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Politik, Geschichte, Amazonien – Vorbeigeschaut bei der Première Brasil

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Es geht um Amazonien – auch. Da macht natürlich die Première Brasil gleich doppelt Freude. Das Filmfestival, dass dem deutschen Zuschauer interessante und auch prämierte Filme vom brasilianischen Filmmarkt vorstellt, geht in die fünfte Runde. Und ich bin zum vierten Mal dabei.

„Es geht um Werte und Verwertung, den Menschen in übermächtiger Natur und seine Verantwortung ihr gegenüber, um fast archaische, um rassistische und hochaktuell-globalisierte Ungleichheiten, um Schatten der Vergangenheit…“ – eine Spannung, die auch gleich in der Podiumsdiskussion „Amazônia – Lebensraum auf Zeit?“ offenkundig wird. Die Regisseure Sérgio Andrade, Luiz Bolognesi, Silvio Da-Rin, Joel Zito Araújo und Victor Lopes diskutierten am Samstagabend mit der Moderatorin und Leiterin des Rio de Janeiro International Film Festival Ilda Santiago über den Umgang mit der grünen Lunge der Erde, dem Amazonasbecken, im Zuge der fortschreitenden Modernisierung Brasiliens. Ist noch Platz für indigene Volksgruppen? Haben wir das Recht, den Umgang mit Naturressourcen vorzuschreiben und ggf. Entwicklung zu hemmen? Dürfen wir Brasilien verwehren, was wir selbst jahrhundertelang betrieben haben? „Wir haben nicht das Recht, dumm zu sein.“, wiederholt Joel Zito Araújo, der erklärte Marxist und Macher des Films „Raça“, immer wieder. Die anwesenden Regisseure vertreten sehr unterschiedliche Haltungen in dieser Diskussion. Das spiegelt sich auch in den verschiedenen Perspektiven in ihrer filmischen Arbeit wider. Dies macht auch das cineastische Erlebnis interessant. Neben dem Marxisten Araújo sitzt beispielsweise Silvio Da-Rin, der u.a. für das brasilianische Kulturministerium arbeitete und somit die Haltung der Regierung einnimmt.

Sein Dokumentarfilm ist es dann auch, den ich mir Im Anschluss an die Diskussion ansehe. Der Regisseur von „Breitengrad 10“ begleitete den Grenzgänger José Carlos Meirelles auf einer 21-tägigen Reise zum 10. Breitengrad. Am Envira-Fluss treffen sie immer wieder auf Spuren unkontaktierter Völker, so sichten sie verlassene Camps und versuchen, Konflikte unter den Anwohnern des Flusses zu schlichten. Wie soll man mit den „unkontaktierten Völkern“ umgehen? Es gibt wohl kein richtig oder falsch. Aber aus Fehlern und Erfahrungen kann man für die Zukunft lernen. Eine schwierige Thematik verpackt in wunderschöne Bilder und mystische Atmosphäre, so fühlt man sich fast 90 Minuten selbst auf die Nebenarme des Amazonas katapultiert.

Ich bin gespannt auf die Bilder, die mir mein nächster Festivalfilm „A floresta de Jonathas“ (Jonathas’ Forest) von Sérgio Andrade liefert. Der aus Manaus stammende Andrade wirkte einst in Herzogs Film „Fitzcarraldo“ als Statist mit, der in seiner Nachbarschaft gedreht wurde. Heute dreht er selbst Film und sitzt in Herzogs Heimatland.

Premier Brasil mit Silvio Da-Rin

Premier Brasil mit Silvio Da-Rin

Diskussion

Diskussion

Premiere Brasil

Premiere Brasil

Neben dem Fokus Amazonien widmet sich das Festival aber auch Themen wie Künste sowie Politik und Geschichte. Wer die Eröffnung verpasst hat, hat noch einmal die Gelegenheit, den prämierten Eröffnungsfilm O som ao redor (Neighboring Sounds) zu sehen, der den Zuschauer in ein Mittelstandsghetto in die Millionenstadt Recife entführt.

Es bleibt abwechslungsreich – noch bis zum 17. November im HKW in Berlin.

 

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