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Bukarest und Ceausescus Erbe {DIARY}

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Den letzten Tag verbringen wir auf Rädern, die wir im Hotel kostenlos ausleihen konnten. Der Vorteil an dieser Fortbewegungsmethode liegt im schnellen Erfassen der Stadt. Und vor allem tun auch die Füße nicht weh. Diesen Vorteilen steht natürlich auch ein Nachteil gegenüber, die Radunfreundlichkeit von Bukarest. In der Schule hätte man gesagt, die Stadt ist bemüht. Aber wahrscheinlich ist es eher die EU mit ihren Auflagen, die mühevoll Rumänien daran erinnert. So gibt es tatsächlich so etwas wie Radwege, die aber nicht selten wie ein Überlebensparcours wirken. Radwege führen grundsätzlich über hohe Bordsteine, verlieren auch schon mal die Spur, um dann wieder aus dem Nichts zu erscheinen. Meine Lieblingsstrecke hat mitten auf dem Radweg einen Baum. Ich spreche hier nicht von einer zarten Pflanze, die ihren Weg erst bahnen musste durch das dreckige Asphalt. Nein, dieser Baum ist stattlich und sicherlich so alt, dass er einige Regimewechsel miterlebt hätte. Ich muss schon lächeln, stelle man sich in Berlin die Radwegplaner vor, die sagen, so what, da steht ein Baum, aber wir machen links und rechts einfach einen gelben Streifen. Überhaupt, die Einheimischen, die sich tatsächlich auch sogar auf Rennräder trauen, bevorzugen sowieso lieber die gefährlichere Strecke, die Straße, wahrscheinlich weil sie ihren Radwegen misstrauen. Stell Dir vor, Du schaust gerade noch zur Seite rüber und bumm, ein Baum – auf dem Radweg. Das kann natürlich elendig enden.

Aber heute will ich ja mal etwas positives über Bukarest schreiben, wie auch mein ganzer Urlaub doch nicht negativ war. Ich habe es genossen. Also, zunächst steuerten wir den Parlamentspalast an. Die Schlange war so kurz, dass sie noch nicht einmal aus dem Gebäude ging. Schnell erfuhren wir den Grund. Für die Touren durch den Palast benötigt man einen Termin. Da wir noch keinen hatten, erweist sich der Rest schwierig. Die gewünschte Tour mit Terrassenbesichtigung gäbe es erst morgen wieder in englischer Sprache. Also Basistour, die durch das Basement führt. Teuer genug ist sie trotzdem.Und für das Fotografieren sollen auch noch einmal 8 EUR berappt werden. Wir entscheiden uns für den spätmöglichsten Termin und schwingen uns erst einmal auf’s Rad, um die Stadt gen Norden zu erkunden. Über den Revolutionsplatz an der Oper vorbei zum Piata Romana hoch zum Piata Victoriei in den Herastrau Park. Hier flanieren die Hauptstädter am Wasser. Leider drückt bei uns schon die Uhr.

Noch einen Kaffee in der French Bakery in der Altstadt geht’s nun wieder zum Parlamentspalast. Eine Abkühlung tut jetzt tatsächlich gut. Die englischsprachige Tour versammelt sich um 16.45 Uhr im Vorraum. Schnell noch die Pässe gegen Besucherausweise eintauschen. Dann noch durch die Sicherheitsschleuse. In weniger als einer Stunde erhalten wir einen Überblick über 5 Prozent des Gebäudes. Die Tour kratzt nur an der Oberfläche und bleibt auch manchmal im Dunkeln gehüllt, wenn zum Beispiel gleich am Anfang das Licht aus Kostengründen aus bleibt. Die 8 Euro für das Fotografieren scheinen sich schon jetzt zu lohnen. Der Prunk des Palastes, der erst 1994 längst nach Nikolai Ceausescus Tod fertiggestellt war – erschließt sich trotzdem schnell. Riesige Kronleuchter – viel Geld, viel Marmor, viel Holz – ausschließlich rumänisches Handwerk. 400 Reinigungskräfte, die dies instand halten. Aktuell weiß man nicht, wie das prunkvolle Haus noch weiter zu nutzen ist. Außer die Beherbergung  des Senats und des Museums für zeitgenössische Kunst und ein paar Empfängen und Feierlichkeiten – nur Leere. Das zweitgrößte Gebäude der Welt soll bald noch höhere Konkurrenz gleich nebenan erhalten. Dort prangt das Fundament einer riesigen Kirche, die höher wird als Ceausescus Palast. Man baut in Superlativen.
Unser Abschiedsessen nehmen wir im Caru’cu bere ein. Das ist sicherlich ein klassischer Touristenspot, dem auch wir uns nun mal hingeben. Das Essen ist Superb. Längst haben wir uns an ein Leben von den Beilagen gewöhnt. Doch auch zum Abschied kommt noch einmal ein großer Makel zum Vorschein, der uns als einer der wenigen negativen Punkte stets auf unserer Reise begleitet hat. Das Wort heißt Service, womit man hier nicht umgehen kann. In einem Touristenlokal jedoch vermutet man das schon mehr. Hier kümmern sich sechs Hostessen ausschließlich und allein um die eine Reservierungsliste, die auf dem heiligen Pult liegt. Weshalb das 6 Personen bedarf, bleibt mir ein Rätsel. Menschliche Arbeitsleistung scheint hier nichts zu kosten, vielleicht darf man daher auch nicht die hohe Leistung des Services erwarten. Als ein kalter Latte Macchiato Lars erreicht, denkt er noch, dies sei ein Versehen. Kann ja mal im Stress passieren, fälschlicherweise kalte Milch aufzuschäumen. Also weisen wir den Kellner darauf hin und denken, er würde das Glas wieder mitnehmen und anstandslos ein neues bringen. Dieser Kellner jedoch nickt und geht. Nach einer Weile kommt er zurück mit seinem Chef. Der Chef fasst nun das Glas an, nur um uns dann zu fragen, was denn nun das Problem sei. Das Wort Problem hatten wir bis dato nicht in den Mund genommen und wollten dies auch so belassen. Denn ein kalter Latte ist nun nicht wirklich ein Problem. Genau das wollte uns der Chef aber auch sagen als er meint, der Latte ist nun mal kalt, so sei das in Rumänien. Halt, Touristen vergaukeln ist keine feine Art. Nach 10 Tagen in Rumänien wissen wir durchaus, dass auch hier das Wort kalt oder iced dahinter stehen würde, wäre es ein gekühltes Getränk. Erst 3 Stunden zuvor hatten wir in der French Bakery nur eine Straße weiter zudem auch ein heißes Getränk mit diesem Namen serviert bekommen. Also in Rumänien ist ein Latte wie auch in Deutschland. Das gefiel dem Chef nicht. Also wurde er schnippisch, was wir denn nun wollten. Nur ein heißes Getränk. Na gut, dann müsste die Küche das Getränk eben erhitzen. Nun begann er tatsächlich uns ein Problem ans Knie zu binden. Das missfiel mir. Lars wollte inzwischen einfachhalber nur noch einen Cappuccino, wenn dieser denn heiß wäre, auch in Rumänien. Ja, dass sei er, aber was wolle er denn nun? Latte oder Cappuccino – da blickt man doch nicht mehr durch…
Eine Stunde später Baneasa Airport. Nein, der Abschied hätte schöner sein können. Nicht nur Gebäude, sondern Service – hier stimmt nichts. Ein kleiner in die Tage gekommener Flughafen, die kleine Halle weiss kaum die Massen der Reisenden zu fassen. Germanwings Schalter befinden sich auch noch in einem Zusatzraum den Gang runter. Hier stehen schon zwei Schlangen, die später drei werden und dann zu einer einzigen Menge vermischen. Grund – Systemausfall. Schlangentrenner kennt man hier nicht, und auch keine Ordnung mehr. Hier kommen die niederen menschlichen Instinkte durch und die heißen, schnell vorn sein, Tasche abgeben und ab durch die Sicherheitsschleusen. Dahinter kann es nur noch besser werden. Mein T-Shirt ist inzwischen durchgenässt. Doch was hinter der Schleuse uns erwartet ist ein winziger Raum gemessen an der Anzahl der wartenden Personen. Bitte EU, lass Geld fließen! Erst im Flieger komme ich zur Ruhe. Rumänien wird schon zwei Stunden später nur noch eine Nadel in unserer Weltkarte sein.

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