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Mein China – Tipps von Oliver Zwahlen

China

Nachdem Oliver (38) mehrere Reisen durch China unternommen hatte, entschloss er sich, eine Weile im Reich der Mitte zu bleiben und eine Stelle anzunehmen. Daraus sind sechs Jahre geworden. Erst vor kurzem ist der Schweizer in seine Heimat zurückgekehrt. Auf dem Blog www.sinograph.ch gibt er allen Tipps, die ebenfalls in China reisen oder leben möchten.

Du hast sechs Jahre in China gelebt. Worin besteht für Dich der Reiz Chinas?
Das hat sich im Verlauf der Zeit verändert. Als Journalist hatte ich die einmalige Chance, mehrere Jahre bei einem chinesischen Nachrichtenverlag tätig zu sein. Daher stand bei mir in der ersten Phase die berufliche Faszination im Vordergrund: Ich wollte erfahren, wie Medien in Ländern wie China funktionieren und wie chinesische Journalisten mit der Zensur umgehen. Gleichzeitig hat mich aber auch die Dynamik begeistert, die in China herrscht. Alles geht unglaublich schnell und ist ständig im Umbruch. Irgendwann begann ich China als eine zweite Heimat zu empfinden. Heute besteht für mich der Reiz darin, dass ich dort viele gute Freunde habe und natürlich verfolgen möchte, was mit ihnen passiert.

Viele Touristen kommen nur nach Peking und haben wenig Zeit. Du kannst sicherlich den Interessierten Tipps links und rechts von den Topsehenswürdigkeiten wie Verbotene Stadt, Himmelstempel und Co. geben. Was sollte man Deiner Meinung nach neben diesen Musts noch gesehen haben?
Peking ist für Touristen eine geniale Stadt. Allein die Liste der wichtigsten Sehenswürdigkeiten ist so lang, dass du locker eine Woche damit verbringst, alles darauf abzuhaken. Mir gefällt die Altstadt in der Nähe des Lama-Tempels sehr gut. Insbesondere im Sommer kannst du durch die engen Gassen (Hutongs) spazieren, dich in kleinen Restaurants oder Straßen-Grills mit leckeren Fleischspießchen eindecken – unbedingt auch Maodou (haarigen Bohnen) versuchen – und in eine der zahlreichen kleinen Konzerthallen gehen, in denen lokale Bands rocken. Die Musik ist meistens nicht wahnsinnig aufregend, aber es macht Spaß zu sehen, mit wie viele Leidenschaft die Musiker bei der Sache sind.

Es ist immer schön, sich einen Überblick über eine Stadt zu verschaffen. Wo sind die besten Aussichtspunkte in Peking?
Bei einem klaren Tag empfehle ich einen Ausflug zum Fernsehturm an der Dritten Ringstraße West. Die Aussicht ist phänomenal und da man sich auf der Plattform im Freien befindet, lassen sich tolle Fotos schießen. Im Turm gibt es ein etwas überteuertes Restaurant, das ich aber selber nicht ausprobiert habe, aber schön ausschaut. Ebenfalls grandios ist die Aussicht von der in 300 Meter Höhe gelegenen Bar des Word Trade Towers 3 in Guomao. Mein persönlicher „Geheimtipp“ ist allerdings etwas anderer Art: Das insgesamt etwas trashige Stadtplanungsmuseum im Süden des Tiananmen-Platzes wartet mit einem gewaltigen Stadtmodell auf und zeigt in einer Sonderausstellung, wie Peking in ein paar Jahren aussehen soll. Der perfekte Ausflug für einen Smog-Tag.

Was sind Deine Tipps, wenn einem Peking zu stressig wird? Wo kann man Deines Erachtens Erholung finden, wenn einem die Menschen und der Lärm der Großstadt zu viel werden?
Peking ist gar nicht so lärmig und hektisch, wie es auf den ersten Blick erscheint. Klar, die U-Bahn ist eine Katastrophe und die Straßen sind im Dauerstau. Es reicht, sich von den Hauptverkehrsadern zu entfernen und schon ist es sehr viel ruhiger. Zudem verfügt die Stadt über zahlreiche Grünflächen: Sehr schön sind die Duftberge Xiangshan im Westen, und der zum olympischen Dorf gehörende Park ist fast immer leer. Wer keine Zeit hat, den Rest des Landes zu besuchen, sollte auch unbedingt einmal die Stadt verlassen. Sehr empfehlenswert finde ich das kleine Dorf Cuandixia mit seiner Bausubstanz aus der Mingzeit. Es liegt nur wenige Kilometer außerhalb Pekings und lässt sich problemlos als Tagestrip besuchen.

Welche Orte empfiehlst Du generell in China und weshalb?
Ich bin ein großer Fan vom komplexen ethnischen Gemisch in Südwestchina. Hier kannst du innerhalb von wenigen Kilometern Dörfer unterschiedlicher Volksgruppen besuchen. Jede dieser Ortschaften verfügt über deutlich unterschiedliche Architekturen und Trachten, die nicht nur für die Besucher getragen werden. Während bekanntere Städtchen wie Dali oder Lijiang (beide in Yunnan) inzwischen ziemlich überlaufen sind, gibt es rund um Kaili in der Provinz Guiyang noch sehr viele weitgehend unberührte Orte.

Was sind aus Deiner Sicht die größten Fauxpas, die man im Umgang mit Chinesen machen kann?
Vermutlich gibt das böse Kommentare, aber ich finde, als Reisender muss man sich nicht allzu viele Gedanken darüber machen. Wer mit einem gesunden Respekt unterwegs ist und seine Umwelt gut beobachtet, sollte in keine größeren Fettnäpfchen treten, zumal die meisten Chinesen gegenüber (weißen) Ausländern ohnehin sehr offen und tolerant sind. Sie wissen, dass wir etwas anders ticken und verzeihen gerne kleinere Fehler. Ein etwas heikles Pflaster sind allenfalls politische Diskussionen wie beispielsweise der Status von Tibet oder Taiwan. Nicht weil der Gesprächspartner deswegen Probleme bekommen könnte, sondern weil das häufig dazu führt, dass Westler versuchen, den zensurgeplagten Chinesen China zu erklären. Das ist natürlich hochgradig absurd. Die meisten Leute wissen sehr wohl, was in ihrem Land schiefläuft. Da wollen sie nicht, dass sie Auswärtige noch darauf stoßen.

Wie kommt man mit Chinesen in Kontakt? Und vor allem ist es einfach, auch Freundschaften zu schließen und zu erhalten?
Obwohl ich ein eher zurückhaltender Mensch bin, hatte ich in China keine Probleme, andere Leute kennenlernen. Ich kam beispielsweise in Restaurants immer mal wieder mit Tischnachbarn ins Gespräch und viele Leute geben nach einer kurzen Unterhaltung ihre Visitenkarte. Das ist ganz normal. Sehr gut kommt man auch in den langsameren Fernzügen oder in den Hostels mit anderen chinesischen Reisenden in Kontakt. Wem das nicht reicht, dem kann ich die geniale chinesische Handy-App „WeChat“ empfehlen. In China nutzt sie fast jeder und ist daher ohnehin fast Pflicht. Im Wesentlichen ist WeChat eine Mischung aus Whatsapp und Facebook. Für Reisende ist eine Funktion namens „Lookaround“ interessant. Sie zeigt andere Kontaktfreudige im Umkreis von bis zu zehn Kilometern an. Und nein: Es ist keine Flirt-App, zumindest nicht ausdrücklich.

Du hast Facebook soeben erwähnt. Wie umgehen internetsüchtige Reisende in China eigentlich die Internetzensur?
Es kursieren zwar immer wieder neue kostenlose Proxyserver. Doch die funktionieren nur so lange, bis die Zensurbehörden von ihnen Wind bekommen und sie sperren. Da das alles recht schnelllebig ist, kann ich keine konkreten Tipps nennen. Sehr zuverlässig hingegen sind kostenpflichtige VPN-Angebote. Ich habe in den letzten beiden Jahren „Astrill“ benutzt und war mit dem sehr zufrieden. Wichtig ist, sich bereits vor der Reise mit der notwendigen Software zu versorgen. Im Land selbst ist dies nur begrenzt möglich.

 Mehr zu China findet Ihr auf puriy hier

6 Kommentare

  1. Hallo,

    schöner Artikel, der auch meine Beobachtungen bei meinen vielen Reisen in China wiederspiegelt. Was ich noch empfehlen kann ist der Behai-Park (Ruhe, Erholung und Aussicht). Wenn man die U-Bahn zwischen 17 und 19 Uhr meidet, dann sind die Fahrten ganz angenehm und man kommt schnell von A nach B.

    Lg
    Thomas

    • Danke Thomas. Ja, den Behai-Park kann ich auch empfehlen. Obwohl ich auch diesen nicht ganz ruhig erlebte. Überall (vor allem am Wasser) wurde gesungen und musiziert mit und ohne Mikro. War aber an meinem ersten Tag noch ein totales Erlebnis. LG, Madlen

    • Der Beihaipark ist sehr schön und es lohnt sich durchaus, ihn zu besuchen. Da gebe ich dir vollkommen recht, Thomas. Ich war in all den Jahren nur einmal dort und fand ihn damals nicht so ein idealer Ort zum Abschalten. Aber das hängt natürlich auch von der Tages- und Jahreszeit ab. Ebenfalls in der Gegend finde ich den Jingshanpark sehr schön. Von dort aus hast du einen tollen Ausblick auf die Verbotene Stadt. Aber wirklich ruhig ists auch dort nicht.

  2. Chengdu ist eine der wichtigsten Städte in Südwestchina. Das erkennt man auch daran, dass Chengdu sich auf einer Ebene befindet, die denselben Namen wie die Stadt trägt. Dem aber nicht genug, die Ebene befindet sich im Westen des Chengdu-Beckens. Das Gebiet das den Namen Chengdu trägt, ist seit alters her bekannt als das Land, wo Milch und Honig fließen.http://www.chengdureisen.com

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