Durch die Scheibe der New York Bar zerklüftet die Insellandschaft immer mehr, bis sie sich in der Weite der Ostsee verliert. Über den östlichen Horizont legt sich ein zarter rosaroter Streifen, während die Sonne auf der westlichen Seite noch immer im sanften Orangeton das Meer anstrahlt. Dies ist nicht ganz gewöhnlich um diese Uhrzeit. Es ist 22 Uhr, es ist Sommersonnenwende. Heute ist der längste Tag auf der Nordhalbkugel und diesen zelebrieren wir nun auf der Tallink Silja Serena. Seit knapp fünf Stunden sind wir nun bereits auf dem Gewässer unterwegs – im Schärengarten vor Stockholm. Die Überfahrt von Stockholm nach Helsinki ist nicht einfach eine Fährfahrt – sie gleicht einer Minikreuzfahrt, die den Gast rundum versorgt und nicht nur einfach und sicher von A nach B befördert. So befinde ich mich zum ersten Mal in meinem Leben in einer Karaoke-Bar und lausche seit einer Stunde skurrilen finnischen Songinterpretationen. Dabei schweift mein Blick immer wieder durch die vordere Glasfront über das Meer. Ich wusste gar nicht, dass so eine Minikreuzfahrt so schön sein kann. Nach einem Drink suchen wir das Sonnendeck bzw. den Moonwalk auf der 12. Etage auf. Trotz des langen Sommertags sind nur noch wenige hier oben. Ein frischer Wind weht und lässt die wenigen asiatischen Gruppen, die sich und die Landschaft rege fotografieren, die Reißverschlüsse der Jacken bis oben hin zuziehen.
Sind die Inseln vor Stockholm noch bebaut und wecken Sehnsüchte, auch einmal in solch einem ruhigen Holzhäuschen wohnen zu wollen, sind diese zerklüfteten Miniinseln, die den Ausgang aus der Schärenwelt in die offene Ostsee markieren, meist nur bewaldet. Ich kann meinen Blick nicht losreißen. Immer wieder denke ich, wie schön es hier doch ist. Als wir Åland erreichen, meint es die Natur besonders gut mit uns. Ein glutroter Streifen liegt über dem Horizont. Es ist geschäftig, eine Gruppe Biker kommt an Bord, doch nach nur 15 Minuten legen wir erneut ab. Auch wenn ich die ganze Nacht rausschauen will, suchen wir nun doch unsere Kabine auf. Auf der 10. Etage in einer A-Kabine mit Fenster zur Außenseite kann man dieses Setting auch gut als Einschlafkulisse nutzen. Sanftes Licht dringt weitere Stunden durch den kleinen Schlitz unseres Vorhangs. Dass ich in dieser Nacht schlecht schlafe, liegt weniger an der Kabine und dem Schiff, als an dem, was draußen an uns vorbeizieht.
Um 6 Uhr morgens dringen Stimmen vom Gang in unsere Kabine. Leichte Aufregung macht sich breit, obwohl wir erst in vier Stunden von Bord gehen. Mein erster Blick richtet sich wieder nach draußen. Durch die Scheibe sehe ich einen weißen Schleier, der sich über das Meer zieht. Das Farbspiel der Nacht scheint in einem einzigen Grauton erstickt zu sein. Kleine Punkte tauchen am Horizont auf. Dass sich diese winzigen Punkte später zu Frachtern und Fähren verwandeln, kann man jetzt nur ahnen. Müde schlürfe ich einmal über den Flur – an der Zeit hat über Nacht auch jemand gedreht. In Finnland sind wir schon eine Stunde weiter. Daher hat bereits der Run auf das Frühstücksbuffet eingesetzt. Um 9 Uhr ertönt eine Ansage, die uns auf unsere Ankunft in Helsinki in einer Stunde hinweist. Auch der Einkauf in den zahlreichen Duty Free Shops auf Etage 6 und 7 ist noch bis zur Ankunft möglich. Wir suchen noch einmal das Sonnendeck auf, leider hat die Sonne uns hier längst verlassen. Doch die Fahrt durch die kleinen Schären vor Helsinki ist nicht minder herrlich wie vor Stockholm.
Als die Festungsinseln von Suomenlinna vor uns auftauchen, versuchen wir unseren Weg auszumachen, denn alle Durchgänge erscheinen uns zu eng. Wie sind wir überrascht, wo unsere Silja Serenade doch alles durchpasst. Plötzlich erscheint vor uns die Skyline von Helsinki – die Uspenski-Kathedrale, das Riesenrad Finnair Skywheel, die Marktstände und der Dom. Die finnische Hauptstadt überzeugt nicht durch Größe. Beschaulich wirkt das morgendliche Treiben am Hafen. Seltsam wirkt der Riese von Viking am Anleger auf der gegenüberliegenden Seite. Wir steuern den alten Olympiahafen neben der alten Markthalle an und formen mit unserer Herberge der letzten Nacht von Silja Lines nun die Gestaltung der Skyline Helsinkis mit.
Will man den schnellsten Weg vom Schiff nehmen, folgt man einfach einer der zahlreichen wuseligen und drängeligen asiatischen Reisegruppen. Während die Einheimischen gelassen zu ihren Fahrzeugen hinabsteigen und die anderen Touristen lieber die Einfahrt auf den Decks genießen, schieben diese Gruppen sich schon von Bord. Auch wir haben es eigentlich gar nicht eilig. Das Stück zwischen A wie Stockholm und B wie Helsinki war zu schön, uns so hängen wir noch einmal dem Gedanken nach, wie wäre es, wenn wir jetzt einfach weiterfahren würden.
Zu den Fakten:
Boarding in Stockholm
Um 15.45 Uhr erreichen wir die U-Bahn-Station Gärdet, die nur drei Stationen von Centralen entfernt liegt. Von hier aus ist der Weg bestens ausgeschildert und man muss ohnehin nur den Menschenströmen folgen. Unsere Fähre legt pünktlich um 16.45 Uhr von dem Värtahamnen Terminal ab. Ab 15.30 Uhr bis spätestens 16.15 Uhr ist das Borden möglich. Wir wählen den schnellen Check-In am Automaten und erhalten gegen Eingabe unserer Buchungsnummer unser Ticket sowie unsere Gutscheine für das Abendessen und Frühstück. Dann müssen wir nur noch aufpassen, dass wir uns in die richtige Schlange stellen, denn die Fähre nach Tallin bordet gleichzeitig. Ziemlich schnell erreichen wir das Schiff, auch wenn sich einige ungeduldige asiatische Reisegruppen immer wieder vordrängeln. Wir laufen einer Glasfront vorbei, die mit Schildern zum Selfie-Schießen vor der Silja Serenade einladen. Die Crew begrüßt uns und ein Fotograf ist auch zur Stelle, eine Band spielt Lieder von Buena Vista Social Club. Besser kann man uns Lateinamerikafans gar nicht begrüßen. Dann passieren wir die Promenade mit den zahlreichen Shops auf der 6. Etage, um zu den Fahrstühlen zu gelangen. Hier sind wir kurz verwirrt. Wir müssen zwischen Aufzugnummern wählen und wissen nicht mal, wo genau sich eigentlich unsere Kabine befindet. Ein kleines Schild bei den Aufzügen dient zur Aufklärung. Unsere Kabine mit der Nummer 10512 befindet sich in der 10. Etage und ist mit Aufzug 5 und 6 erreichbar. Es hätte auch ein paar Stufen nach unten einen Infoschalter gegeben, doch der war schon rege besucht.
Kabineneinblick
Die Gänge mit den Kabinen sind nur mit den zugehörigen Zimmerkarten passierbar. Es gibt Zimmer mit Fenster zur Promenade und auf der anderen Seite befinden sich die Zimmer mit Meerblick. Unsere Kabine gehört der Klasse A an und bietet einen Außenblick. Sie macht einen ordentlichen Eindruck und wirkt mit dem hochgeklappten Bett auch geräumig. Ein kleiner Schreibtisch mit Steckdose, Spiegel und Fön, ein aufgeklapptes Bett mit Nachttischschränkchen, ein Fernseher und zwei Schränke als Verstauraum schmücken den Raum. Ein kleines Bad mit Dusche, WC und Waschbecken – ausgestattet mit Duschgel und Handtücher – komplettieren die Ausstattung. Alles was man braucht, ist da.
Shoppen in der Promenade
Von 16 bis 23 Uhr und morgens ab 7 Uhr ist der Duty Free Einkauf in der Promenade möglich. Kleine Läden und Restaurants säumen den Hauptgang – der wie ein Boulevard wirkt. Wer sein Abendessen nicht im Grande Buffet gebucht hat, hat sich einen Platz in einem der kleinen Restaurants gesucht. Nach dem Abendessen zieht es die Passagiere in die Shops. Auch wir schauen uns das Angebot an – im großen Duty Free Shop werden ganze Einkaufswagen mit Zigaretten, Alkoholflaschen und Süßigkeiten gefüllt. Lars kauft sich eine Sonnenbrille und bekommt noch einen Prosecco angeboten.
Speisen
Abendessen und Frühstück müssen zu der Fährfahrt extra gebucht werden. Das Abendessen erfolgt in zwei Wellen. Wer spät speisen will, muss früh buchen. Denn der Durchgang um 20 Uhr ist sehr beliebt. So speisen wir wie viele Familien mit Kindern in dem ersten Durchgang um 17.15 Uhr im Grande Buffet. Man meldet sich an einem Empfangsdesk und erhält einen Sitzplan mit seinem eingezeichneten Tisch. Hier gibt es alles, worauf man Appetit hat – ob eine asiatische oder mexikanische Ecke, Fisch- und Meeresfrüchte, Käsetheke und ein reichhaltiges Desertprogramm. Eine extra Kinderstation ermöglicht durch ihre niedrige Theke einen einfachen Zugang von Kinderhand. Auf die verschiedenen Nischen des Restaurants sind zudem Getränkestationen eingerichtet, in denen man sich mit Wasser, Softgetränken, Kaffee, Tee und Säften versorgen kann. Am Morgen ist das Grande Buffet ab 7 Uhr geöffnet und es herrscht freie Platzwahl.
Ankunft
Kurz vor 10 Uhr erreichen wir den Hafen von Helsinki. Um 9 Uhr erfolgt bereits eine Durchsage, damit man sich auf die Ankunft vorbereiten kann. Man hat genug Zeit und so würde ich empfehlen, genießt die Einfahrt noch vom Sonnendeck, bevor Ihr Euer Gepäck aus der Kabine holt und das Schiff verlasst. In wenigen Schritten an der alten Markthalle vorbei erreicht Ihr zu Fuß die Esplanade. Vor dem Hafen warten aber auch Taxis und eine Straßenbahnhaltestelle der Linien 1 und 2 ist für die Weiterfahrt auch vorhanden.
Übrigens, es gibt Wifi an Bord!
Wir wurden von der Tallink Silja Line zu einer Mittsommer-Minikreuzfahrt eingeladen.
Alle Ansichten sind meine eigenen.
-> Mehr zu Mittsommer 2013: Gedanken in einer Mittsommernacht
Toller Beitrag, wunderschöne Bilder :). Machen Lust auf eine neue abenteuerreiche Reise. Ich muss auch auf jeden Fall dorthin reisen. Danke für den Tipp! Gruß aus Hotel Meran
Vielen Dank für diesen schönen Eintrag! Ich werde in 2 Wochen mit Tallink-Silja Stockholm-Helsinki-Stockholm fahren und freue mich schon sehr! Toller Bericht und tolle Bilder!
Danke, lieb Sandra. Ich hoffe, Du hast einen schönen Trip – im Herbst ist die Atmosphäre sicherlich auch noch einmal ganz anders. Ich wünsche Dir eine schöne Reise! LG, Mad