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LISSABON in Buchstaben

Header_Lissabon

Das Läuten der Kirchenglocken weckt mich aus dem Schlaf. Direkt vom Bett aus sehe ich das schimmernde Wasser. Es ist kurz vor Weihnachten, nur irgendwie mag nichts so richtig daran erinnern. T-Shirts statt Wintermantel sind hier aktuell angesagt. Die portugiesische Dezembersonne hatte ich wohl unterschätzt, als ich die Tasche packte.

Kleine Holzbuden stehen auch hier und da, um einen Weihnachtsmarkt zu markieren. Doch die Stimmung mag nicht so recht entfachen. Nur wenige Leute verirren sich in diesemHüttenzauber, während in diesem Moment auf deutschen Weihnachtsmärkten gedrückt und geschoben wird. Vielmehr ist da schon auf dem Hauptplatz, dem Praça do Comércio los. Von 19 bis 23 Uhr laufen hier vom 15. bis 24. Dezember stündlich Lichtshows – der Circo de Luz – die Touristen und Einwohner gleichermaßen anlocken. Und während ich bei einem Galão auf die bunten Animationen schaue, fliegen ein paar Wortfetzen durch meinen Kopf. Immer wieder klingt dabei das melodische „Lischboa“ der charismatischen Fado-Sänger und -Sängerinnen in meinen Ohren.
LISBOA? Ist…

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Licht Igreja Saudade Burg Orientierung Alfama & Azulejos

Licht
Es ist Weihnachtszeit und wir sind vor dem grauen Wetter in den Süden geflüchtet. Regen und Sonnenschein wechseln sich bei unserer Ankunft ab. Als wir auf die Terrasse unseres Hotels treten, hat gerade wieder die Sonne die Regie übernommen. Warm legen sich die Strahlen über den Hügel und den Tejo. Ein Glitzern von den Pfützen schiebt sich hier und da dazwischen. Ein wahres Farbenspiel liegt vor unseren Füßen. Das ist das berühmte Licht Lissabons. Jedem einzelnen Haus verleiht die Sonne einen eigenen Anstrich. In dieses Straßengeflecht am Hügel geht es nun hinein, bevor sich Regen und Dunkelheit vollkommen über die Stadt legen. Und auch im Dunkeln findet man noch zwischen den alten Gemäuern das besondere Schimmern im Laternenlicht. Wer es etwas bunter mag, sollte die Animationsfilme des Circo de Luz von De Nuno Maya e Carole Purnelle an der Hausfassade des Terreiro do Paço an den Abenden vom 15. bis 24. Dezember nicht verpassen. Lissabon hat den gewissen natürlichen Glanz.

Fährhafen

Fährhafen

Auf dem kleinen Weihnachtsmarkt

Auf dem kleinen Weihnachtsmarkt

Alfama

Alfama

Am Fährhafen

Am Fährhafen


Igrejas
Steht man auf der Burgmauer, sieht man sie überall – die Kirchtürme. Sie sind die Pfeiler meiner sonst so planlosen Spaziergänge durch die Stadt – da sie von weitem sichtbar sind. Und dann ist da noch für jeden Geschmack etwas dabei – Romanik, Barock, Gotik.

Gleich um die Ecke von unserem Hotel gibt sie der Enge Alfamas einen Raum – die Kathedrale Sé Patriarcal (oder auch Sé de Lisboa). Die älteste Kirche Lissabons trägt einen Mix an architektonischen Stilen. Dennoch lässt die schnörkellose Fassade gleich die Dominanz des romanischen Stils erkennen. 1147 wurde die Kathedrale an der Stelle erbaut, an der einst eine Moschee stand. Sogar Erdbeben konnte sie trotzen.

Jeder Tourist fährt wohl einmal mit dem Elevador de Santa Justa. Steigt man auf dem Berg über dem Rossio Platz in Chiado aus, findet man rechts eine Ruine mit gebrochenen Mauern eines Kirchenschiffs ohne Dach. Das ist das Convento do Carmo – ein Zeuge der bewegten Geschichte Lissabons, eine Stadt, die auch von Erdbeben heimgesucht wurde. So wurde die Igreja do Carmo beim verheerenden Erdbeben 1755 zerstört. Gebaut wurde sie im Stil der Lissabonner Gotik zwischen 1389 und 1423 als Teil des Klosters des Karameliter Ordens. Heute ist in den Gebäuden das archäologische Museum Lissabons untergebracht.

Es hat zwar eine ganze Weile gedauert, bis diese Barockkirche gebaut wurde – 1682 begonnen und erst 284 Jahre später wurde sie fertig gestellt. Doch was lange währt, wird dann auch gut; und so ist das Nationale Pantheon heute eines der Wahrzeichen Lissabons. Es beherbergt Ehrengrabmale der Großen der portugiesischen Geschichte.

Kathedrale Sé Patriarcal

Kathedrale Sé Patriarcal

Igreja do Carmo

Igreja do Carmo


Saudade!
Saudade! Die Kehle bewegt sich unrhythmisch, während die Gitarren das nächste Lied anstimmen. Noch einmal öffnet sie kurz ihre Augen, die ein Glitzern versprühen. Wollte ich es nicht anders denken, würde ich Tränen auf ihren Lidern sehen. Und schon schließt sie wieder die Augen und setzt mit ihrer vibrierenden Stimme ein. Die Gäste im Clube de Fado horchen auf und vergessen für einen Moment die Speisen auf ihren Tellern. 20 Minuten Vorstellung wechseln sich mit halbstündigen Essenspausen ab. Es ist Zeit für Fado. Schließe die Augen und lausche den Klängen der Melancholie und Sehnsucht! Auch die Gitarristen geben sich der Musik völlig hin. Diesen einen Moment sind sie ganz bei sich, ganz nach innen gekehrt und leben die große Sehnsucht.

Clube de Fado

Clube de Fado

Fado

Fado


Burg des heiligen Georgs (Castelo de São Jorge)
Plötzlich huschen zehn, fünfzehn Katzen aufgeregt an uns vorbei, um wenige Augenblicke später in verschieden Himmelrichtungen hinter den Burgmauern zu verschwinden. Auf dem Fensterbrett des Cafés hat ein Fasan Platz genommen, während sich auf der Wiese des Burggarten weitere Fasane und Enten unter den Olivenbäumen, Eichen und Kiefern sonnen. Und zwischen dem tierischen Treiben, genießen ein paar Touristen vor allem den Blick auf die Straßen Lissabons und den Tejo-Fluss. Wir sind auf der Burg des heiligen Georgs, die über der Stadt und doch auch mitten in ihrem Zentrum thront. Hier wurde Lissabon einst geboren. Mauren erbauten diese Burg. Römer und Westgoten besetzten sie später, bevor sie im 14. Jahrhundert zum königlichen Palast umfunktioniert wurde. Leider wurde die Burg wie viele andere Gebäude auch vom Erdbeben im 18. Jahrhundert nicht verschont.
Nachdem man sich an dem überwältigenden Blick über die Stadt satt gesehen hat, widmet man sich den Türmen und den Mauern. An den wieder aufgebauten Wällen der Burgmauern spazieren wir entlang, genießen die Ruhe über der Stadt, bevor wir uns im Straßengeflecht Alfamas wieder verlieren.

Fasan in der Burg

Fasan in der Burg

Castelo de Sao Jorge

Castelo de Sao Jorge

 

Orientierung
Langsam, unaufgeregt und in völliger Ruhe schiebt sich der Verkehr nach Lissabon hinein. Mein Blick schweift immer wieder von der Karte raus auf die Straßen. Was man in deutschen Bädern mehr in einfallslosen Varianten findet, ziert hier jedes dritte Haus – Fließen oder Azulejos. Fotomotiv an Fotomotiv zieht an mir vorbei. Werde ich Euch alle je wiedersehen, denn noch befinde ich mich weitab vom eigentlichen Zentrum? Obwohl, in Lissabon ist fast alles Zentrum durch seine Überschaubarkeit. Je enger das Straßengeflecht wird, desto mehr ist man drin. Und genau diesen Moment haben wir wohl beide verflucht. Vor uns nur Einbahnstraßen, wir mitten am steilen Hügel, müssen halten und rückwärts wieder raus. Kurz darauf endlich vor unserem Hotel, das sich am Ende einer engen Sackgasse befindet. Ein anderes Auto hat bereits den Sack zugemacht. Dies erfordert erneut höchste Autofahrkunst. Das ist Lissabon. Das ist der Moment, in dem man weiß, für Autos ist die Stadt nicht gemacht. Alfama, die Wiege Lissabons und des Fados ist unser heutiges Ziel. Hier ist man lieber zu Fuß oder mit der Straßenbahn unterwegs, wie es einst üblich war. Doch wohin mit dem Auto*? Ein Tiefgaragenplatz kostet ca. 45 EUR pro Tag, Alternativen gibt es kaum oder sind reinste Glückssache. Zu Fuß die Stadt zu erleben ist ohnehin intensiver. Und so laufen wir uns in den nächsten Tagen die Fußsohlen wund, hinauf und hinab durch enge Straßen. Entdecken in jedem Winkel kleine Details. Und immer wieder dienen wunderschöne Aussichtspunkte – Miradouros – für den Überblick.
*Das Auto wird seinen Dienst in der Umgebung tun, wenn es an die bezaubernden Strände des Atlantik geht…

Lissabon

Lissabon

Alfama

Alfama


Alfama und Azulejos
Lissabon wäre nur halb so schön ohne Alfama. Schon im 11. Jahrhundert suchten hier arabische Reisende die heißen Quellen al-Hama auf, die dem Stadtteil ihren Namen gaben. Auch ohne heiße Quellen kocht hier das Leben. Die Menschen verweilen auf der Straße für einen Plausch, Kinder spielen auf den schmalen Wegen, bis zum Kopf zutätowirte Jugendliche in Trainingsklamotten klatschen sich familiär ab, Wäsche hängt aus jedem zweiten Fenster – fast könnte man vergessen, dass man in einer Großstadt ist. Dann kommt schon die historische Straßenbahn Nummer 28 im Schritttempo um die Ecke, um den beschwerlich anmutenden Wegen die Anstrengung zu nehmen. Nirgendwo anders spürt man die Spuren der maurischen Zeit so intensiv.
Schnell verschwindet man im engen Gassengewirr unterhalb der Burg. Steile Treppen innerhalb des Straßengeflechts dienen zur Abkürzung. Und überall findet man sie an den Hauswänden – die „kleinen polierten Steine“ (al zulaij auf Arabisch), die Hinterlassenschaft der Mauren, die an ihre Zeit im Mittelalter erinnern.
Was zunächst nur in den Häusern stattfand, schaffte es im 19. Jahrhundert auch auf die Außenfassaden, wo sie heute noch zahlreiche Häuserfronten zieren. In jedem Azulejo steckt Geschichte. In jedem Fliesenmosaik entdeckt man Details. Tritt man jedoch zurück, erblickt man das große Ganze, das oberhalb des Tejo ruht.

Alfama

Alfama

Häuser mit Azulejos

Häuser mit Azulejos

Mehr zu Lissabon und Umgebung:

Auf unserer Reise wurden wir durch Memmo Alfama (Mitglied der Design Hotels), Tivoli Oriente (Mitglied von World Hotels), Billiger Mietwagen und Visit Lisboa unterstützt. Alle Ansichten sind unsere eigenen. 

6 Kommentare

    • Ich war das erste Mal da, aber war sehr fasziniert vom alten Charme… Sicherlich kehre auch ich noch einmal zurück. LG, Madlen

  1. Bin gerade über Twitter auf Deinem Lissbon-Bericht gelandet. Danke dafür!

    Ich bin mit den Olimar-Leuten kürzlich auch – fast 1 Tag und damit zu kurz – in der portugiesischen Hauptstadt gelandet, habe aber die Saudade nicht kennengelernt, da diese wohl erst im Dunkeln zu Tage (hoppla) tritt 😉

    Wir sehen uns in Jerusalem!

    Gruß aus Dillingen/Donau
    Wolfgang

    • Danke lieber Wolfgang, ein bisschen Saudade spürt man immer spätestens beim Fado 😉 Wir sehen uns ins Jerusalem? LG, Mad

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