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Kolumbien – Auf den Spuren des Fußballs (Teil3)

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Weiter ging es nach Medellín, das ebenso wie Bogotá in den Anden liegt, aber eben nicht ganz so hoch. Hier herrscht ewiger Frühling mit angenehmen Temperaturen um die 25 Grad. Da Inlandsflüge in Kolumbien sehr günstig sind, entschied ich mich gegen die 6- bis 8-stündige Busfahrt und wählte stattdessen einen 30-Euro-(Minuten)-Flug mit der LAN, die zusammen mit der Avianca den hiesigen Markt dominiert. Der Transfer in die Stadt nimmt eine gute Stunde in Anspruch, da der Flughafen im benachbarten Tal in Rionegro liegt. Bei der Fahrt mit der Buseta über die Berge gewinnt man aber schon mal einen guten Eindruck davon, wie grün die Landschaft hier ist. Und Medellín ist eine Stadt, die es mir auf Anhieb angetan hat. Hier fühlte ich mich wohl. Alles ziemlich entspannt, nette Leute, angenehmes Klima und mit dem Hotel Deportista zudem die Herberge mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis dieser Reise: Gerade mal 8 Euro die Nacht für ein ordentliches Zimmer mit Bad, Ventilator, und Satelliten-TV. Von hier aus war so ziemlich alles von Interesse fußläufig zu erreichen – mit Ausnahme des Stadions. Dorthin verkehrt aber die Metro, eine Hochbahn mit zwei Linien die T-förmig die Stadt durchzieht. An einigen Haltestellen kann man dann, ohne ein weiteres Ticket lösen zu müssen, direkt in die Seilbahnen umsteigen, welche die Siedlungen in den Bergen mit dem Stadtbereich im Tal verbinden. Und von dort oben bietet sich bei gutem Wetter eine grandiose Aussicht auf Medellín. Während es oben recht ruhig zugeht, wuselt es in der Innenstadt umso mehr. Unzählige auf den Bürgersteigen positionierte Stände mit frischem Obst, Snacks, Raubkopien, allerlei Ramsch und den allgegenwärtigen mobilen Mobilfunkanbietern, bei denen man für wenige Pesos in alle Netze telefonieren kann. Eigenes Handy unnötig. Zudem herrscht im Zentrum Medellíns eine Restaurant- und Kneipendichte wie ich sie selten gesehen habe.

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Spiel: Atlético Nacional (COL) vs. São Paulo FC (BRA)
Ergebnis: 0:0
Stadion: Estadio Atanasio Girardot, Medellín
Zuschauer: 46.000 Zuschauer (ausverkauft)
Liga: Copa Sudamericana, Viertelfinale (Rückspiel)
Spieltag: 06.11.2013

Von dort wo sich die beiden Metrolinien treffen (San Antonio) kommt man in wenigen Minuten zum Estadio Atanasio Girardot. Heute sollte Atlético Nacional im Viertelfinalrückspiel der Copa Sudamericana auf São Paulo treffen. Dieser Wettbewerb ist in etwa das Äquivalent zum UEFA-Pokal. Im Hinspiel in Brasilien musste der kolumbianische Vertreter in der Nachspielzeit den Treffer zur 2:3-Niederlage hinnehmen. Für Spannung war also gesorgt. Und es musste unbedingt ein Sieg her. Zunächst sorgte ich mich aber darum, eine Karte für die bereits ausverkaufte Partie zu ergattern. Auch hier schwirrten ausreichend Kartenhändler herum, allerdings gab’s heute nichts unter Preis. Drei Euro Aufschlag auf das 12-Euro-Ticket war dann aber ein durchaus fairer Deal. So schnell wie der Ticketerwerb vor sich ging, so langsam waren die Einlasskontrollen. Die Schlangen an den Eingängen bewegten sich nur im Schneckentempo, sodass es fast eine Stunde dauerte, bis ich mich im Unterrang an der Seitenlinie einfinden konnte. Gut eine Dreiviertelstunde vor Anpfiff platzte der Laden bereits aus allen Nähten und die Stimmung war am Überkochen. Ich traute meinen Augen und Ohren kaum noch. „Vamos, vamos mi verde, esta noche tenemos que ganar“ (heute Nacht müssen wir siegen) hallte es lautstark durchs weite Rund, und ich fragte mich, ob das überhaupt noch steigerungsfähig wäre bzw. was denn erst los sein würde, wenn man den Halbfinaleinzug noch schafft. Meine erste Frage wurde zum Einlaufen der Mannschaften mit einem klaren „Ja!“ beantwortet. Die Lautstärke wurde nochmal um einige Dezibel hochgefahren und ein Kassenrollen- und Konfettiregen ergab sich über dem Stadion, der an einen Schneesturm erinnerte.

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Auf dem Rasen entwickelte sich ein ansehnliches Spiel, das nicht zuletzt von der (An)spannung getragen wurde. Nacional versemmelte aber so einige gute Torchancen. Vor allem in der zweiten Hälfte war es mehr oder weniger ein Spiel auf ein Tor. Doch das eine, einzige, erlösende Tor sollte einfach nicht fallen. Das Publikum gab bis zur letzten Minute wirklich alles. Die komplette Gegengerade stand – oder eher – hüpfte und tobte. Bei der Hinchada hinter den Toren herrschte ohnehin Ausnahmezustand. Erst als der Schlusspfiff das torlose Remis besiegelte, kehrte Ernüchterung und Enttäuschung ein. Schade, es wäre einfach zu schön gewesen. Jedenfalls wurde mir an diesem Abend klar, wer fortan mein kolumbianischer Lieblingsverein sein sollte. Soy del verde, soy feliz!

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3 Kommentare

  1. Hi, ein Fußballspiel wollte ich in Südamerika auch unbedingt besuchen – aber irgendwie hat sich das dann doch nicht ergeben auf meiner Reise … aber schön hier mit Euch mit dran teil zu haben. In Kolumbien hatte ich mich ja mehr auf Salsa und Feiern konzentriert als auf den Sport. Würde mir am Ende von Euch dann auch ein kleines Video wünschen um etwas von der Stimmung zu sehen und vor allem zu hören … quasi als Ergänzung zu meinem Feiern-in-Kolumbien-Video 😉

    Viel Spaß noch und LG aus dem heute endlich wieder sonnigen Mannheim
    Tino

    • Ach, lieber Tino, ich persönlich konzentriere mich in Kolumbien auch lieber auf die Musik als auf Fussball 😉 Aber ich glaube auch, dass man in einem Stadion den Menschen noch mal ganz anders nah kommt. Daher würde ich selbst auch einfach der Neugierde wegen mal in ein kolumbianisches Stadion gehen wollen.
      LG, Madlen

    • Micha sagt

      Hallo Tino,
      Ich muss peinlicherweise gestehen, dass ich nie die Kommentare zu meinem Beitrag gelesen bzw. bemerkt habe – sondern erst jetzt, nachdem ich den Link einem weiteren Kolumbien-Interessierten geschickt habe…

      Die gute Nachricht ist, dass ich tatsächlich einge Fußball-Videos geschossen habe. Und die gibt es hier zu sehen:
      http://www.lahmannhuegel.de/?p=608

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