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Tiefer geht’s nicht – Vom See Genezareth zum Toten Meer

Genezareth, Israel, puriy

Blau-weiße Sonnenschirme zieren den rauen Kieselstrand, der in das strahlend blaue Wasser des Sees Genezareth abfällt. Vögel kreisen über uns. Eine Brücke führt hinaus auf das Wasser. Hinter mir frisst sich eine kleine Stadt in die Tiefe. Auf 200 m liegt Tiberias. Der See vor mir liegt noch tiefer und rangiert damit gleich hinter dem Toten Meer. Er gilt als tiefster Süßwassersee der Erde. Sein Wasser brennt nicht auf der Haut, sondern dient als wichtige Quelle Israels, aus der ca. ein Viertel des gesamten Trinkwassers stammt.

Der See ist nicht nur eine lebenswichtige Quelle, er trägt auch viele Boote täglich hinaus, deren Passagiere den Zeiten Jesu Christi aufspüren wollen. Auch wir sind morgens auf den Spuren Jesu unterwegs, der hier in Galiläa einen Großteil seines Lebens verbrachte.

Ein Boot mit einer gehissten amerikanischen Flagge kehrt an die Mole zurück. Die Touristen von Übersee tanzen ekstatisch zu Gospel auf dem Deck. Sie scheinen den Spirit gespürt zu haben, der sich auf diesem heiligen Gewässer befindet, über das einst schon Jesu angeblich lief. Auch wir besteigen ein Boot, das dem 2000 Jahre alten antiken Jesus-Boot nachempfunden ist, das hier 1986 unter Wasser gefunden wurde und nun im Yigal-Alion-Museum besichtigt werden kann. Eine deutsche Flagge befindet sich nicht an Bord. Und auch die angeschlagenen Klänge sind um einiges melancholischer, israelisch. Zum Abschlusssong von Schindlers Liste – Yerushalayim shel zahav –  fahren wir hinaus und schauen immer wieder auf die gegenüberliegende Seite, die zum Greifen nah ist. Im Morgendunst bleiben die Berge jedoch nur leichte Schatten, als wollen sie etwas verbergen. Erst unter der stärker werdenden Sonne lüftet sich die weiße Schicht und gibt eine karge beige-braune Berglandschaft frei, die sich gen Himmel schiebt. Ich versuche diesen Bildausschnitt mit all den medialen Fetzen zusammenzubringen, die mich bisher nur in den Nachrichten und im Studium begleiteten. Fern waren sie immer, die Golanhöhen, nun sind sie ziemlich nah, so nah, dass man vom Berg in das Wasser spucken kann.

Am Nordrand liegt der alte Hafen von Magdala (Migdal), der Heimatort der Maria Magdalena. Hinter einem kleinen Einkaufszentrum versteckt finden hier aktuell Ausgrabungen statt und brachten bereits die Reste einer Synagoge aus dem ersten Jahrhundert mit Mosaikfußboden, umlaufenden Steinbänken und freskengeschmückten Wänden zutage, die wahrscheinlich im jüdischen Aufstand gegen die Römer zerstört wurde.

Noch ein Stück weiter nördlich vom See Genezareth lassen sich regelmäßig Zugvögel nieder. In der sonst so kargen Landschaft Israels ist das Hula Nature Reserve eine grüne Oase. Zehntausende Vögel wie Kraniche, Störche, Pelikane, Kormorane und Reiher halten sich zeitweise auf ihrem Weg zwischen Europa und Afrika oder dauerhaft aufgrund des enormen Futterreichtums im Reservat auf. Mit Rad, Buggy oder zu Fuß kann man den Tier- und Pflanzenreichtum entdecken. Als wir in unseren Kibbutz Ginosar zurückkehren, herrscht bereits leichte Aufregung und helle Vorfreude, die wie jeden Freitagabend den Shabbath einläutet. Festliche Kleidung wird getragen. In der Gartenanlage unseres Kibbutz-Hotels werden Plastikstühle zurechtgerückt. Grillen zirpen im Schatten der Palmen während auf dem Rasen gepicknickt wird. Am siebten Tage sollst Du ruhen, wird hier nicht ganz wörtlich ausgelegt, denn lange wird im Garten beisammen gesessen.

Über dem See Genezareth wacht nur 4 km westlich der Berg Arbel, auf dem sich die Ruinen einer Festung und einer Synagoge befinden. Wir fahren hinauf, um von der schwindelerregenden Klippe eine wunderschöne Aussicht über den See, die Golanhöhen und Galiläa zu genießen und auf der gegenüberliegenden Seite zugleich die eingefrästen Löcher von Höhlenwohnungen zu bestaunen, in die sich einst Hasmonäer, die gegen König Herodes kämpften, zurückzogen. Will man zu der Festung weiterwandern, muss man schwindelfrei sein und auch seine Hände an der Steilpassage benutzen.

Wir begeben uns vom Berg Arbel wieder hinab an das Seeufer und folgen der Straße gen Süden – immer dem Jordan entlang. Die Verbindungsachse vom See Genezareth zum Toten Meer bleibt jedoch meist im grünen Tal verborgen. Bananen, Oliven, Weintrauben – hier blüht und grünt viel im Freiland aber auch unter den Gewächshausplanen. Vor uns taucht ein Checkpoint auf, den wir langsam durchfahren. Ein kurzer Wink und schon sind wir in der Westbank.

Die Landschaft wird karger, der Grenzzaun zu Jordanien verläuft direkt am Straßenrand, ein alter, verrotteter Panzer ist Zeuge des Kampfes im Sechs Tage Krieg um dieses Stück Land. Am Nordufer des Toten Meeres, an dem die letzten Grünflächen in Wüste übergehen, liegt eine Rast- und Tankstelle, der Treffpunkt hier schlechthin. Von hier werden bereits kleine Wüstentouren auf dem Kamelrücken angeboten. Auch wir rasten noch einmal kurz, bevor wir erneut einen Checkpoint durchqueren. Mit israelischem Kennzeichen kein Problem, mit einem grün-weißen Nummernschild der Palästinenser schon eher. Ahava-Schilder weisen den Weg zur bekannten Fabrik, die Produkte aus dem Toten Meer-Salz ins Ausland exportiert. Nur noch wenige Schritte sind wir entfernt vom tiefsten Punkt der Erde, an dem man tatsächlich fast über das Mineralien- und salzreiche Wasser gehen kann oder zumindest über ihm schweben.

Im Reisegepäck hatte ich das DUMONT Reise-Handbuch Israel, Palästina, Sinai, 3. aktualisierte Auflage 2015

Ich wurde von Israel Tourismus eingeladen. Alle Ansichten sind meine eigenen. 

1 Kommentare

  1. Danke für die erfreuliche Erinnerung an die Israel-Exkursion!

    Ganz gut, dass ich die Wandertour am Berg Arbel nicht mitgemacht habe: So, wie Yair da in der Felswand hängt, hätte ich mit meinen Gehstöcken ganz schön alt ausgesehen.

    Gruß aus dem Donautal

    Wolfgang

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