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Mit Surfbrett und Kajak an der Pazifikküste von Costa Rica

Pazifik

Meine Lider arbeiten gegen die Schwere an, die sich in den letzten 29 Stunden meiner Anreise wie Blei über meinen Körper gezogen hat. Doch genau jetzt will ich wach sein. Es sind erst sieben Wochen vergangen, als ich stundenlang in den rauen Pazifik schaute und mich an den tosenden Wellen erfreute, nicht ahnend, dass ich schon bald wieder dem Klang seiner rauschenden Wassermassen lauschen würde. Und nun erscheint das tiefe Blau des Ozeans unter mir, das in das türkisfarben auf dem dunklen Sand ausläuft. Geräuschlos und sanft bewegt sich das Meer rhythmisch unter mir. Das Motorengeräusch mag musikalisch nicht ganz zu dem passen, was sich mir bei meinem Blick durch die kleine, zerkratzte Scheibe der Air-Natura-Maschine bietet.

Nicoya

Natura Air

Ankunft in Nosara – unter uns das Meer

Als plötzlich kleine farbige Punkte im Wasser auftauchen, weiß ich, dass wir endlich da sind. Surfer paddeln eifrig durch das Wasser und sind der Wegweiser zu unserem Ziel. Dieses liegt auf der Nicoya Halbinsel, die ich vor 15 Jahren das letzte Mal besuchte. Mein damaliger Badeort, Tamarindo, soll inzwischen gut besucht sein sich vom Fischerort zum beliebten Ferienparadies gemausert haben. Etwas weiter südlich hingegen, in Nosara, surft man oder macht Yoga. Wer hierher kommt, liebt in der Regel die Natur.

Ein 200 m breiter Mangrovenwald trennt unsere Unterkunft Olas Verdes von dem Strand Playa Guiones. Laut Gesetz darf niemand näher an das Meer heran bauen. Ich folge dem Pfad durch den Wald, folge dem Meeresrauschen, dass immer näher kommt. Es bedarf keiner Wegweiser, ich muss nur der Melodie der Wellen folgen. Und dann sehe ich einen blauen Fleck am Ende des Weges. Mit schnellem Schritt komme ich dem Himmel und Meer näher. Vor mir liegt aufgewellt dunkler Sand, der sich in das leichte Blau des Wassers und dem Grau des Himmels ergießt. Wo sich die Wellen brechen, warten die Surfer auf ihren Moment. Durch die Ebbe ist dies noch ziemlich weit entfernt.

Nosara Nosara

Schnell streife ich meine Sandalen ab und laufe zum Meer. Während meine Mitreisenden erst einmal ihre Zimmer beziehen und ankommen, wasche ich den Schweiß meiner langen Reise mit dem salzigen Wasser des Pazifiks ab, das sanft meine Zehen umspielt.

Surfen am Guiones Beach in Nosara

Surfen im Pazifik – es gibt immer ein zweites Mal

Nur 24 Stunden später liege ich im dunklen Sand und ziehe mein rechtes Bein wie einen Froschschenkel an während ich meinen Oberkörper mit einer Kobra-ähnlichen Übung hebe. Das linke Bein schleife ich flink unter meinem Bauch hindurch nach vorn. Fertig ist die Surferpose, die mich über die Wellen tragen soll. Doch jetzt stehe ich erst einmal ziemlich doof mit Sandkörnern bedeckt am Strand. In diesen frühen Morgenstunden gibt es kaum Publikum. Nur die Pelikane könnten von Erfolgen und Misserfolgen berichten. Es ist mein zweites Mal, das ich mich am Wellenreiten probiere. Wieder suche ich das Weißwasser auf. Mein Ziel sehe ich im Aufrichten und Halten auf dem Board. Mehr muss es nicht sein, mehr kann es nicht sein in 90 Minuten – denke ich mir.

Surfen am Guiones Beach in Nosara Surfen am Guiones Beach in NosaraMeine letzte Surfstunde liegt genau drei Jahre zurück – ein Stück nördlicher im Pazifik. Dieses Mal weiß ich, Yogakenntnisse können helfen, nicht nur um das innere Gleichgewicht zu finden. Tatsächlich braucht es nur drei Anläufe, bis ich auf der gebrochenen, auslaufenden Welle auf dem Brett stehe und mich dem Ufer nähere. Marlon, mein junger Surflehrer, applaudiert mir nach jedem bestandenen Wellenritt aus der Ferne zu. Und ich bin mächtig stolz.

Surfen am Guiones Beach in Nosara Surfen am Guiones Beach in Nosara

Als ich in der Mitte der Stunde wieder das Brett zurück in das tiefere Wasser über die Wellen bugsiere, ruft mir Marlon breitgrinsend zu: „Das Schöne am Surfen ist, dass man das auch machen kann, wenn man alt ist.“ Was mich im ersten Augenblick etwas irritiert, soll mir dennoch Hoffnung machen. Ich bin doppelt so alt wie mein Surflehrer, wird mir in diesem Moment bewusst. Inzwischen surfen hinter uns in den hohen Wellen andere Gäste des Olas Verdes. Marlon zeigt hinüber zu einem Sechzigjährigen, der elegant auf den Wellen entlanggleitet. Auf der anderen Seite bewegt sich ein Zwanzigjähriger laut Marlon etwas weniger elegant auf der Welle. Surfen ist eine Leidenschaft, der man bis ins Alter folgt. „So ähnlich wie mit dem Fahrradfahren.“ lache ich. Nur dass ich das wesentlich besser beherrsche und überall machen kann. Da haben wir wieder das Problem mit der Übung.

Guiones Beach in Nosara

Mir fehlt eindeutig das Meer im Leben, denke ich mir dabei. Jeder braucht ein Stück Meer im Leben – egal ob zum Surfen, Schwimmen, Einatmen, Segeln, Draufschauen. Vielleicht ist es die unbebaute, freie Sicht, die so befreiend wirkt. Vielleicht sollte man einfach mal häufiger nicht die Grenzen sehen. Zwischen Himmel und Meer gibt es keine Linie. Luft und Wasser tragen dieselbe Farbe, alles andere ist eine belichtete Illusion.

Nosara

Nosara, Guiones Beach

Nosara ist der Ort, an dem es sich zu bleiben lohnt, an dem die Fantasie angeregt wird, an dem Träume erwecken. Hier würde ich sogar morgens mit Yoga in den Tag starten, um dann gut gedehnt auf’s Surfbrett zu steigen, hätte ich doch mehr Zeit.

Lagartas Pazifik Pazifik

Mit dem Kajak in den Mangroven

Auch wenn in Nosara fast jeder surft, kann man hier noch mehr erleben. Wir genießen von der Lagarta Lodge bei unserem ersten Lunch kurz nach der Ankunft die Aussicht über den Nosara Beach, der wild und unverbaut hinter dem Privatresort liegt. Nicht weit von hier, am Ostional Beach, kann man jede Nacht Schildkröten sehen. Letzte Woche waren es knapp 1000, das ist jedoch nicht viel. Von November bis März ist die Peakzeit, in der sie massenweise ihre Eier am Strand ablegen.
Doch anstatt uns Jetlag geplagt auf die nächtliche Tour zu den Schildkröten zu begeben, erkunden wir den nahen Mangrovenwald im Kajak.

Nosara Nosara

In der Mündung des Nosara Flusses steigen wir bei der Kajakstation Nosara Experience in unsere knallfarbigen Boote. Von links begleitet uns das kraftvolle Rauschen des Ozeans durch das Gehölz, während landeinwärts das heranziehende Gewitter grummelt. Der Sound der Natur wird komplettiert durch die Vögel, die in das Konzert einstimmen. Leuchtende Krabben trippeln seitwärts durch die Wurzeln und hangeln sich den Stämmen hinauf. Eine davon nennt sich Halloween-Krabbe, weil sie ein bisschen wie ein verkleideter Kürbis aussieht. Wir biegen rechts in den Mountain River ein, der bald vollständig von der Natur überwuchert ist, und uns noch näher an das Wurzelwerk heranbringt. Immer wieder streife ich Äste und Blätter von meinem Kopf. Genau das ist es, was bei mir jede Müdigkeit wegbläst. Mein monotoner Paddelschlag und das Plätschern des Flusswassers sind Meditation und Aufheller zugleich, Bewegung und Natur mein Elixier, um ein Stück Pura Vida zu empfinden.

Nosara, Guiones Beach

Nosara, Guiones Beach

Plötzlich ist Schluss, der Weg versperrt durch einen umgefallenen Baum. Wir kehren um und paddeln den Nosara River weiter entlang, bis das Wellenrauschen immer näher kommt und der Wasserstand abnimmt. Die einsetzende Ebbe zwingt uns, den Stopp am Ende des Flusses kurz zu halten. Wir lassen die Boote am Ufer des Flusses und laufen ein paar Meter durch kitzelnde Grashalme. Dahinter öffnet sich ein wilder Strand. Viel Treibholz liegt im vulkanischen Sand. Pelikane fliegen über unsere Köpfe hinweg. Auf einem Holzstück serviert uns Allen, der Besitzer der Kajakstation, der uns auch begleitet, Kokosnüsse, Melonen- und Ananasscheiben. Im Gras hinter dem Strand steht eine Kuh, mehr Beobachter finden wir hier nicht, einsame Strände jedoch zuhauf. Auf der Rückfahrt unterstützt uns die Strömung und schiebt uns schließlich flotter als erwartet in die Mündung. Kurz bevor wir den letzten Abschnitt durch das zu flache Wasser waten, erblicke ich ein kleines Krokodil in Ufernähe. Dies erscheint mir einen Moment paradox und doch wird es einen nicht mulmig. Alles fühlt sich richtig an, dort wo es in der Natur seinen Platz findet.

Kajak in NosaraLas Olas Verdes Pazifik

Wieder kämpfe ich gegen meine Müdigkeit an, als wir beim Abendessen im Olas Verdes sitzen. Es sind nun mehr als 45 Stunden, die ich keinen Schlaf gefunden habe. Wo sonst mein Körper längst versagt hätte, findet er in dem, was ihn umgibt, Kraft. Kaum sitzen wir beim Essen, prasselt der Regen heftig auf die Überdachung nieder während der Donner grollt und Blitze neben uns einschlagen. Es ist ein energiegeladenes Willkommenskonzert, das uns in Costa Rica begrüßt.

Ich wurde vom Costa Rica Tourism Boards zu dieser Recherchereise eingeladen. Alle Ansichten sind meine eigenen.

Ich danke Bärbel Dähling und Sarah Neumann für die Bereitstellung einiger Fotos.

2 Kommentare

  1. Hallo,

    super toller Beitrag zu Costa Rica. Vielleicht schaffen wir es auch auf unserer Weltreisedort hinzureisen :) Surfen will ich auch unbedingt noch lernen.

    Danke für deine tollen Einblicke in deine Reise

    xx
    Chantel von http://www.chantelmi.com

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