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Ein bisschen individueller darf es sein

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Tag 10 unserer Tour ist angebrochen. In schnellen Schritten nähern wir uns dem Ende. Endlich sind wir in Gefilden, in denen man sich morgens nicht in zehn Fleecepullis einmummeln muss. Die Gebirge lassen wir hinter uns und das in schnellen Schritten. Denn heute begleitet uns nach einer Stunde auf unbefestigter Straße eine neue Asphaltstraße. Da sind 100 km/h ungeahnte Geschwindigkeiten, die einen in einen Glücksrausch bringen. Immer mehr weitet sich die Landschaft. Steinhäuser lösen zunehmend Holzhäuser ab, kombiniert nach wie vor mit Jurte und Holzzaun. Wir sind kurz nach 11 Uhr bereits in Kharkorhin. Von diesem Ort aus wurde kurze Zeit das größte Weltreich regiert. Hier entstand mit Erdene Zuu die größte Klosteranlage der Mongolei. Durch den Orkhon Fluss (mit 1124 km einer der wichtigsten und längsten Flüsse der Mongolei) ist diese Gegend sehr gutes Ackerland gewesen, gerade auch zu sozialistischen Zeiten. 8.000 Einwohner leben heute hier. Für mich sieht der Ort nicht kleiner aus als Murun. Zu Chinggis Khaans Sohns Zeiten Uguudei zu Anfang/ Mitte des 13. Jhr. erlebte der Ort seine kurze Blütezeit. Schon Ende des 14. Jhr. wurde der Ort von chinesischen Truppen zerstört. Vom alten Karakorum blieben nur zwei Schildkröten aus Granit übrig. 200 Jahre nach dem Untergang von Karakorum gab es eine zweite Blütezeit mit dem Sitz des Klosters Erdene Zuu (Kostbarer Herr). Besonders interessant sind die 102 Stuppas, die das Kloster umringen. Zu Hochzeiten lebten 10.000 Mönche an diesem Ort und wie auch andere Klöster, fiel dieses 1937 den mongolischen Truppen zum Opfer und wurde dem Erdboden gleichgemacht. Die Klosteranlage beherbergt zwar nur noch wenige Tempelhäuser, aber diese geben bereits einen Eindruck, wie schön es hier einst gewesen ist.

In Kharkhorum schliefen wir im etwas in die Tage gekommenen Anar Ger Camp. Schön ist die Lage am Orkhon Fluss. Doch zwischen Mittag- und Abendessen waren wir unterwegs. Wir schauten uns Erdene Zuu und zwei Schildkröten des einstigen Karakorum an. Dann ließen wir uns in den heutigen Ort fahren, wo wir uns von Guide und Fahrer trennten. Nach 10 tägiger Tour dürstet es uns nach Individuellem. Nicht nach vordekliniertem Programm. Einfach mal über einen Markt schlendern, einfach mal einen Kaffee trinken, einfach mal ins Internet Café gehen, ohne dass man zwei Personen im Schlepptau hat. Die vorgegebenen Mahlzeiten sind für mich schon Korsett genug. Meine längste Tour am Stück waren vier Tage Serengeti. Länger bekomme ich einen Koller. Inzwischen habe ich hier schon drei Krisen hinter mir. Ich sehne mich nach Selbstbestimmung. Ich will einfach wieder allein sein, aber noch sechs Tage liegen vor uns. Vielleicht wird mir dieser Aspekt gerade hier so bewusst, da wir in einem Gebiet sind, das man auch individuell per Bus erreichen kann. So trifft man auch hier wieder vermehrt Individualreisende, aber auch genug Reisebusse mit amerikanischen und asiatischen Touristen. Endlich einmal einen richtigen Kaffee trinken im Morin Jim Café. Wie sehr wir am Anfang die Gers mochten, umso mehr möchte man einfach mal runter von den Camps und raus aus dem Jeep. Auf dem Rückweg zu unserem Camp besteigen wir noch den Hügel mit dem Great Imperial Map Monument. Wir passieren den Parkplatz mit zahlreichen Autos, Bussen und Jeeps. Ich empfinde es immer absurder, wie sich Menschen bis auf den Hügel fahren lassen, um den nice view zu genießen, anstatt selbst aus ihrem Ger Camp oder sonstigen Unterkunft einen abendlichen Spaziergang zu wagen. Die Mongolei finde ich schön, die Art des Reisens inzwischen nicht mehr. Doch morgen geht es in die Gobi Wüste, und dahin geht es nur noch mit Touranbieter. So werde ich mir wieder bewusst, warum wir uns für eine Tour entschieden hatten. Abends saßen wir noch mit einem Japaner beisammen beim Folklore Abend. Zwei Mongolen präsentierten begleitet mit ihrer Pferdekopfgeige und Gitarre die typischen Kehlkopf und Obertongesänge. Ich hatte dies vor Jahren schon auf Tape angehört. Doch anders ist es, dies live zu erleben. Geräusche, die man teilweise von einem Instrument vermutete, kamen hier aus dem menschlichen Kehlkopf, der Nasenhöhle, Zunge und dem oberen Brustkorb. Vier in verschiedenen menschlichen Körperteilen produzierten Töne in einem Lied. Wir starrten fasziniert auf diese zwei Sängerknaben. Normalerweise in der High Season präsentiert hier allabendlich eine Show Group, die auch unserer Battuul besser gefallen hätte. Doch wir waren von weniger Show mehr begeistert. Und so klang der Abend interessant aus.

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