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Der Ruf des Hirsches – Safari im Müritz NP

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Es ist ein sonniger Morgen am diesem Herbstwochenende, als ich morgens von Blankenförde über Zartwitz durch den Müritz NP radle, um pünktlich um 12 Uhr in Boek zu sein. Während Lars noch einmal umkehren musste, und ich allein durch die Kiefern-, Buchen- und Birkenwälder in die Pedalen trete, lausche ich im Fahrtwind dem Röhren der Gänse und Kraniche, die ich durch die Wipfel nur erahnen kann. Ich weiss nicht, wann ich das letzte Mal allein durch einen Wald geradelt bin, aber ich ahne, an diesem Morgen so ziemlich einsam auf diesem Weg zu sein.

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Und doch weiss ich auch, ich werde beobachtet. Denn in diesem Wald gibt es durchaus Leben. Seit ich nahezu jedes Wochenende regelmäßig den Müritz Nationalpark besuche, sind mir schon unzählige Rehe, ein paar Waschbären, Dachse, Füchse, Wildschweine und natürlich viele Raubvögel begegnet. Safari geht auch in Deutschland!

Nachdem ich letztes Jahr den Kranichzug am Rederangsee beobachtete, wollen wir dieses Mal der Hirschbrunft beiwohnen. Doch die brünftigen Hirsche wissen sich in diesem Paradies für Tiere gut zu verstecken. „Die sind ja auch nicht doof,“ bestätigt nur eine Stunde später unser Guide, mit dem wir in einer anderthalbstündigen Kutschfahrt-Safari den Wildpark Boek erkunden. Wo im Nationalparkgebiet als Zielvorstellung 1 bis 2 Tiere auf 100 ha kommen, sieht man hier im abgetrennten Bereich auf 80 ha Rot-, Damm- und Rehwild komprimiert. 100 %ige Erfolgsgarantie! Und der Erfolg setzt tatsächlich recht schnell ein, als wir am Horizont zwischen Buchen- und Eichenwuchs Dammwild entdecken. Schnell vergisst man, dass man sich hier in einem seit 1992 abgetrennten Bereich des 32.000 großen Müritz Nationalparks befindet.

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Doch dann taucht direkt vor uns das Geweih eines Hirschs auf. „Er ist noch jung, 3 bis 4 Jahre, aber aus dem wird mal ein Prachtkerl!“ meint unser Guide. „Schaut, wie der läuft!“, ergänzt er. Nicht wie, sondern wohin der läuft, möchte ich ergänzen, denn der Hirsch bewegt sich direkt auf uns zu. Früher setzte man Kutschen zur Jagd ein, da Pferde im Revier das Wild zähmten. Daher ist auch die Idee einer Safari per Kutsche nicht neu. Immer weiteres Rotwild kommt in unsere Richtung und läuft nur 2 Meter entfernt an uns vorbei. Hirsche, Rehe und Wildschafe bleiben stehen, lassen sich fotografieren. Nur röhren wollen die männlichen Hirsche nicht. Nicht mehr! Denn die Rotwildbrunft geht gerade zu Ende. Als nächstes setzt das Dammwild ein, aber noch scheint dieses nicht bereit zur Fortpflanzung zu sein. Als wir einen Abstecher zur Kastanienkehre machen, entdecken wir wieder viele Rehe im Dickicht. Über uns kreist ein Seeadler. Unser Guide und auch wir sind begeistert. 2,40 m Flügelspanne!

Wildbeschauung

Wildbeschauung

Zutraulicher Hirsch im Wildpark Boek

Zutraulicher Hirsch im Wildpark Boek

Nach 1,5 Stunde kehren wir zum Gutshaus Boek zurück. Hier genießen die Touristen auf den Terrassenplätzen unter dem leuchtenden Laub der Bäume die Herbstsonne. Boek ist ein altes Gutsdorf, das einen harmonischen Übergang zum Nationalpark schaffen soll. Markant sind neben dem Gutshaus, das im kommenden Jahr wieder im alten Stil restauriert werden soll, die Landarbeiterhäuser aus den 30er Jahren und die Backsteinkirche im gotischen Stil.

Buntes Durcheinander im Wildpark Boek

Buntes Durcheinander im Wildpark Boek

Auch wenn wir schon häufiger hier waren, wollen wir doch noch ein bisschen die Landschaft um den einzigen Ort am Ostufer der Müritz erkunden. Ein Gebiet, das laut unseres Guides schon immer sehr beliebt war und vor allem als Jagdzone diente.

So gehörten dem Leipziger Großverleger Kurt Herrmann in den 30er und frühen 40er Jahren viele umliegende Güter mit weiten Ländereien und seinem Jagdhaus in Speck. 1931 richtete er ein ca. 7.000 ha großes umzäuntes Wildgatter mit vielen exotischen Wildarten ein, doch 1945 wurde er enteignet. Dennoch war das Gebiet erneut ab 1969 nicht für jedermann zugänglich. So wurde das „Staatsjagdgebiet Müritz“ als persönliches Jagdgebiet für den ehemaligen DDR-Ministerpräsidenten Willi Stoph eingerichtet.
 Auch einen Jagdsitz erhielt Stoph vom Ministerium für Staatssicherheit – auf dem Specker Horst, östlich des Großen Specker Sees.

Blick auf die Müritz

Blick auf die Müritz

Blick von der Aussichtplattform auf die Binnenmüritz

Blick von der Aussichtplattform auf die Binnenmüritz

Genau dahin wollen wir radeln. Wir verlassen den Ort Richtung Westen am Campingplatz vorbei und fahren auf die Müritz geradezu. Von dem Aussichtspunkt „Doppelkiefergraben“ genießen wir den Blick über die Müritz. Dann geht es mit unseren Mountain Bikes über ungeteertes Terrain an einem Graben entlang Richtung Federow. Der Weg führt an der Müritz entlang vorbei an wunderschöne Moor und Dünenlandschaften – zwei Aussichtspunkte ermöglichen den Blick über die Müritz, Binnenmüritz und Specker Horst. In Schwarzenhof trifft der Radweg auf die Straße. Wir radeln von hier in das 4,5 km entfernte Dörfchen Speck – bekannt durch sein Gutshaus. Hier wird auch am Sonntag gewerkelt. Ein Schild mit „Betreten verboten“ hindert uns daran, einen näheren Blick auf das Gelände zu werfen.

Ca. 1 km hinter dem Dorf liegt der 100,3 m hohe Käflingsberg, auf dem sich gleichnamiger Mobilfunksendeturm befindet, der seit 2000 auch mit seiner 31 m hohen Aussichtsplattform Besuchern einen Überblick über den herrlichen Müritz Nationalpark bietet und gleichzeitig als Feuerwachturm dient. Der freistehende Stahlfachwerkturm ist über 167 Stufen zu erklimmen. doch die Anstrengung lohnt sich. Von der Plattform aus genießen wir den Ausblick auf die ausgedehnten Waldgebiete des Müritz-Nationalparks, verschiedene Seen und das Havelquellgebiet, der leider durch das diesige Wetter etwas getrübt ist. Bei klarem Wetter kann man bis zu den Städten Waren (Müritz), Röbel, Neustrelitz und manchmal sogar Neubrandenburg sehen, sagt die Beschilderung.

Spinnennetz im Kiefernwald

Spinnennetz im Kiefernwald

Käflingsbergturm

Käflingsbergturm

Junger Hirsch

Junger Hirsch

Wir durchqueren dichte Kiefernwälder – künstlich geschaffene Wälder, deren Baumbestand absichtlich so dicht gesetzt wurde, damit die Bäume nach oben streben. Die Sonne kämpft gegen dieses nadelige Bollwerk an, nur wenige Strahlen gelingt es, ihr Licht und ihre Wärme auf unsere Haut zu senden. Im gedämpften Schein der Sonne leuchten zwischen den hochgewachsenen Stämmen der Nadelbäume frisch gesponnene Netze. In der Ferne ertönt das Hacken eines Spechts. Auch wenn es sich einsam anfühlt, im Wald ist man nie allein.

Herbstlicher Sonnenuntergang in Blankenförde

Herbstlicher Sonnenuntergang in Blankenförde

Buntes Durcheinander im Wildpark Boek

Buntes Durcheinander im Wildpark Boek

Informationen:

Käflingsbergturm: Der Turm ist von Mai bis Oktober für Besucher kostenlos zugänglich. Da er innerhalb des von einer Autoschranke geschützten Bereichs liegt, bietet sich eine Wanderung oder Radtour von Speck aus an.

Boek: Der 100 Einwohner zählende Ort ist touristisches Zentrum an der Ostseite der Müritz. Somit findet man auch einige Unterkünfte und Restaurants wie Restaurant Jägerrast, Hotel Müritz Park, Residenz am Ostufer, Der Schloßkrug im Gutshaus Boek oder die neben dem Gutshaus gelegene Scheune mit leckeren Torten und Kuchen.

Wildpark Boek: Ticket 13 EUR; 1,5 stündige Tour; Start: 10 Uhr, 12 Uhr, 14 Uhr, 16 Uhr

Radtourvorschlag von Boek – Schwarzenhof – Speck – Boek

Schmetterling auf faulendem Obst

Schmetterling auf faulendem Obst

 

2 Kommentare

  1. Super schöne Bilder. Vor allem das Spinnennetz. Lädt echt zum auf die „da muss ich mal hin“ Liste schreiben ein.
    Viele Grüße
    Regina

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