Eine steife Meeresbrise weht durch die Häuserschluchten von Santa Marta. Zwischen kunterbunten Altbaufassaden wirbeln sich Servietten, Plastikflaschen, Kartons in die Luft. Auch wir werden von dem Wind durch die Altstadtgassen geschoben. An der Ecke sammeln Jungs den Müll zusammen, doch selbst die gepackten Beutel geraten in den Strudel, der sich mit den Menschenmassen an diesem Samstagabend in Santa Marta mischt. Ich bin zurück in der karibischen Stadt, die immer im Schatten Cartagenas stand und sich doch vor sechs Jahren schon in mein Herz geschlichen hat, als sie noch als hässliches Entchen oder graue Maus daher kam. Von all dem ist heute nichts mehr zu erkennen, selbst der Müll fliegt hier rhythmisch durch die Luft, während aus den Boxen in Calle 19 laute Musik tönt.
Es gibt immer wieder verpasste Chancen im Leben, und es dauert nicht lang, dass wir genau dieses Gefühl hier haben. Als ich zum ersten Mal Santa Marta besuchte, ahnte ich, dass sich hier etwas tut. Mit etwas Einsatzfreude hätte man hier ein Guest House oder eine Kneipe eröffnen können. Vor zwei Jahren hatte sich das Stadtbild schon verändert, viel wurde noch gebaut und gestrichen. Heute jedoch ist Santa Marta nah davor, ein zweites Cartagena zu werden. Zumindest die Touristenströme fließen inzwischen und auch die Infrastruktur ist nun da.
Wo ich noch vor sechs Jahren Cafés und nette Kneipen suchen musste, reihen sich heute in Calle 19 und Carrera 3 all die hübschen Lädchen für den Besucher auf. Man mag es Gentrifizierung nennen. Doch Santa Marta hat das, was bisher geschah, ziemlich aufgewertet. So weit und nicht weiter mag man da denken. Denn am Ufer entsteht etwas Größeres – Türme mit Apartments ziehen sich nun von dem benachbarten Ferienort Rodadero bis in die Marina von Santa Marta. Doch was die Stadt noch immer hat, ist das Raue, das Pure – das karibische Leben auf der Straße. Da radeln Jungs mit kleinen, blinkenden Verkaufsständen mit Zigaretten und Kaugummis durch die Straße, Bässe tönen aus ihren Boxen. Im Parque Simón Bolívar knattern Skatebords holprig über das Pflaster. Auf dem Plaza Santander sitzt man bis in die Nacht beisammen und unterhält sich. Am Strand ist das Bild nicht anders – Maiskolben, Waffeln, Zuckerrohsaft oder gleich einen frischen Jugo – alles kann, nichts muss. Mal mehr, mal weniger unaufdringlich sind all die Verkäufer präsent und versuchen sich am Stadtstrand über Wasser zu halten.
Santa Marta hat in den letzten Jahren einen Anstrich erhalten. Türkis, lila, orangene Fassaden erinnern an die karibische Schwester Trinidad auf Kuba. Großzügige Patios mit stilvollem Mobiliar, hohe Decken, an denen Ventilatoren ihre Runden drehen, gußeiserne Gitter vor den Vorgärten und Fenstern und die obligatorischen Schaukelstühle, die vor oder im Haus vor sich hinwippen. Alles ist voller Geschichte. Und das kommt nicht von ungefähr – Conquistador Rodrigo de Bastidas gründete die Stadt 1525 als eine der ersten heute noch bestehenden spanischen Städte auf dem amerikanischen Festland. Und dann ist da noch der Reiz der Landschaft. Vor uns liegt das Meer, während im Osten der Nationalpark Tayrona anschließt und im Rücken die schneebedeckten Gipfeln der Sierra Nevada über uns wachen.
Santa Marta ist eine Stadt, die nicht zur Ruhe kommen will. Als ich abends erschöpft in meine Hängematte auf unserem Balkon im Casa Verde falle, weht ein lauer Wind in unser Zimmer und mischt sich in die schwüle Meeresluft. Rhythmen verschiedensten Ursprungs sammeln sich im Zimmer – selbst als der Strom kurz ausfällt. Musik geht immer.
Was man über Santa Marta sonst noch wissen sollte?
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Was man sehen sollte?
Santa Marta ist ganz nah dran, was wir als Traum unseres Urlaubs vorstellen. Wer Strände liebt, für den ist Santa Marta der ideale Ausgangspunkt für Beach-Hopping von Taganga über den Parque Tayrona bis hin nach Palomino. Doch die älteste spanische Siedlung Kolumbiens hat noch mehr zu bieten, als ihre traumhafte Lage zwischen Meer und Bergen. Santa Marta zählt zu den wichtigsten Kolonialstädten des Landes und ist heute mit ihrem Vorort El Rodadero beliebtes Ferienziel der Kolumbianer. Die Altstadt wurde in den vergangenen Jahren schön restauriert, farbige Hausfassaden mit begrünten Balkonen sind ergänzen das Gesamtbild der kolonialen Stadt, deren Kathedrale die älteste Lateinamerikas ist. Auch die Quinta de San Pedro Alejandrino, wo 1830 der südamerikanische Freiheitskämpfer Simón Bolívar verstarb, ist ein Besuch wert, auch wenn sie nicht direkt im Stadtzentrum liegt. Hier verfasste Bolívar seine berühmte Abschiedsproklamation, in der er die Kolumbianer zur Einheit aufrief. Hier ist ein Botanischer Garten angeschlossen (Öffnungszeiten 9 – 18 Uhr, Bus nach Mamatoco nehmen und bei Quinta aussteigen).
Übrigens, der bekannteste Sohn der Stadt ist der Fußballer Carlos „El Pibe“ Valderrama. -
Unterkünfte:
Hotel Casa Verde (Calle 18 # 4 – 70) | über unseren Aufenthalt
Hotel Casa Amani (Calle 18 # 2-72)
Aluna Casa y Café (Calle 21 # 5-72) -
Restaurants:
In Santa Marta wirst Du aufgrund der Hitze mehr Durst als Hunger verspüren. Hier habe ich die besten Säfte Südamerikas getrunken – und zwar in Calle 16 und Carrera 5. Da reihen sich Saftstände aneinander, die Dir aus allen möglichen tropischen Früchten leckere Säfte und Milchshakes zaubern. Keine Angst wg. Hygiene. Ich habe hier viele Säfte getrunken und nie Probleme.
Ikaro Café (Calle 19 # 3- 60): Brandneues vegetarisches und verganes Restaurant von einem österreichischen Pärchen. Liebevoll, frisch und modern eingerichtet – hier speisen auch viele Nicht-Vegetarier aufgrund der Atmosphäre.
Lulo (Carrera 3 # 16-34): Paninis, Pitas, Hummus… lecker ob zum Lunch oder zum Abendessen.
Vital Restaurante Vegetariano (Calle 15 #3-106 Centro, Frente a Av Villas): Sehr günstiger kolumbianischer Vegetarier, den ich schon 2009 zum Lunch besuchte. Hier speisen vornehmlich Einheimische.
Govinda’s Restaurante Vegetariano (Calle 16 # 5-67, 2. Etage): Jede Stadt ein Govinda mag man fast sagen. Noch ein leckeres vegetarisches Restaurant.
Carambolo (Cra 19 #3-105): Neben leckeren mediterranen Speisen steht Frozen Yoghurt als das Highlight auf der Karte. -
Ausflüge in die Umgebung:
Minca: Wer Ruhe in den Bergen der Sierra Nevada sucht, der ist hier richtig. Auf 630 m haben sich viele Ausländer und Einheimische zurückgezogen, und auch der Kaffeeanbau wird hier kultiviert. Kleine Wanderungen, Baden in Wasserfällen und Vogelbeobachtungen sind einige Aktivitäten, die man hier macht, wenn einem der Blick auf die Santa Marta und die Ruhe nicht reicht. Minca liegt 14 km südwestlich von Santa Marta und ist eine halbe Stunde mit dem Auto und eine Stunde mit dem Bus entfernt.
Taganga: Tauchgang gefällig? Dann nimm Dir in der Carrera 5 gegenüber vom Exit Supermarkt einen Collectivo mit dem Zeichen Taganga hinter der Windschutzscheibe und fahre ca. 15 Minuten in das nahegelegene Fischerdorf Taganga. Erwarte nicht mehr ein zurückgelegenes, relaxte Dorf, denn hier ist das passiert, was zu erwarten ist, wenn sich ein Geheimtipp herumspricht. Viele Backpacker mischen sich unter kolumbianische Badegäste und schaffen es den kleinen Ort mit seinem schmalen Strand zu füllen. Von Taganga aus kann man nicht nur tauchen, sondern auch zu nahegelegenen Stränden wandern oder sich mit dem Boot fahren lassen.
Tayrona Park: Wer von Karibik spricht und dabei an Hängemattentage denkt, der mag den Parque Tayrona vor Augen haben. Der Park ist nach den hier beheimateten Tairona-Indigenen benannt. Hier geht die hügelige Landschaft mit spärlicher Vegetation von Westen kommend in weiße Buchten mit Kokospalmen, Kakteen und Regenwald im Osten über. Für kurze Ausflüge bieten sich Playa Concha und Playa Cristal im Westen an, im Osten liegen Arrecifes und Cañaveral mit den Stränden El Cave und La Piscina. Die Fahrt zum Eingang des Nationalparks El Zaíno dauert mit dem Bus vom El Mercado (Calle11 # 11) ca. eine Stunde und kostet 6.000 Pesos.
Palomino: Wenn Du noch weiter fahren möchtest und die Nationalgebühr umgehen willst, dann ist Palomino der richtige Strandort. In relaxter Atmosphäre kann man ausgedehnte Strandspaziergänge machen oder im Fluss tuben. Er ist ca. 2 bis 2,5 Stunden mit dem Bus entfernt und die Fahrt kostet ca. 8.000 bis 12.000 Pesos.
Ciudad Perdida: Die präkolumbische Stätte im oberen Tal des Río Buritaca zählt zu den größten Südamerikas. Eine Wanderung zur 40 km südöstlich von Santa Marta gelegenen Ruinenstadt ist ein Highlight – nicht nur wegen der Ruinenstätte, sondern wegen des Weges durch die Sierra Nevada. Die gesamte Wanderung dauert je nach körperlicher Verfassung 4-6 Tage. 5 Tage sind zu empfehlen, um auch die Umgebung genießen zu können. Die letzten 200 Meter bis zum Camp werden über eine steile Steintreppe mit ca. 1.200 Stufen überwunden. Unterwegs begegnet man häufig den Kogis.
Hallo Madlen,
ich bin ja auch begeistert von Santa Marta und der Umgebung und habe nicht nur über mein „Missgeschick“ im Parque Tayrona geschrieben http://peterstravel.de/parque-tayrona-shit-happens/ Ich war allerdings nicht in der Ciudad Perdida! Muss ich jetzt nochmal hin?
BG, Peter