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Wenn die Welt schon untergeht, dann bin ich in Wien

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Wenn die Welt schon untergeht, dann soll sie dies wenigstens gemächlich tun. Und so fiel meine Wahl des Ortes, an dem ich auf den Weltuntergang wartete, auf den südlichen Nachbarn Deutschlands. Und so ging am Abend des 20. Dezembers 2012 mein Flieger nach Wien. Immerhin meiner mit Air Berlin ging, was man von den gewählten Fliegern anderer puriysten nicht behaupten konnte. Als Sparfüchse hatten wir uns auf unterschiedliche Maschinen gebucht. Mein Reisepartner hatte damals Austrian Airlines gewählt, wie sich herausstellte, wirklich die schlechtere Wahl. Als ich mit meinem neuen Handgepäckrolli, der schon als Eigengewicht gefühlte 10 kg auf die Waage brachte, mich durch die S-Bahnen Berlins quälte, kam mir die geniale Idee, lass doch einfach mal unsere Handgepäckstücke tauschen. Du lieber Lars nimmst meinen Rolli und ich Deinen. Und so rollte ich auf Gate C mit Herrenausstattung ein, während Lars 20 Minuten später Richtung Gate A mit meiner Damenkollektion einchecken wollte. Ja, wollte. Denn auch die puryisten sind nicht immer so Internet affin und beugen sich der zunehmenden Unsitte, online einzuchecken. Bei Austrian Airlines durchaus ein Problem. Vor allem, wenn am nächsten Tag der Weltuntergang angesagt ist. Da scheint wohl Wien the place to be zu sein. Und die Maschine ist schon voll, bevor überhaupt alle gebuchten Passagiere da sind. Alle, die nicht vom Online-Check-in Gebrauch gemacht haben, haben nun das Nachsehen. Überbucht, heißt es. Ein Platz auf der Warteliste soll trösten. Vielmehr ist er aber ein Strafe, wohl als eine Erziehungsmaßnahme gedacht, Du Trottel, das nächste Mal checkst Du gefälligst online ein. Das half nun auch nichts mehr. Und so erfuhr ich noch bevor meine Air Berlin Maschine in die Luft ging, das ich evt. und sehr wahrscheinlich gleich mit meinen Herrenklamotten allein in Wien da stehe.  So hatte ich mir das nicht gedacht, liebe Mayas! Eine Stunde später in Wien angekommen, ließ ich es gemächlich angehen. Mein Handy brauchte auch die Zeit, um sich auf Österreich einzulassen. Diese gab es genug, denn die Wiener wissen sehr gut, wie man aus einen kleinen Flughafen das Gefühl von etwas größerem vermittelt. Das Geheimnis heißt „lange Wege“. Ich dachte schon, gleich in die Wiener City gelaufen zu sein, als sich dann doch noch der Ausgang auftat und mit ihm bahnte sich auch mein Handy seinen Weg in das österreichische Netz. Mein Reisepartner saß noch immer in Berlin, anstatt in 20 Minuten aus dieser Tür zu kommen. Aber immerhin, befand er sich noch in Tegel. Denn Niki Lauda sprang einfach ein und so würde er in einer Stunde mit Nikki Air nachkommen.

Beruhigt nahm ich meinen Herrenrolli, um mich in die Stadt zu begeben – mit der S-Bahn. Für was das S in Wien steht, erschließt sich mir nicht. S bedeutet definitiv nicht schnell. Wer über das Berliner S-Bahn-Chaos schimpft und mit 10 minütigen Verspätungen nicht klarkommt, hat echt ein Luxusproblem. Dies findet man spätestens raus, wenn man sein Ticket für die ÖBB in der Hand hält und sich in Richtung Bahnsteig bewegt. 27 Minuten! Danke Wien, Gemächlichkeit ist schön, aber so langsam brauch ich es dann doch nicht. Kann ich mir schönere Orte vorstellen, als Euren Bahnsteig. Wenn’s dann aber mal läuft, dann läuft es auch. Und so erreichte ich dann doch noch flotter als ich dachte – eine dreiviertel Stunde später – mein Hotel in der Hollandstraße. Bevor Lars gegen Mitternacht  im Hotel zu mir stieß, begann ich schon nicht zuletzt auch aus Hungergründen, die Stadt zu erkunden. Meine erste Runde führte mich von Leopoldstadt über den Donaukanal in Richtung Innere Stadt. In der Vorweihnachtszeit heißt dies, immer den Lichtern folgen. Nach einem Abstecher in einen asiatischen Imbiss folgte ich den kleinen Touristengruppen immer der Rothenturmstraße entlang, um schließlich überraschenderweise schon den angestrahlten Stephansdom zu sichten. Alles rund um den Stephansplatz erstrahlt so wunderbar weihnachtlich, dass man seinen Weg weiter der dekorativen Linie bis zur Hofburg ohne Stadtplan folgen konnte. Den hatte ich ohnehin im Hotel gelassen, denn morgen sollte es mit dem offiziellen Sightseeing und unseren obligatorischen Reiseführertest losgehen. Kaum hatte ich die Hofburg hinter mir gelassen, die eine gediegene abendliche Ruhe  versprühte, lockte mich ein weiterer Lichtpunkt am Horizont – das Rathaus und das Hoftheater, wie es sich später herausstellte. An diesem Abend waren seltsamerweise nicht so viele in den Straße unterwegs verglichen mit den folgenden.

Um Mitternacht war das puriy-Wien-Explorer-Team vollzählig und startete somit gemeinsam in den angeblichen Weltuntergangstag.

Die besondere Melange ist im Mercure City wohl weniger ein Kaffeegetränk, sondern die Mischung an Rollwagenklappern und Flur-Musik aufdrehen morgens um 7.15 Uhr. Ah ja, wir leben noch, das wollen wir auch alle gleich spüren. Dumm nur, wenn Urlaub ist, da will man eigentlich nicht früher als in einer Arbeitswoche geweckt werden. Heute stehen erst einmal die wichtigen Stationen wie Stephansdom, St. Peter-Kirche, Hofburg auf dem Programm. Natürlich gab es noch den Blick ins Meinel und die Königliche Hofbäckerei Demel. Die vielen Leckereien machten trotz des ausgiebigen Frühstücks im Hotel bereits wieder Appetit. Gut das wir nicht zu lang in Wien verweilen, denn das würde der reinsten Völlerei gleichen. Weihnachtliche  Stimmung kehrte nicht nur durch die Dekoration ein, sondern nicht zuletzt auch durch die Flocken, die erst zart, später großformatig vom Himmel fielen. Unser Weg führte uns natürlich nach dem Schlendern durch die historischen Innenstadtstraßen zum Schloss Schönbrunn. Hier ist alles sehr gut organisiert. Wir entschieden uns für die Gran Tour mit Audio-Guide, die uns ca. eine Stunde durch die Gemächer von Sisi und Franz Joseph I in deren Sommerresidenz führten. Die Tour erschien uns kurzweilig und manchmal hätte man sich noch mehr Informationen erhofft. Zudem waren die Informationen manchmal etwas verwirrend, da verschiedene Epochen abgedeckt wurden. Da auch in den kaiserlichen Räumen eine weniger königliche Hitze herrschte, freuten wir uns auf einen wärmenden Punsch auf dem ganz süßen Weihnachtsmarkt vor dem Schloss. Wir schlenderten noch durch den Schlosspark. Doch dieser Spaziergang wäre sicherlich etwas erquicklicher ausgefallen, wäre es nicht der kürzeste und dunkelste und unwirtlichste Tag dieses Jahres. Es war einfach arschkalt und man spürte weder Finger noch Gesichtszüge. Inzwischen war es auch schon nachmittags, so dass wir zurück in die Innenstadt fuhren. Da ich einen Faible für Botanische Gärten und Häuser hege, kehrten wir im touristischen Café Palmenhaus ein, um unsere obligatorische Melange zu trinken, wobei der Apfelstrudel auch nicht fehlen durfte. Dumm nur, dass der kürzeste Tag des Jahres mehr Nacht als Tag ist, so dass es, als wir bereits zum Hundertwasserhaus liefen, schon dunkel war. Vorteil war, in der Dunkelheit wollten nur wenige ihre Bilder schießen. Nachteil war, auch unsere Fotos von dieser kreativen Form und Farbvielfalt versanken im Grau. Nach diesem Spaziergang war ich auch vollends durchgefroren, so dass wir erst einmal für eine Stunde zum Hotel gingen, um uns dort aufzuwärmen. Ich will nicht meckern über die finsteren Tage, denn Wien gefällt mir mit seiner weihnachtlichen Beleuchtung nachts besser als tags. Am Abend liefen wir unsere Runde durch die Herrengasse in Richtung Schottentor. Überall gab es Punschstände und Weihnachtsmärkte/-dörfer. Wien bietet einiges kulinarisches von Interesse. Und so probierten wir heute das Yamm bei der Universität aus. Ein stilvoller Vegetarier mit reichhaltigem Buffet. Hier gilt das brasilianische Gewichts-Prinzip – 100g sind 2,70 EUR. Da wir genau um 21 Uhr das Lokal betraten, das bereits um 22 Uhr seine Pforten schließt, machten wir vom Sonderpreis von 2 EUR Gebrauch. Gut war’s, denn sonst wäre dies ein kostspieliges Unterfangen geworden. Als wir zum „Dessert“ noch einen Punsch auf einen der zahlreichen Weihnachtsmärkte trinken wollten, wurde uns dieser entsagt. Denn nach 22 Uhr waren alle Läden hochgeklappt, wohin wir auch gingen.

Heute Nacht wollten wir mal wirklich schlafen und so baten wir das Personal, doch einmal die Musik wenigstens bis 9 Uhr morgens auszudrehen. Der heutige Tag schien noch kühler als der Tag zuvor. So stellte sich heute bereits nach den ersten Hundert Metern schon ein unüberwindliches Kältegefühl ein. Belvedere stand heute auf dem Plan. Aber auch ein paar mehr U-Bahn-Fahrten wurden einstreut, die dem Aufwärmen dienen sollten. Mit einem 48 Stunden-Ticket nimmt man diese Fahrten auch dankend an. Und die Wiener U-Bahn überzeugt durchaus mehr als deren S-Bahn. Vom Karlsplatz und dessen Karlskirche starteten wir wieder über einem Weihnachtsdorf unsere Tour. Ein Häferl Beerenpunsch stärkte uns. Belvedere besteht aus dem unteren und dem oberen Gebäude, wobei das obere imposanter ist. Dazwischen liegt ein prächtiger, akkurat angelegter Schlosspark. So ein bisschen mag Schönbrunn im Schatten dieser Anlage stehen. Wir liefen durch den Schlosspark zum oberen Belvedere, wo sich die größte österreichische Gemäldesammlung und Gustav-Klimt-Ausstellung befand. Ein wahrer Besuchermagnet. War gestern im Schönbrunn noch der Audioguide inklusive, musste man heute noch  einmal 4 EUR extra berappen. Klimt ist mir etwas zu goldig, aber dennoch sehr sehenswert. In den übrigen Etagen überzeugte mich am meisten die impressionistische, expressionistische und realistische Malweise. Von Belvedere aus planten wir heute einmal eine Route aus dem 100 % Wien-Guide ein. Denn wir sind ja auch zum Testen in Wien. Die Route zum Naschmarkt überzeugte uns nur zum Teil. Uns kam sie etwas zu unspektakulär daher. Die Erwähnung einzelner gastronomischer Einrichtungen lässt den Beigeschmack, hier hätte sich einzelne Läden reingekauft. Oder wie sollte man sonst den Schlenker um das Interconti erklären, der wahrlich nichts zu bieten hatte, außer man hat seine Schlittschuhe zufällig dabei. Meinen Geburtstagskuchen gab es dann im wunderbar kitschigen Süssi. Ein französisches Teehäuschen mit ganz vielen süßen Leckereien – das richtige für mich. Und die herrlich durchgeknallte Bedienung tat ihr übriges. Zwei Österreicher, deren Deutsch ich null verstand. Das lag weniger am Dialekt als vielmehr an deren seltsamen Versuchen, ihre Sprache mit unverständlichem Französisch oder Englisch anzureichern. Nachdem wir im Süssi ausreichend genascht hatten, ging es noch auf den Naschmarkt. Hier gibt es, was das Herz begehrt. Früher sicherlich viel Exotik, heute jedoch kennt man die dargebotenen Speisen und Waren auch von anderen Märkten. Dennoch machte es Spaß, an den bunten Obst-, Gemüse-, Fisch-, Käse-, Punschständen vorüber zu schlendern. Danach mussten wir uns jedoch wieder etwas ausgiebiger aufwärmen – im Café Hawelka. Hier ging es sowohl touristisch als auch rotzig zu. Unsere Bedienung ein Herr, den wir bereits aus eine Sendung über Wien und dieses Kaffeehaus im deutschen TV kennenlernen durften. Der Charme war schon sehr interessant, aber lange verweilen mochte man hier nicht, denn es war einfach nur sehr laut und drängelig. Man falle auf, wenn man schnell wieder gehen würde, heißt es. Im Kaffeehaus bleibt man sitzen, unterhält sich und genießt. Das tue ich in der Regel auch, aber hier ging das einfach nicht. Zu viel hätte man wegfiltern müssen.  Und da wir eben bei unserem Touristenprogramm waren, machten wir einfach mit dem Prater weiter, um alles komplett zu haben. Eine Fahrt auf Europas einst größtem Riesenrad bot uns für ca. 10 Minuten den Blick über das von oben eher dunkel ausschauende Wien. Das Abendessen gab’s heute im TIAN, ein nobler, edler Vegetarier. Als wir um 20 Uhr mal durchriefen, ob es freie Plätze gäbe bzw. wir für 21 Uhr reservieren könnten, sagte man uns, nur wenn wir in 20 Minuten käme, gäbe es Plätze. Danach nicht. Wir verstanden zwar nicht weshalb, setzten uns aber in ein Taxi, damit das klappte. Als es 21.30 Uhr war, hatte sich der Edelvegetarier noch immer nicht mehr gefüllt als bei unserer Ankunft. Da hätten wir auch ganz gemächlich hinlaufen können. Aber vielleicht wollte die Küche einfach früher Schluss machen. Das TIAN scheint anders als das Yamm eher gesetzteres, betuchteres Publikum anzuziehen. Wir fühlten uns zumindest zu jung und zu alternativ für das Klientel. 3, 4, 5-Gängemenüs von 50 bis 90 EUR fanden sich auf der Karte wieder. Die Portionen bedeckten gerade einmal ein Zehntel des überdimensionalen Tellers. Was sollte man nur bestellen? Prompt fiel meine Wahl auf einen Zwischengang, auf was mich der Ober umgehend hinwies. Also schnell einen Hauptgang bestellt, der sich durch seinen Preis von 22 EUR zu erkennen gibt. Lecker war es, sehr delikat. Aber die Rechnung ebenso. Man wird ja nur einmal 36 und eigentlich sollte gestern ja schon die Welt untergegangen sein. So ist das doch wenigstes eine gute Investition für die Zeit im Jenseits.

PS: Am Folgetag begaben sich zwei puriysten wieder auf den Rückweg nach Deutschland. Ich hatte mich für eine knapp fünfstündige Bahnfahrt nach Nürnberg in mein Weihnachtsquartier entschieden. Doch der zweite puriyst, der erneut die Reise mit Austrian Airlines antrat, blieb auf der Strecke. Gleich nach dem Frühstück hatte er sich auf den Weg zum Flughafen begeben, um mir dann stündlich einen Zwischenbericht von dort aus zu liefern. Erst der Flieger defekt, dann ein neuer Flieger, der zu vollgetankt war. Plötzlich dann doch mit dem Bus zu irgendeinem Flieger, wo er dann mit geschlossenen Türen 20 Minuten stehen blieb, um dann ohne jegliche Information wieder zum Terminal zurückgefahren zu werden. Am Ticketschalter dann die Information, dass der Wiener Flughafen zu kleine und zu wenige Enteisungsmaschinen besitzt und es von Berlin-Tegel aus auch keine Landeerlaubnis gäbe. Der nächste Flieger würde den puriysten mit nach Berlin nehmen, doch auch dieser würde nicht „in time“ sein. Zur angekündigten Boarding-Zeit waren weder Personal von Austrian Airlines noch der Flieger vor Ort. An einem anderen Gate gab es dann die Auskunft, dass der Flieger gerade erst in Barcelona starten würde. Also dauerte es noch einmal Stunden. Gegen 22 Uhr ging es endlich in die Luft. Pünktlich zum Heiligabend sollte auch puriyst Nummer zwei im Familienkreise feiern dürfen. Gerade so. Unser Fazit für dieses Mal: Bahn top, Austrian Airlines flop.

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