ksar ist beeindruckend und sehr schön.  Und vor allem kann man ihn um diese Uhrzeit fast allein genießen. Wenn es nicht noch so stürmen würde, könnte man hier länger verweilen. Wir tranken oben auf einer Terrasse noch einen Tee. Der Laden lud nicht nur uns ein, jedoch als es ans Zahlen ging, stürzte der genannte Preis jeden in Verwunderung. Man zahlt den Ausblick, das war schon klar, dennoch diskutieren die Franzosen herum. Ein in Gewändern eingehüllter Russe führt uns an der Nase herum, er sei von hier. Alles klar, was liegt gleich auf meinem Tellerrand – Sachar? Da.

Es ist kurios und geht noch illustrer weiter beim Abendtisch im Café Bagdad. Viel gelobt bei Reisenden für seine familiäre Atmosphäre – nun, die kann man nicht übersehen. Die Familie wohnt zugleich im „Esszimmer“ (Restaurant). Alle drei Kleinkinder toben, schreien oder sitzen stoisch vor Computerspielen, deren Laute ich nicht gerade mitten in Marokko als authentische Atmosphäre genießen möchte. Das Ehepaar ist nett, aber von Kindererziehung verstehen sie wohl nicht so viel. Neben uns sitzt ein französisches Ehepaar mit einem Kind und einem Jugendlichen. Die Frau schaut stoisch vor sich her, als hätte sie an nichts eine Freude, der Jugendliche sitzt am Abendbrottisch mit Kopfhörern und Papa und Mädchen sind die ganze Zeit verschwunden. Wir planen die verbleibenden Tage. Die Mitte unseres Urlaubs ist passiert und wenn man Helge glauben mag, ist auch die Seele endlich angekommen. Da mag er Recht haben. Langsam kommt man in den Urlaub rein, aber bald schon geht es wieder raus.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert