Tabakduft liegt in der Luft als wir durch die Felder rundum Viñales reiten. „Tabak, Rum und Kaffee – das ist Kuba, das ist das, was Touristen wollen“, weiß unser Guide Alfredo zu sagen. Er weiß aber noch mehr. Touristen wollen in der Regel auch kubanische Frauen, alternativ auch Männer. Ist egal. Alle sind caliente. In Kuba ist es nicht nur heiß, sondern auch die Menschen sind hot – so wie in Puerto Rico und der Dominikanischen Republik – eben auf den karibischen Inseln. Einen deutschen Freund hat eine Kubanerin so fertig gemacht, dass er am nächsten Tag nicht mehr reiten konnte. Fuerte ist hier nicht nur der Tabak. „Wir Kubaner haben nicht viel, aber wir brauchen auch nur Rum und Salsa; dann geht es mit der nächsten Chica ab ins Bett.“
Es ist nicht so, dass ich allein reite. Wir sind als Paar unterwegs, doch das scheint Alfredo nicht zu stören. Nein, er will uns nur ein Gefühl davon geben, was Kuba ist. Eben caliente. Er selbst ist 27 Jahre alt und bereits zum dritten Mal verheiratet. Scheidungen kosten nicht viel – 2,60 CUC oder so ähnlich. Alfredo scheint die Probleme von uns Europäern zu kennen, deren Scheidungen ein kleines Vermögen kosten. Nein, wir sind nicht verheiratet! Aber irgendwie gerade auch nicht hot, selbst nach dem Coco Loco – einen wahren Zaubertrank. Der Honig mache es. Aha, naja, auch der Rum. Aber da wir die antialkoholische Variante gewählt haben, muss er uns ja irgendwie Hoffnung machen.
Wir Deutschen seien locker, meint Alfredo zu wissen. Fast so wie die Kubaner. Die Italiener sind ernst. Sobald er mit einer italienischen Frau hinten reite, wird der italienische Boyfriend oder Mann garstig. „Los Italianos tienen mucho carácter“ – höre ich hier nicht zum ersten Mal, als Alfredo mit ernster Mine und zwei Fingern über sein Gesicht streicht. Wir deutschen Paare nehmen das relaxter. Alfredo erzählt viel, fast ununterbrochen in diesen 3,5 Stunden unseres Reitausflugs. Am liebsten erzählt er aber von den kubanischen Frauen und über Sex. Fast seltsam mutet es an, als er uns bei einem Bad in einem See allein lässt. Touristinnen mögen oftmals nicht, wenn er ihnen beim Umziehen zuschaue.
Wen wundert es nach dem, was man bisher alles von ihm so erfahren hat. Dabei ist Alfredo aber auch ein ausgezeichneter Führer. Er umschmeichelt nicht nur die Touristin, sondern erklärt auch gern zwischen den wichtigen Dingen des kubanischen Lebens die eher unwichtigen aber touristisch interessanten Details.
Unser erster Halt ist standesgemäß auf einer Tabakfarm – alles organisch. Hier rauchen wir die Montecristo 4. Die ist nicht so stark wie die Cohiba, die mache uns Touristen ohnehin nur loco. Muy fuerte – ist auch diese. Und teuer dazu. 20-25 CUC koste eine Cohiba, in Deutschland seien es 60 EUR. Unsere Montecristo 4 kommt da gleich mit bescheidenen 15 CUC daher, doch hier gibt es 10 schon für 30 CUCs. Mit Rum bekommt man uns Straight Edgler nicht herum, mit einer Zigarre dann doch. Muy suave – da ist ohnehin (fast) kein Nikotin drin – ohne Nikotin auch nichts, was süchtig machen täte. Schon wird gerollt und uns die Zigarre angesteckt, „la chica fuma buena“. Und so paffen wir zwischen den trocknenden Tabakblättern im Secadero – während die argentinische Freundin des Tabakmannes an ihrem Matetee zieht.
Die nächste Versuchung ist mir da schon lieber – es geht auf eine Kaffeeplantage. Auch hier ist wieder alles sehr organisch. Die Bohnen erscheinen uns ein Hauch zu überröstet, vielleicht war zu viel Rum im Spiel. Dennoch haben wir das Gefühl, kaufen wäre schon angebracht. Schließlich ist Kaffee meine liebste Sucht. Nie fühlte ich mich auf einer Reise so sehr in der Pflicht, nie gab ich mehr Geld für so viele Kleinigkeiten aus. Kuba ist stets eine Versuchung, ob aus Freude oder Mitleid.
Kuba und Kaffee – das ist mir neu. Dennoch kaufen wir dem jungen Kaffeemacher 500 Gramm abgefüllt in einer Wasserflasche ab. Einen Coco Loco für unser persönliches Wohlbefinden gibt es gleich für weitere 3 CUCs. Die herrliche Aussicht genießen wir gratis. Mogotes, wo man hinschaut. Dazwischen liegen die Felder, über die Ochsengespanne mit ihrem schnauzbärtigen Guajiro traben. Hühner und Küken zupfen an den Kokosnussschalen unserer Coco Locos. Schweine säugen ihre Ferkel. Archaisch und doch romantisch mutet dieses Bild an – während am Horizont dunkle Wolken aufziehen.
„Semiautomatico“ führt mich Mojito, mein Pferd, zu einer Cueva, einer Höhle. Mit etwas Fantasie lassen sich hier Krokodilsköpfe, Schlangen und Gesichter erkennen. Viel Fantasie hilft manchmal. Genauso geduldig und langsam wie Alfredo mit uns umgeht, führen uns unsere Pferde durch die Hügellandschaft. Nie zuvor saß ich auf touristisch getrimmteren Pferden als hier. Diese Tiere kennen ihren Weg und bringen uns behutsam von Ort zu Ort und auch zurück zu Alfredos Haus.
„Fumando espero“ – mag man meinen. Was auch immer Alfredos Fantasie als nächstes entspringt während er den Rauch betrachtet, werden manche Träume wahr. Und so wartet vor dem grünen Haus seine Frau mit seinem kleinen Sohn. Und auch er wird mit seinen 1,5 Jahren auf das Pferd gesetzt, als sei es ein Schaukelpferd.
Der Rauch der Zigarre wirkt noch Stunden später nach. Der Geschmack Kubas bleibt. El sabor de Cuba.
Mehr zu Kuba unter #purcuba
Auf unserer Reise nach Kuba wurden wir durch Condor unterstützt. Alle Ansichten sind unsere eigenen.
So cool!!!!! Viva Kuba! Ich liebe dieses Land!
Länder, die Musik sind, haben es ohnehin bei mir leicht. Und Kuba ist Musik! LG, Madlen
Kaum wieder im Lande, schüttelt Madlen schon wieder einen Artikle aus dem Ärmel 😉 Toll! Auf Kuba war ich vor vielen Jahren und mit einer Freundin – auch in Vinales. Von den Machos im Land mussten wir uns so einige Sprüche anhören, wei man unser Feuer am besten entfacht … 😉
Liebe Grüße
Eva
😉 Die Machosprüche haben sich bei mir in Grenzen gehalten, liebe Eva. Bei den Single-Reisenden lief das schon anders – vor allem abends in den Kneipen und zu den Salsa-Sessions konnte ich da manchmal nur schmunzeln, während manch einem Mädel es nicht mehr zum Lachen war.
Nach meiner zweiwöchigen Zwangspause juckte es mir regelrecht in den Fingern – als ich an Alfredo dachte. Jetzt muss aber erst mal der Rest verarbeitet werden und eine Unmenge an Bildern gesichtet werden. Die Arbeit nach der Reise eben. LG, Madlen
Oh, den Kaffee hätte ich mir auch nicht entgehen lassen – wahrscheinlich hätte ich mir sogar gleich eine ganze Kiste aufs Pferd geschnallt Toller Bericht, der mir gleich noch mehr Lust auf Kuba macht!
Danke und liebe Grüße von Ilona
Danke Ilona, mit Kaffee kriegt man mich auch immer. Und so hallt noch der Geschmack Kubas beim morgendlichen Kaffee im grauen Berlin nach. LG, Madlen