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Yazd – Wüstengroßstadt anstatt Großstadtwüste

Yazd, Iran

Persische Melodien schallen aus dem Recorder an der Wand. Es mischen sich französische und deutsche Stimmen unter die Musik auf der kleinen Dachterrasse des Art House. Hinter mir stehen kleine Sukkulenten aufgereiht. Liebevolle Details verschönern die Lehmwände. Ob dekorative Keramikfliesen und -geschirr, prächtige Teppiche und Kissen oder schöner Schmuck – alles wird zum Kauf angeboten. Vor 6 Jahren hat Mehdi Mirzaee das Haus seiner Eltern ausgebaut. Nun befindet sich hier neben einer Ausstellung seiner eigenen Kalligrafien und der Zeichnungen seiner Frau Goli auch ein Café in dem Gemäuer. Von der Dachterrasse lasse ich meinen Blick schweifen – über die braun-beigen Altstadtgassen von Yazd. Windtürme sprießen aus dem Gewirr gen Himmel.

Yazd, IranYazd, Iran

Von der Kunst in Yazd

„No Wifi – Talk to each other, pretend it is 1985“ steht auf einer Tafel geschrieben, darunter wird als „Todays Special“ Camel Stew angeboten. Ich bin mir sicher, das ist nicht nur heute die Empfehlung des Hauses. Denn wo man auch zum Speisen hinkommt, Kamel ist hier die Spezialität. Ich begnüge mich mit einem Yazdi Kaffee, einem Yazdi Kuchen und einer selbstgemachten Limonade. Und da die anderen Touristen alle mit sich beschäftigt sind, unterhalte ich mich mit Mehdi. Der erzählt mir mit bescheidenem Stolz, was er im Haus seiner Eltern aufgebaut hat. Und dann verlieren wir uns in Gedanken über Kunst. Er zeigt mir verschiedene Bücher mit Kalligrafien. Es fällt mir schwer, mich von diesem bezaubernden Ort zu lösen. Doch meine Zeit in Yazd ist begrenzt.

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In den Altstadtgassen von Yazd

Wer orientalische Geschäftigkeit in den Gassen erwartet, wird hier enttäuscht. Die Straßen in dem Altstadtviertel Fahadan sind leer, hin und wieder begegne ich einer Touristengruppe. Egal wie eng und einsam es wird, hier fühle ich mich dennoch ziemlich sicher. Zugegeben, Teherans Altstadt war nach meiner Ankunft doch etwas zu viel Lärm, zu viel Menschen, zu viel dicke Luft. Von all dem gibt es in Yazd bedeutend weniger, dafür eine sehr gelassene Atmosphäre. Als Touristin falle ich hier weniger auf, doch als alleinreisende Frau bin ich wieder eine Exotin und so werde ich immer wieder interessiert angesprochen.

Yazd, IranYazd, Iran

Der Mond über der Silhouette

Als ich in der Nacht zuvor in Yazd ankam, bemerkte ich sofort, dass hier die Uhren anders ticken. Yazd ist eine der ältesten Städte Irans. Marco Polo beschrieb Yazd als die „noble City“ aufgrund seiner Seidenproduktion. Fast seidig sanft legte sich auch das Licht des Mondes über die Silhouette der Stadt, als ich nach meiner Ankunft auf die Dachterrasse meines Hotels ging. Ein wohliges Gefühl ergriff mein Herz. Als der leuchtende Himmelskörper die Jame-Moschee und die Kuppel des Rokn-od-Din Mausoleums vor der dunkelblauen Kulisse des Nachthimmels erstrahlen ließ, war mir sofort klar, dass ich hier noch eine weitere Nacht als geplant bleiben würde. Ich atmete die frische Luft ein und saugte die wohltuende Ruhe auf. Yazd hatte mich sofort umgarnt.

Yazd, IranYazd, IranYazd, Iran

Ein Spaziergang durch Yazd

Am nächsten Morgen begab ich mich in die Straßen der Stadt und ließ mich treiben. Die Straße war ruhig, doch ab dem Uhrturm wurde es durchaus geschäftiger. Die Straßen von Yazd werden Der Hidschab prägt das Straßenbild – zumindest mehr als im großstädtischen Teheran, wo das Tuch doch meist recht locker auf dem Hinterkopf der Frauen hängt. Doch an Touristen ist man sich auch hier gewöhnt und auch an das stetige Fotografieren.

Zunächst schaute ich mir den Meydan-e Amir Chaqmaq mit der Masjed-e Amir Chaqmaq und dem besonders auffallendem Arkadenbau Takiyeh Amir Chaqmaq an. In der Moschee wurde ich von einem iranischen Paar gleich als Deutsche enttarnt. Der Mann freute sich, mit mir Konversation zu betreiben und somit seine Sprachkenntnisse aufzufrischen.

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An der Ecke befindet sich die Konditorei Shirini Haj Khalife, diese gilt als Empfehlung vieler Guide Books und so mischten sich auch an jenem Morgen viele Touristen unter die Einheimischen in die Warteschlangen. Ich folgte der Straße weiter hinunter zum Basar. Es reihen sich verschiedene Läden aneinander – wieder sind viel Schmuck und persische Teppiche dabei. Im Basarkomplex auf der gegenüberliegenden Straßenseite fand ich Kupferarbeiten. Hier konnte ich den Handwerkern direkt bei der Arbeit zusehen. Als der Muezzin zum Mittagsgebet rief, leerten sich die Gänge im Basar.

Was Yazd ausmacht, sind die Moscheen, Mausoleen und Windtürme, die nicht zuletzt eine wunderschöne Skyline in den Himmel zeichnen, die man am besten von einer der zahlreichen Dachterrassen von Restaurants oder Hotels bewundert.

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Im  Altstadtviertel Fahadan

Am Nachmittag schaute ich mir das Altstadtviertel Fahadan an. Vor der Jame-Moschee sind große Kessel aufgestellt, in denen es köchelte und aus denen es dampfte. Touristen scharten sich um diese Feuerstellen und versuchten Dampf und Schweiß in Bild festzuhalten.

Das erste Mal merkte ich an meinem dritten Tag im Iran den Tourismus. In der Jame-Moschee standen überall französisch- und deutschsprachige Gruppen. Mein Taxifahrer hatte mir mit auf den Weg gegeben, aktuell sei High Season. Genau an diesen Orten wünschte ich mir mehr Nebensaison. Und dennoch freute ich mich für das Land, dass es als Urlaubsziel für ausländische Touristen so attraktiv ist. Die höchsten Minarette des Irans bohren sich in den strahlend blauen Himmel. Wände sind von prächtigen Mosaiken übersät. Junge Iranerinnen sitzen auf dem Boden und versuchen die Größe und Schönheit auf Papier zu bringen.

Yazd, IranYazd, IranYazd, Iran

Nicht weit von der Freitagsmoschee und meinem Hotel liegt das Mausoleum Seyyed Rokn od-Din, dessen türkisfarbene Kuppel mit blauem Gitternetz besonders schön hervorsticht. Hier liegt Rokn od-Din begraben, der die Freitagsmoschee gründete und verschiedene Stiftungen gründete.

Ich schaute mich weiter in der Umgebung um. Lehmziegelbauten zieren meist schöne Holztüren mit Schlössern. Hinter einer dieser Mauer befindet sich die ehemalige Schule, das Alexander-Gefängnis (Zendan-e Iskander oder Madrese Ziyai), in dem Alexander der Große laut einer Legende aufständische achämenidische Adelige eingekerkert haben soll. Unter dem Hof befindet sich ein Verließ, bei dem es sich wahrscheinlich um eine ehemalige Krypta handelt. Der Innenhof wird von Handwerksbetrieben und -shops wie Weber, Töpfer, Glaser gesäumt.

Und dann folgte ich dem leeren Gassengewirr, verlief mich, ohne je ein Ziel vor Augen gehabt zu haben. Als mich ein junger Mann nach diesem fragte, gab ich das Art Café an. Ohne zu zögern führte er mich hilfsbereit durch das Gassengewirr.

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Der Sound von Iran

Und dann sitze ich auf dem Dach und schaue über die Wüstenstadt, genieße die erholsame Ruhe. Aus dem kleinen Recorder neben mir an der Wand tönt „Man o To“. Es ist die Originalfassung aus dem Film Raving Iran. Das Lied wird auch am Abend auf der Dachterrasse meines Hotels gespielt. Dieses Lied begleitet mich, seit ich den Entschluss gefasst habe, allein in den Iran zu reisen. Als ich Bilder im Kopf hatte, die mir ein bedrückendes Gefühl hinsichtlich des Landes unter dem Hidschab vermittelten und doch meine Neugierde weckten. Das beklemmende Gefühl ist mir komplett fremd, seit ich iranischen Boden betreten habe. Und so verliere ich auch zunehmend diese Bilder im Kopf, während ich über die Dächer der Lehmbauten bis hin zur Wüste schaue und die Worte des Songs auf mich wirken lasse:

What a great moment when we sit on the porch, you and I
In two appearances and faces, but in one soul, you and I
you and I, with no you and I, unite for the sake of verve
gleeful and relished from distressful nonsense, you and I

Auch wenn ich den Iran allein bereise, bin ich nie allein. Alles schließt sich hier zu einem wir zusammen und hinterlässt ein wohliges Gefühl.

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Die Reise wurde unterstützt vom der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH und Germania.

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