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Santa Clara – Che und wo das Herz Kubas schlägt

Santa Clara Kuba

Vor uns galoppiert ein Reiter auf der Serpentinenstraße der Sierra del Escambray. Eine Kutsche biegt in das Feld ab. Räder, Fußgänger, Busse, Traktoren, Oldtimer – dazwischen ein Hund oder ein Schwein. Alles ist möglich in einem Land, in dem vieles nicht möglich ist. Was ist echt, was unecht? Häufig fragen wir uns das auf unserer Reise durch Kuba. Und dann kehren wir in diese Stadt zurück, die noch immer revolutionären Duft versprüht. Die Stadt, in der einst Che Guevara dem Batista Regime den Todesstoß versetzte und den Sieg der kubanischen Revolution besiegelte. Hier scheint immer ein Stück mehr möglich zu sein – sagt man.

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Meine Rückkehr nach Santa Clara ist weniger aufregend als meine Ankunft zwei Wochen zuvor. Inmitten von Tabakfeldern waren wir gelandet. Der einzige Flieger aus Alemania. Noch später fragten uns Einwohner verwundert, ob wir wirklich direkt aus Deutschland nach Santa Clara gekommen seien. So stolz die kleine Stadt auf ihre Geschichte ist, so verunsichert ist sie wohl bezüglich Touristen. Rundreisetourismus, der für einen Stopp am Che Guevara Mausoleum und Monumento a la Toma del Tren Blindado hält, kennt man. Und auch die zahlreichen argentinischen Pilgerer. Aber ansonsten suchen westliche Touristen doch lieber die nahe gelegenen paradiesischen Küstenregionen auf, anstatt das geografische Zentrum und Herz der Revolution. Tatsächlich erzeugt auch bei mir das enge Straßengewirr mit seinen verfallenen Häusern im ersten Moment ein Schluchzen. Diese Stadt ist Kuba pur – unverfälscht und ungeschönt.

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Nachdem wir unseren Mietwagen abgegeben haben und zu Fuß durch die Straßen schlendern, macht sich eine bunte Mischung an Jugendlichen auf den Weg in Kneipen und Bars. Vor dem Kulturhaus im Parque Vidal tanzen herausgeputzte Rentner zu einer Live Son-Band. Lasziv kreisen sie Hüften, schwenken die Schultern und gehen in die Knie. Junge Kubaner kommen mit Einkauftüten oder Blumen vorbei, die sie spontan ablegen, um sich den tanzenden Rentnern anzuschließen. Kleine Kinder hingegen umrunden den Platz in kleinen Ziegenkutschen. Es ist das Kuba abseits von abgesperrten Hotelkomplexen, das wir an diesem Sonntag auf dem Hauptplatz erleben. Als die Musiker ihre Instrumente beiseite legen und das Tanzvolk sich in alle Himmelsrichtung verteilt, stimmen die Sittiche ihren Gesang an und die Bäume erklingen.

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Am nächsten Morgen laufen wir zum historisch wichtigen Platz – dem Güterwagenmuseum (Monumento a la Toma del Tren Blindado), das sich im Nordosten der Stadt zwischen dem Rio Cubanicay und natürlich direkt an den Gleisen befindet. Hier brachte Che Guevara mit 18 jungen Revolutionären am 29. Dezember 1958 einen gepanzerten Zug mit 350 schwer bewaffneten Regierungssoldaten, die Nachschub an die Front bringen sollten, zum Entgleisen. Nur mit einem Bulldozer und selbst gebauten Molotow-Cocktails! Der Bulldozer thront heute noch auf einem Sockel – umgeben von den Waggons, in denen man sich Originalausstellungstücke und auch Kunst zum Thema ansehen kann.

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Santa Clara auf Kuba – Wo Ches Fans auf ihre Kosten kommen

Wem dies nicht genug revolutionäres Gefühl vermittelt, fährt gleich im Anschluss zum 2 km westlich vom Parque Vidal gelegenen Kultur-Komplex des Comandante Ernesto Che Guevara. Direkt am Plaza de la Revolución befinden sich Denkmal, Mausoleum und Museum – all for free. Zum 20. Todestag Ches 1987 wurde eine riesige Figur des Comandante aufgestellt. Hinter dem monumentalen Platz mit Statue befindet sich der Eingang zum Mausoleum. In diesem lodert die von Fidel Castro am 17. Oktober 1997 höchstpersönlich entzündete ewige Flamme. Diese soll an die Revolution erinnern und an ihre Helden. Auf das sie unsterblich bleiben. Neben Ches Überreste fand man 1997 in einem Massengrab im bolivianischen Vallegrande – auch die von 16 weiteren Guerilleros.

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Im angeschlossenen Museum sind Erinnerungsstücke aus dem Leben von Che zu sehen. Es ist eine nüchterne Betrachtung. Und dennoch überkommt mich ein komisches Gefühl. Dieser geschichtlich gut aufbereitete Ort steht im krassen Kontrast zu dem Fundort der Leichen in Bolivien. Mir drängen sich Gedanken auf – vier Jahre zuvor stand ich auf dem kleinen Flugfeld in Vallegrande, auf dem man die Leichen verscharrt hatte. Inmitten einer totalen Stille, die nur die Grillen und Vögel durchbrachen, stand ich vor ein paar Kreuzen. Ich wunderte mich darüber wie Mitwisser 30 Jahre absolutes Stillschweigen wahren konnten. Niemand wusste bis 1997 scheinbar von diesem Platz. Umso intensiver waren hier meine Gefühle, verglichen zu denen, die ich nun in dieser kubanischen Gedenkstätte habe.

Ohne je gezielt auf Ches Spuren gereist zu sein, wurde mir jedoch bewusst, dass sich hier der Kreis schließt. 2011 war ich in Ches Geburtsstadt – dem argentinischen Rosario – 2010 an dem Ort, an dem er Jahrzehnte begraben war und in dessen Nähe er sein Leben ließ – dem bolivianischen Vallegrande – 2014 nun stehe ich in seinem Mausoleum, im Herzen der kubanischen Insel.

Ich atme leicht auf – von Che ist mehr geblieben als ein Motiv auf abgetragenen T-Shirts.

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Tipps:

  • Wir haben unseren Mietwagen (KIA) eine Woche vor Abflug über eine deutsche Vermittlungsagentur (www.kuba-mietwagen.de/ www.kuba-erlebnisreisen.de) bei Cubacar reserviert. Die Abholung erfolgte jedoch nicht am Flughafen, sondern im Stadtbüro direkt im Zentrum von Santa Clara in der Straße Marta Abreu. Der Preis pro Tag lag bei 35 EUR. Hinzu kommen Vollkasko 15 CUC pro Tag und 150 CUC Kaution.
  • Kultur-Komplex des Comandante Ernesto Che Guevara: Täglich außer montags geöffnet. Kostenlos! Taschen und vor allem Kameras werden in einer Gepäckaufbewahrung etwas versteckt links vom Eingang abgegeben. Es wird strengstens kontrolliert. Damit man sich nicht zweimal anstellen muss, sollte man dies gleich tun.
  • Fábrica de Tabacos Constantino Pérez Carrodegua: Montecristo, Partagás, Romeo y Julieta – alle werden hier produziert. Uns blieb jedoch nur der Blick durchs Fenster und ein begeistertes Winken der Arbeiter. Leider blieb uns die Führung verwehrt, da wir uns nicht bei Cubatur angemeldet hatten und wir auf den nächsten Tag verwiesen wurden. Doch da waren wir schon in Deutschland.
  • Sehr guten Kaffee gibt es im La Veguita – gegenüber der Zigarrenfabrik – wo man sich am Ende einer Reise auch noch mit Zigarren eindecken kann. (Calle Maceo 176A)
  • In 1,5 Stunden ist man auch schon am Meer. Die Cayeria Norte erreicht man Richtung Norden über die alte Stadt Remedios.
  • Unser Unterkunftstipp: Hostal Buena Vista (‪Calle Maceo 335 Entre | San Miguel y Nazareno, Santa Clara‬)
    Liebevoll kümmern sich die Gastgeber Santiago y Yardenia um das Wohl ihrer Gäste.
  • Santa Clara erreicht man in ca. 12 Stunden in einem Direktflug mit Condor von München aus.

Weiter Kuba-Tipps findet Ihr unter unter: http://puriy.de/kuba_tipps/

2 Kommentare

    • Gute Idee, Jürgen. Santa Clara ist nicht so glatt gebügelt wie Trinidad aber hat durchaus einiges zu sehen, auf Grund seiner Geschichte. Ein 1-2 Tage-Stopp lohnt sich. LG, Madlen

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