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Hängen gelassen im Donaudelta {DIARY}

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Am Abend suchen wir eine geschäftstüchtige Person, die uns für 2 Stunden morgen das Donaudelta zeigen soll. Eine Bootstour zu finden, sollte einfacher sein, als eine Unterkunft, denn immerhin gibt es zu diesem Angebot wesentlich mehr Schilder mit der Aufschrift Barca in den bunt bepflanzten Vorgärten. Das Handy wollen wir nicht gleich zücken, also fragen wir erst einmal herum – beispielsweise Jugendliche an einem Verkaufsstand am Hafen. Sie könnten jemanden organisieren, heißt es. Während Lars mit den Jungs im Gespräch bleibt, lerne ich einen älteren Herren aus Deutschland kennen. Er sucht das Gespräch, hat auch noch ’nen anderen älteren rumänisch sprechenden Herren bei sich, so dass die Beantwortung meiner Frage tatsächlich vielversprechend sein könnte. In der Dorfkneipe hilft mir nun dieser Herr beim Dolmetschen. Sprachkenntnisse hier sind tatsächlich alles. Die Thekenkraft zückt einen Zettel mit einer Telefonnummer, wie soll es anders sein, die ich anwählen soll. Dies sei ein ausgewiesener Mann für Bootstouren. Derweilen kehrt Lars zurück in den Biergarten. Er hatte ein nettes Gespräch mit dem jungen Bootsmann, doch der Preis erscheint uns zu überteuert. Also wählen wir nun doch noch die andere Nummer an. Tatsächlich verlangt dieser Herr nur den halben Preis. Wir nehmen das Angebot gleich an und wollen uns morgen um 17 Uhr treffen. Organisieren ist hier also sehr behäbig und verlangt selbst vor Ort ein Handy. Für mich Handymuffel also ziemlich doof.

Wieder zurück essen wir vor unserer Hütte. Wir lernen weitere Gäste kennen, die aus Stuttgart kommen, naja, aber rumänischer Abstammung sind. Sie helfen by the way auch gleich beim Übersetzen mit unserem alten Hausherren. Leider vergessen wir, nach dem Namen zu fragen, und er versteht uns nicht, wenn wir auf allen uns möglichen Sprachen nach seinem Namen erkundigen wollen. So wird es uns wohl ewig ein Rätsel bleiben, bei wem wir zwei Tage zu Gast waren bzw. wie seine „Herberge“ heisst. In Erinnerung bleibt das bunte handgeschriebene Schild Room free, A louer, Zimmer frei …

Die Stuttgarter Familie klärt uns auch auf, dass man für hier alles im Vorfeld reservieren sollte. Das sei nun üblich. Daher benötigen also die Gastgeber in Sfantu Gheorghe keine weitere Werbung vor Ort. Die Stuttgarter haben sogar Halbpension. Zum Essen gehen Sie zu einem anderen Vermieter, der mittags Suppe und morgens was weiss ich serviert.

Diese Nacht bringt die völlige Ruhe und Entspannung gleich mit. Genießen muss man jede dieser Stunden, denn schon am nächsten Tag kann es wieder laut werden. Ein Abend später, ich liege im Bett und schreibe, hinter uns im Nachbargarten zieht die Lautstärke an. Heute kam das große Navromschiff an, das ein bedeutend größeres Fassungsvermögen hat, als unsere zarte, aber doch robuste Diana. Und mit dem Navromschiff kommt auch gleich mehr Leben ins Dorf und auch Lärm. Schade. Vor zwei Stunden noch hatten wir vollkommene Ruhe im Delta. Heute Morgen auch.

Das Leben startet hier um 8 Uhr. Das haben wir nun gelernt. Denn ab dann starten die Traktoren mit ihren Anhängern, den Weg Dorfmitte-Strand zu befahren. Ich frage mich ja, wer um 8 Uhr schon an den Strand will und noch mehr frage ich mich, wer so früh an den Strand will, aber zu faul ist, hinzulaufen. Mir steht der Sinn um diese Stunde noch nicht nach Wasser und Meer. Aber hier ticken die Urlauber etwas unorthodox. Denn der höchste Andrang ist abends zu verzeichnen. Am Morgen sind auch einige da. Aber mittags und auch um 4 Uhr gähnende Leere. Mir soll’s recht sein, der Strandstreifen gibt ja so viel Platz her, dass wir sowieso in unserem Umkreis nie weitere Leute liegen haben. Man muss eben nur ein wenig laufen. Damit meine ich nicht 1 km den Strand hinab. Es reichen schon 100 Meter. Wohingegen sich vorn gleich alle hinquetschen. Ein Phänomen, das für mich auch völlig unverständlich ist. So ticken nun mal Menschen, könnte ich resümieren und nehme mich gleichzeitig aus.

Der Morgen startet ruhig und zufrieden wieder am Frühstückstisch vor unserer Hütte. Ich lehne mich entspannt zurück, als es mir im Rücken sticht. Da Lars etwas gelb-schwarzes mit langen Flügeln weghuschen sah, bekommt meine Vermutung Gewissheit. Ein Wespenstich. Es brennt sehr stark, aber allergisch scheine ich nicht dagegen zu sein. Nach kurzer Aufregung also wieder Ruhe und weiter Kaffeetrinken. Bis Lars neben mir aufschreit – gerade als er seinen Arm ablegen möchte. Ein weiterer Wespenstich. Dieses Mal nicht ich. Nun sind wir beide innerhalb von 10 Minuten gestochen. Bei diesen Stichen soll es heute bleiben.

Der Strandtag startet mit etwas Wolken und viel Wind, was einmal recht angenehm ist. Nur dem Sonnenschirm missfällt das Wetter. Um 17 Uhr sind wir ready for the tour, so wie verabredet. Als wir den Bootsmann am verabredeten Ort nicht finden, stattdessen spuckt das große Navromschiff viele Neuankömmlinge aus. Wir versuchen mehrfach,den Mann anzurufen. Er scheint das Geschäft nicht nötig zu haben oder hat es sich einfach anders überlegt. Wir gehen zu Plan B über. Der doppelt so teure Herr wird nun angerufen. Er hat auch spontan Zeit. Besser gesagt sein Papa. So warten wir in der Dorfkneipe auf ihn und düsen eine Stunde später mit seinem Boot auf Donau Delta–Tour. Wir verschwinden in den gegenüberliegenden Garja Turceasca-Arm. Zunächst passieren wir Unmengen an Schilf. Hier soll ja auch Europas größtes zusammenhängendes Schilfgebiet sein. Das sieht man durchaus. Um diese Jahreszeit ist auch der Höhepunkt des Badetourismus weit überschritten. Jetzt ist Angelzeit. Auch das glaubt man ihm sofort. Denn das Ausstattungsstück Nummer 1 in Sfintu Gheorghe ist die Angel, auch auf dem Boot. Nach einer Weile schnurgerader Strecke wechselt sich die Natur ab und auch Bäume und Büsche säumen das Ufer. Und auch eine Vielfalt an Vögeln flattert umher. Außer Vogelgekreische und Bootsmotorenlärm ist nichts mehr zu vernehmen. Das ist ein entspannter Ausklang im Delta. Und final steuern wir die Halbinsel Sacalin an. Geographiewissen 6. Klasse? Ich kann mich noch recht gut erinnern, als ich mit dem Zeigestock genau dieses Stückchen Erde an der Karte zeigen musste, auf dem ich jetzt stehe.

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