Dieser Tag steht im Zeichen der Kultur und der Erholung. Morgens haben wir unser erstes Hosteltypisches Frühstück. Dann wollen wir natürlich als erstes unsere reservierten Flüge mit Copa für heute Nacht noch bezahlen und dingfest machen. Gern sollte es noch hinaus zum Strand gehenn, doch im Tourismusbüro wurde uns mitgeteilt, dass dort gebaut wird (was wir gestern eigentlich auch schon sahen) und außerdem haben auch sonst heute viele Sehenswürdigkeiten wie bspw. der Botanische Garten geschlossen.
Dann suchen wir endlich das Teatro auf, um es nicht nur von außen sondern auch von innen zu begutachten. Eine halbe Stunde müssen wir warten, bis eine englischsprachige Tour gemacht wird. In der Zwischenzeit suchen wir noch ein paar umliegende Läden am Praca auf und verpassen fast unseren Rundgang. Die Oper wurde 1896 eröffnet, alles außer das Holz, wurden aus Europa rangeschafft. Und selbst das Holz wurde nach Europa geschifft, um dort von Könnern bearbeitet zu werden. Ziemlich crazy. Der Saal ist gut klimatisiert, was aber erst in den 70ern passierte. Auch die Farbe änderte sich in den 70er Jahren. Ursprünglich rosa, wechselte es zu blau und hellblau und nun wieder zu rosa.
Den restlichen Tag liefen wir ein bisschen durch die Stadt und relaxten im Hostel und unterhielten uns nett mit einem kolumbianischen Gast und einem aus Hongkong. Am Abend dann kam der kulturelle Teil unseres Aufenthaltes. Der Guide hatte uns am Morgen darauf hingewiesen, dass heute Abend ein kostenfreies Konzert im Teatro Amazonas sein würde. Dieses findet im Rahmen eines Festivals statt. In verschiedenen brasilianischen Städten finden eine Woche lang Klavierkonzerte mit ausländischen Künstlern statt und heute Abend ist Kotaro Fukuma in Manaus. Dieser gebürtige Japaner kam den weiten Weg aus Berlin (denn dort lebt er aktuell) hierher, um uns heute mit Bach, Beethoven und Liszt zu beglücken. Eine halbe Stunde vor Beginn hat sich um die Hälfte des Gebäudes bereits eine Schlange gebildet. Unsere Überraschung ist enorm. Konnten wir uns nicht vorstellen, wer sich das hier ansieht. Aber der Staat fördert, wo es nur geht, und so ein kostenloses Ereignis wird dann eben mitgenommen. Mitgenommen wird auch Kind und Kegel, die gewiss ein Drittel der Audienz ausmachen. Klavierkonzert finde ich schon schwere Kost, aber wie mag diese den Kindern schmecken? Ich bin skeptisch. Genauso skeptisch wie ich bin, als ich die Verstöße gegen alle Rules, was eine angemessene Kleiderordnung betrifft, in dieser Schlange sehe. So verstoßen die Gäste nicht nur gegen allgemeingültige Regeln, sondern gleich gegen ihre eigenen mit. So steht am Eingang „No Flip Flops, no Shorts, no shoulderfree.“ Doch der Einlass winkt munter durch.Hauptsache das Teatro füllt sich bei solch einem internationalen Gast. Die heißeste Hot Pants, der BH halb draussen und Havaiannas sowieso – what the hell is this? Ich habe hingegen tief in meinem Rucksack gegraben – um Rock, Blüschen und Halbschuhe aufzubieten – auch nicht festlich, aber der Wille zählt.
Eine langweilige Rede, die für uns eine einzige unverständliche Melodie ist ,stimmt uns auf den noch langweiligeren Bach ein. Süss ist, als der Eröffnungsreder Boa Noite sagt, wird dies aus dem Publikum lautstark erwidert. Hier setzt man auf Dialog. Der Anfang ist geladen durch Spannung, jeder sitzt mucksmäuschenstill und lauscht. Doch der Reiz des Neuen ist schnell verflogen, die Kinder zeigen dies zuerst. Die Aufmerksamkeitsspanne lässt schnell rapide nach – erst bei Jung, bald auch bei Alt. Die Musik ist nebensächlich. Die nahende Pause wird genutzt, um zu fliehen. Nur der harte Kern harrt aus. Nach der Pause wurde es mit Liszt etwas interessanter und das Publikum wusste dies mit Ruhe zu honorieren. Nach weniger als zwei Stunden ist alles vorbei.
Was habe ich gelernt? Kostenfreie Kultur macht neugierig, öffnet Türen über soziale Barrieren hinweg und lockt tatsächlich an. Doch die Neugierde währt nicht lang, wenn das Programm nicht wirklich berührt. So wie es mir (Klavierbanause) erging, fühlten wohl viele Menschen an diesem Abend. Wieder auf dem Praça genossen die Menschen den vorweihnachtlichen Trubel. Ein Engel, viel Blinkeblinke und im aufgestellten kegelförmigen Weihnachtsbaum fielen Schneeflocken herab, simulierten eine andere Welt, die es hier nicht gibt und geben wird. Manaus eine Stadt im Urwald, die doch so gern woanders wäre.