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Maya-Power und 18 Kaninchen in Copan

Copan Honduras

Es liegt eine Ruhe über den Wipfeln von Mangobäumen und Zedern als wir zum Quebrada Sesesmil hinablaufen. Orchideen, Kakao- und Ingwerpflanzen ranken auf den Weg. Immer wieder flattern Vögel, Falter und Libellen über unsere Köpfe hinweg, schweben frei zwischen Himmel und Erde. Doch dann passieren wir auch Voliere mit Papageien, Aras, Tukane und Eulen – 12 gibt es aktuell davon. Weniger gefährlich sei es, ein solches Vogelparadies zu erschaffen, sagt Lloyd Davidson der diesen Vogelpark vor 2003 aufgebaut hat. Weniger gefährlich als vor der honduranischen Küste zu fischen, wie er es einst tat. Zu viele Drogenschmuggler und Banditen hätten ihm die Laune an den Fischen verdorben. Und so sattelte er, als man ihm erst einen, dann zwei, dann immer mehr verletzte Vögel brachte, vor 10 Jahren kurzerhand auf eine Art Rescue Center für Vögel um und kann gleichzeitig das an den Vögeln gut tun, was er in Bezug auf die Fische auf dem Gewissen hat. Morgen werden zwölf Aras wieder dort in die Freiheit entlassen, wo Lloyd früher seine Fische fing, vor den Bay Islands, sagt er uns mit ein wenig Stolz und Aufregung. Mehr als 200 Vögel leben inzwischen in seinem Macaw Mountain Bird Reserve, aus dem einstigen Fischer ist ein echter „Vogelmann“ geworden, so nannten ihn immer seine Freunde an der Küste.

Ara, Copan Honduras

Ara

Badender Ara, Copan Honduras

Badender Ara

Schon von den Mayas geschätzt

Schon von den Mayas geschätzt

Tukan

Tukan

Zugegeben, ich bin oft skeptisch, wenn man mir in den Heimatorten der Papageien Vögel hinter Gittern präsentiert. Zu häufig sah ich schon, wie man den gerupften Viechern ihren Lebensraum nahm, um sie dann den Touristen vorzuführen. Hier aber erscheint mir alles natürlich. Vögel, die wieder zu Kräften kommen, fliegen davon und lassen sich meist in den Baumriesen auf dem Archäologischen Gelände von Copán Ruinas nieder, dort wo ihre Vorfahren schon vor mehr als tausend Jahren bei den Mayas lebten und als göttliche Botschafter zwischen Himmel und Erde galten. Ihre Federn wurden bei den Mayas als Währung eingesetzt. Eine besondere Wertschätzung wird dem hellroten Ara noch heute entgegengebracht – so ist er der Nationalvogel des Landes.

In Copan wurde auch "Ball gespielt", Copan Honduras

In Copan wurde auch „Ball gespielt“

Und so sehe ich tatsächlich ein paar Artgenossen über unseren Köpfen fliegen, als wir uns zwei Stunden später mit unserem Guide Antonio Rios in der Mittagshitze durch die Mayastätte schleppen. Doch mehr als die Papageien begleiten uns hier 18 Kaninchen, die Antonio immer wieder mantraartig wiederholt. Fast sehe ich unter der glühenden Sonne Kaninchen über den Platz huschen, als seien sie eine Fata Morgana. Doch die Kaninchen, die Antonio erwähnt, sind keine Nager, sondern ist vielmehr der Name des einstigen Königs des Reiches, Waxaklahun Ubah, der auf einigen der filigranen Stelen auf dem Hauptplatz namentlich verewigt ist – angedeutet mit Strichen und Punkten (ein Strich bedeutet 5, ein Punkt eins). Der Name hat weniger einen mathematischen als einen astronomischen Bezug: Als der König auf die Welt kam, soll es wohl 18 Bilder im Himmel gegeben haben.

Blick von oben, Copan Honduras

Blick von oben

Mit meinem neuen Freund, Copan Honduras

Mit meinem neuen Freund

Blick durch altes Gemäuer, Copan Honduras

Blick durch altes Gemäuer

Copan Honduras, Matroschka-Effekt: Jeder Herrscher überbaute das Gemäuer seiner Vorgänger

Matroschka-Effekt: Jeder Herrscher überbaute das Gemäuer seiner Vorgänger

18 Kaninchen liebte wie einige Herrscher zuvor das mesoamerikanische Ballspiel. In seinem 43. Regierungsjahr ließ er den zweitgrößten Ballspielplatz seiner Art anlegen bzw. überbaute die vorherigen, dem wie üblich, Opfer gebracht werden mussten. Bei religiösen Spielen gewann der Beste, bei politischen Spielen hingegen der Schlechteste – so ganz erschloss sich mir die Erklärung von Antonio nicht. Wie kann man denn bitteschön so schlecht spielen, das man der Schlechteste wird? Auf einem Kriegszug hatte dann auch 18 Kaninchen mal einen schlechten Tag und fiel dort selbst zum Opfer. Sein Volk dachte nun, die Götter hätten ihn verlassen, was auch eine Schwächung des nächsten Königs bedeutet. Mit dem 15. Herrscher, K’ak‘ Yipyaj Chan K’awiil, wurde dann wieder angepackt, so ließ er eine Freitreppe aus Granitwürfeln erbauen, über die aber seltsamerweise kein Tempel zu erreichen war. Dafür ließ er mit 2.200 Glyphen auf den Stufen die ruhmreiche Geschichte der Dynastie schildern, die auch noch in ihrem Umfang die längste Maya-Inschrift darstellen. Während Antonio uns von Stele zu Stele und Tempel zu Tempel führt, versuche ich meine Erinnerung wach zu kitzeln. Vor 12 Jahren stand ich genau hier. Vieles war damals nicht zugänglich.

Blick über den bewachsenen Teil der Ausgrabungsstätte, Copan Honduras

Blick über den bewachsenen Teil der Ausgrabungsstätte

Stufen mit den 2.200 Glyphen, Copan Honduras

Stufen mit den 2.200 Glyphen

Unser Guide Antonio, Copan Honduras

Unser Guide Antonio

Filigrane Baukunst, Copan Honduras

Filigrane Baukunst

Copán hat einen Matroschka-Effekt: Die Herrscher versuchten sich gegenseitig zu übertrumpfen und überbauten gern mal die Bauwerke ihrer Vorgänger. Will man Inschriften und Baustruktur aus früheren Epochen sehen, muss man die Tempel durch Tunnel passieren. Tunnel, die es bei meinem Besuch vor 12 Jahren noch nicht gab bzw. nur den Archäologen vorbehalten waren. Wie wird das alles in weiteren 12 Jahren aussehen? So viel Geschichte liegt hier noch verborgen. Und so viel Geschichte, die Antonio schon miterlebte, gilt er mit seinen 77 Jahren als dienstältester Guide in Copan. Seit 40 Jahren leitet er mehrsprachige Touren, alles autodidaktisch erlernt, worauf er sehr stolz ist. Da verzeiht man ihn auch schon einmal, dass das Deutsche sich mit Englisch, Spanisch, Französisch vermischt. Die Botschaft kommt fast immer an und sei es auch auf Maya-Sprache.

Copan Honduras

Copan

Immer wieder suche ich Schatten, während ich Antonio aufmerksam lausche. Wir könnten uns damals schon einmal begegnet sein. Copán war die erste Maya Stätte, die ich je besuchte und hier und heute schließt sich an der östlichsten Mayastätte der Kreis. Fast werde ich ein wenig nostalgisch, an diesem sehr kosmischen Ort, der im 10. Jahrhundert niederging. Da schweift Antonio von seinen Erzählungen über die Akropolis und Nekropolis ab und legt seinen Kopf in den Nacken. Über uns fliegt ein Ara hinweg und lässt sich in der Baumkrone einer mächtigen Ceiba nieder. Nicht nur der Ara wurde von den Mayas einst verehrt sondern auch dieser Baum. In ihrer Glaubens- und Vorstellungswelt bildete der mächtige astlose Ceiba-Stamm die Weltachse, die Himmel, Erde und Unterwelt (xibalba oder mitaal) miteinander verband. Wie gern möchte ich mich einfach in ihren Schatten legen, einfach einen Moment ruhen, Erinnerungen nachhängen. Himmel, Erde, Unterwelt verschmelzen vor meinen Augen. Alles was ich spüre, ist die glühende Sonne. Mich verlässt ein wenig die Maya Power.

Copan Honduras

Copan Honduras

Was man zu Copan wissen sollte?

  • Die Ruinen von Copan können täglich von 8 am bis 4 pm für 55 Lempira besucht werden. Ein früher Besuch ist geraten, denn mal läuft viel über Freiflächen und ist der knallenden Sonne ziemlich ausgesetzt.
  • Die Archäologische Stätte von Copan Ruinas unterteilt sich in fünf Gebiete und gehört seit 1980 zum Weltkulturerbe der UNSECO und ist die östlichste Maya-Stätte.
  • Nehmt Euch einen Guide. Sie warten meist auf dem Parkplatz vor dem Eingang. Ich selbst bin kein Fan von Nonstop-Fakten an solchen Orten. Die möchte ich auch gern genießen. Aber man kann sich ja 2 Stunden führen lassen und dann noch mit all dem Wissen auf die Stufen setzen und den Maya-Platz auf sich wirken lassen.
  • Einen guten Ausblick auf die Archäologische Stätte von Copan Ruinas und die Umgebung hat man von der Hacienda San Lucas, die mit Gaia einen spirituellen Platz bietet.
  • Das Macaw Mountain Bird Reserve befindet sich ca. 1 km vom Ortszentrum entfernt, an der Avenida Sesesmil. Der Eintritt kostet 10 USD.
  • Der Ausflug zum Macaw Mountain Bird Reserve ist nicht nur den Vogelfans geraten, sondern allein ein kleiner Spaziergang am Fluss im Schatten der Bäume ist schon lohnenswert. Es gibt auch einen kleinen Coffee Shop mit kleiner Terrasse. Hier kann man die Seele baumeln lassen.
  • Von Februar bis April wird der Quebrada Sesesmil im Macaw Mountain Bird Reserve gestaut, dass man hier auch baden kann. Und das lohnt sich, denn mittags kann es sehr heiß werden.

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Bilder zur Reise findet Ihr auf Instagram unter #purlatinfever

Ich wurde von Visit Centroamérica eingeladen. Alle Ansichten sind meine eigenen.

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