Um 6 Uhr halte ich es nicht mehr aus, will die frische Luft in unser Zimmer lassen, reiße die Balkontür auf, um den Vögeln und Grillen zu lauschen. Obwohl mir Schlaf noch gut täte, kann ich nicht mehr schlafen, nur ruhen. Es gibt positive Geräusche, die sich nicht in Lärm steigern lassen, und genau diesen lausche ich nun. Ein ausgiebiges Frühstück am Küchentisch der Gastgeberin rundet den perfekten Morgen ab. Wie gern hätte ich öfter solche Morgen erlebt. Wir schaukeln uns nach dem Früstück in der Hängematte in den Tag. Nur ein Pool würde das Ambiente noch perfektionieren, denn die Temperaturen steigen bereits unentwegt.

Friseur für Männer

Wir ganz europäisch, machen uns in der größten Hitze auf den Weg zum Plaza von San Antonio de Areco, zum Rio. Die Straßen sind wie zu erwarten leergefegt. Nichts Neues. Aber am Fluss tut sich etwas, kündigt sich das Wochenende bereits an. Mit Autos sind sie vorgefahren, wie bereits in Rosario zu beobachten war. Direkt bis ans Ufer bringen sie diese lärmenden Höllendinger. Und was sollte man bei einer solchen Hitze anderes tun, als am liebsten ganz nah am rollenden Gefährt zu bleiben, am liebsten gar nicht erst auszusteigen, sondern den Tag im oder am Auto zu verbringen? Das Auto – des Deutschen liebstes Kind? Ich kann dies so nicht unterschreiben. Vielmehr sehe ich das innige Verhältnis zwischen Mann und Auto, Familie und Auto erst hier in Argentinien. So verkommt eine idyllische Uferzone zu einem großen Parkplatz. Das Leben spielt sich in und um die Autos herum ab. Aus allen Autos tönt Musik. Man legt sich Decken daneben oder bleibt gar drin sitzen, wie es einem beliebt. Auf dieser Seite ist sichtlich nicht die gehobene Klasse Argentiniens auf den Beinen, was Automarke und Kleidungsstil bereits verraten. Dies soll nicht zynisch klingen, aber kaum vorstellbar unsere Herbergsdame aus ihrem Atelier herauszubringen, um sich in enge Hotpants zu quetschen, aus der der hier obligatorische Bauch raushängt, um sich neben ihr Auto an diesem Ufer zu legen.

Auto on San Antonio

Am Fluss

Nein, Argentinien hat zwei sehr voneinander abweichende Seiten. Die Stilvolle, Mondäne, die man mit den Kaffeehäusern von Buenos Aires in Verbindung bringt, und die der grillenden Latinofamilien, die man in dieser Form auch hundertmal auf Reisen durch andere südamerikanische Länder gesehen hat. Das Bauchphänomen lässt mich nicht los und erinnert mich an Panama. Auf meiner letzten Reise war ich ausser nach Iguazu nur in Buenos Aires gewesen, wie bewunderte ich da noch die schlanken Argentinierinnen. Auf dieser Reise entschuldige ich mich für das Kompliment und bin zugleich auf meinen eigenen Bauch äußerst stolz. Sind Eis und Steak an dieser riesigen Falte schuld? Ich mag dem Rätsel nicht weiter nachgehen und schaue schon mit einem Eis in der Hand erschreckend unter mein T-Shirt. Denn wenn sie etwas hier können, ausser vielleicht Steaks, ist es Eis. Das macht wohl der Italiener in ihnen. Und so schleckte ich mich stets durch jede Lebenslage in diesem Urlaub. Ein großes Sorry an Caramello (Eisladen in Berlin), aber ab April bin ich dann wieder Kunde bei Euch.

In der Stadt

Baden im Fluss

Am Markt

Am Fluss

Im Stadtzentrum

Wir reisten Anfang 2011 durch Argentinien.