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Zauberhaftes Valbona Tal – Wandern in den Albanischen Alpen

Albanische Alpen, Valbona

Verschlafen steigen wir in das Taxi, dass uns zum Treffpunkt für den Transport nach Komani bringen soll. Der Zeiger hat noch nicht die 5 Uhr erreicht. Doch das idyllische Valbona Tal in den Albanischen Alpen lockt. Tirana liegt ruhend am Fuße der Berghänge. An einer Tankstelle soll es losgehen. Und tatsächlich hat sich vor den Zapfsäulen der Gazheli schon eine Handvoll Reisender eingefunden, die später, als der Van vorfährt, nicht alle ins Auto passen. Schnell wird ein zweiter Wagen organisiert. Gequetscht wird trotzdem und auf unserer Fahrt in den Norden immer wieder Platz geschaffen, um weitere Passagiere aufzunehmen.

Als das Land unter den Nebelschwaden, die sich über die Felder am Wegesrand legen, aufwacht, lauschen wir den orientalisch angehauchten Klängen, die aus den Boxen schallen. Meine Müdigkeit verfliegt erst, als nach etwas mehr als 2 Stunden und einer kurzen Kaffeepause linkerhand der Stausee auftaucht. Die Straße wird enger und holpriger, aber dafür szenischer. Löchriger Asphalt bremst uns aus. Der von einem Bergprofil gerahmte türkise Stausee leuchtet kräftig durch die Scheiben. Um 8.30 Uhr kommen wir plötzlich im Tunnel bei der Ortschaft Komani abrupt zum Halten und müssen den Rückwärtsgang einlegen. Nun geht es Fuß hindurch. Der Grund für das Wendemanöver wird uns am Hafen bewusst, wo kein Platz für Autos und Busse mehr frei ist. Und auch die zwei Fähren, die im Hafen liegen, sind bereits gut gefüllt.

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Mit der Fähre über den Koman-Stausee

Wir gehen an Bord der Fähre von Berisha. Nur mit Mühe finden wir auf dem Oberdeck ein Plätzchen auf dem Boden. Zusammengepfercht fährt hier der Wandertourist in die Albanischen Alpen. 2,5 Stunden werden wir nun so hocken. Und auch die Abfahrt verschiebt sich noch um eine halbe Stunde.  Um 9.30 Uhr sticht die Fähre dann in den See. Satte grüne Berghänge umhüllen das leuchtende Wasser des Drins, später fallen schroffe Felswände steil in den See ab. Bilder, die mir diesen Ort und diese Anreise schmackhaft machten, wollen nicht ganz mit dem Augenblick zusammenfließen. Denn was ich aus meiner Position der übervollen Fähre wahrnehme, ist nur ein kleiner Ausschnitt der atemberaubenden Landschaft, die an norwegische Fjorde erinnert.

Wie ein langer Schlauch zieht sich der Koman-Stausee über 34 Kilometer durch das schmale Tal und ist kaum mehr als 400 Meter breit. Die Sonne knallt gnadenlos vom wolkenlosen Himmel. Um 12 Uhr erreichen wir den geschäftigen Hafen von Fierza. Autos verlassen die Fähre, neue wollen drauf. Schnell werden wir von einem Fahrer angesprochen, der mit 9 Passagieren auch nur eine halbe Stunde später losfährt.

Eine Straße schlängelt sich zwischen die Schluchten der Albanischen Alpen. Im Valbona Tal, das wir eine Stunde später erreichen, liegen die meisten Unterkünfte. Oftmals sind dies Hütten oder ein paar Zimmer, die Familien vermieten. Doch erste Anzeichen lassen ahnen, dass hier bald Größeres passieren kann, um der Nachfrage gerecht zu werden. Der Charme mag dabei auf der Strecke bleiben.

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Wanderung zum Wasserfall Ujvara

Ich starte recht spät auf meine erste Wanderung, die mich zunächst immer der Straße entlang in das Oberdorf führt. Von meiner Unterkunft, der Villa Jezerca, dauert es ca. eine Stunde bis zum Hotel Margjeka. Von dort steige ich hinab in das ausgetrocknete Flussbett, wo ich die rot-weiße Markierung des Wanderwegs nach Theth suche. Schutz vor der Sonne, die um 11 Uhr gnadenlos vom Himmel scheint, finde ich hier kaum. Es sind die heißesten Tage, die auch die Einheimischen zum Stöhnen bringen. Albanien wartet mit 362 km Küstenkilometern auf – entlang der Adria und dem Ionischen Meer. Warum tue ich es den meisten nicht gleich, sondern wandere durch die nicht wirklich kühleren Berge? Doch wenn ich später dem Rauschen des Baches und dem Läuten der Ziegenglocken lausche, mit meinem Blick die umliegenden Berggipfel erklimme und mit meinen Gedanken abschweife, weiß ich, gerade jetzt am richtigen Ort zu sein.

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Nach etwas mehr als einer halben Stunde erreiche ich eine kleine Siedlung, hier führt der Weg weiter über den 1812 m hohen Valbona Pass nach Theth. Die Wanderer, die von hier noch 9 km zu bewältigen haben, sind wesentlich früher als ich aufgebrochen. Ich laufe weiter durch ein Flussbett und erreiche bald auf einer kleinen Anhöhe eine Blockhütte, das Guesthouse Ujvara. Daneben plätschert ein Mühlenrad. Hier genieße ich auf der Terrasse als einziger Gast die graue Bergkulisse mit schroffen Felskuppen und sanften Baumwipfeln, die im leichten Dunst liegen. Schmetterlinge flattern aufgeregt durch die Luft. Das Meckern der Ziegen und Läuten der Glocken schallt aus dem Tal hinauf und durchbricht die Stille, die diesen Ort umschließt. Hier verlieren sich Touristenmassen von der Fähre. Die Wirtin in Adiletten und einem Spitzentop gekleidet bringt mir ein kühles Getränk. Schnell zieht sie sich wieder zurück, lässt mich mit der Natur allein. Als die ersten Wanderer und Esel mit dem Gepäck aus Theth ankommen, setze ich meine Wanderung in der Mittagshitze fort und erreiche bald das Kafé Emanueli. Hier nehme ich nicht den Anstieg nach Theth, sondern folge der Wasserleitung bis zu einem Bach und einer Brücke. Ein Pfad führt durch den Wald hinauf – ich folge dem Rauschen bis sich vor mir bald der Blick auf den Wasserfall öffnet und hinab ins Tal.

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Wanderung zum Aussichtspunkt über Kukaj

Es ist wieder spät am Morgen, als ich mich auf den Weg zu meiner nächsten kleinen Wanderung begebe. Eine Stunde später erreiche ich Kukaj. Niemand, der mir auf dem Weg begegnet. Drei verstreute Häuser kann ich ausmachen, an einem wird gewerkelt. Von hier trennen sich die Wege. Gerade als ich am Wegweiser versuche, die Richtung für den Aussichtspunkt auszumachen, kommen mir Wanderer entgegen. Sie meinen, sie seien nicht ganz bis hochgelaufen, da man am Ende wohl auch die Arme einsetzen müsse. Ich folge dem Schild Bregu i Rhethit Gropa Shkrete. Von Kukaj aus geht es auf einem unbefestigten Weg immer hinauf, durch Farne und teilweise unter schattenspendenden Bäumen. Ein fantastischer Ausblick über den Valbona Pass und das Valbona Tal bietet sich von mehreren offenen Stellen. Am Ende muss ich tatsächlich die Hände zum Klettern einsetzen.Das Zwitschern der Vögel und das Hämmern des Spechtes begleitet mich. Hier oben bin ich mit mir allein. Es sollen mir keine weiteren Wanderer begegnen.

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Je mehr ich mich der kleinen Ortschaft Kukaj auf meinem Rückweg talwärts nähere, desto mehr mischen sich Kuhglocken unter das Rauschen des Windes in den Baumwipfeln und das Zirpen der Grillen. Kurz nach 13 Uhr erreiche ich wieder Kukaj und kehre im einzigen Café ein. Auf der Terrasse sitzt bereits eine Gruppe, die sich lauthals unterhält. Die Landidylle lässt sich nur schwer stören. Im Schatten rekelt sich eine Babykatze, Hühner gackern aufgeregt herum. Die Tochter des Hause bringt mir einen türkischen Kaffee. Ich setze mich etwas abseits der tschechischen Gruppe – mein Blick in die Weite, der Geist klar und frei.

Nachdem ich zurück im Tal bin, bleibt noch Zeit für ein kühlendes Bad. Der rauschende Fluss Valbona ist in jenen heißen Tagen Anziehungspunkt für viele Touristen, die sich entlang der Ufer auf den warmen Steinen sonnen.

Ich suche mir einen kleinen Fels im Fluss, von dem ich meine Beine ins eisige Wasser baumeln lasse. Mein Blick folgt den wenigen Wolken, die am Himmel vorüberziehen. Meine Ohren lauschen dem Rauschen und Singen der Vögel und blenden die Stimmen der anderen Badegäste aus. Meine Nase saugt die Frische der Bergluft ein. Könnte man mit seinen Sinnen auf Vorrat tanken, würde ich hier meine Speicher aufladen.

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Am nächsten Tag gehe ich anders als geplant erneut an Bord einer Fähre, dieses Mal von Alpin. Das Wegkommen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln muss geplant sein, anderenfalls greift man tief in die Tasche. Ich treffe auf spanische und britische Rucksackreisende, mit denen ich dieses Mal viel Platz auf den Außenflächen der Fähre teile. Somit komme ich doch noch in den Genuss, die schroffen Felswände über dem Wasser zu bestaunen. Allerdings scheint heute das Wasser nicht mehr türkis.

Dunkle Wolken hüllen heute die Gipfel ein. Es soll nicht lange dauern, dass sich Blitze zwischen die Felswände schieben und der Donner durch das Tal grollt. Und dann prasselt der Regen nieder und ertränkt die Hundstage unter sich. Wir strecken ihm unsere Gesichter entgegen, um die längst überhitzte Batterien unserer Körper abzukühlen.

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Was man sonst noch wissen sollte?

Transport:

Zwei Autofähren verkehren zwischen Koman und Fierza
Berisha: Koman-Fierzë: 9-11.30 Uhr // Fierzë-Koman: 13 -15.30 Uhr
Alpin: Fierzë-Koman: 9-11.30 Uhr // Koman-Fierzë: 12-14.30 Uhr

Ich habe einen Minisbus von Tirana nach Koman genommen, der jeden Morgen um 5 Uhr von der Gazheli-Tankstelle abfährt. Eine Vorreservierung in der Hochsaison wird geraten.

Es gibt keinen Busverkehr direkt ins Tal. An dem Fähranleger in Fierzë warten zu den Ankunftszeiten Taxen, die die die Touristen nach Valbona fahren. Will man wieder abreisen, klärt man dies am besten in seiner Unterkunft. Diese versuchen Dir immer gleich auch noch die Fähre mit zu verkaufen. Man kann jedoch auch mit Taxi nach Bajram Curr fahren und von dort einen Bus nehmen. Die meisten wandern aber ohnehin nach Theth und werden von dort weiterreisen.

Übernachten:

Ich schlief in einer Hütte des Jezerca Guesthouse. Auf der Seite Journey to Valbona findet man weitere Unterkünfte und Informationen. Wer es etwas abgelegener mag, dem würde ich das Guesthouse Ujvara in Ujvara empfehlen. Es verfügt über zwei Zimmer mit 4 Betten pro Person 15 Eur inkl. Frühstück. Alternativ in Kukaj das Kukaj Guesthouse.

Verpflegung:

In den Unterkünften wird meistens auch Essen angeboten. Außer kleine Kioske gibt es jedoch keinen Laden, in dem man Lebensmittel erwerben kann.

Wanderungen:

Wer nach Valbona reist, tut dies meist mit der Intention, wandern zu wollen. In der Hochsaison ist einiges los. Die meisten Wanderer nehmen sich jedoch die Tageswanderung nach Theth vor, die ca. 8 h dauern soll. Von Theth aus kann man dann im Minibus nach Shkoder weiterreisen. Auf den anderen Wanderwegen kann man  durchaus mal niemandem begegnen.

Ich reist mit dem Reiseführer Albanien aus dem Trescher Verlag. Leider empfand ich das Kapitel über das Valbona-Tal empfand ich allerdings zu mager.

Ich reiste allein Anfang August 2019. Mein Rat – besucht das Valbona-Tal in der Nebensaison.

 

1 Kommentare

  1. David sagt

    Bin selber noch nie auf die Gegend aufmerksam geworden. Scheint aber ein richtige Geheimtipp zu sein. Vielen Dank dafür! Ich werde auch nach langer Zeit bald endlich mal wieder ausgiebig wandern gehen, kann es kaum erwarten.

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