Monate: Juni 2016

Kirgistan

Abenteuer Kirgistan

Gelangweilt schleppt sich der graue Köter von dem Immigration-Häuschen hinüber zur Toilette, dann lässt er sich wieder plumpsen. Viel passiert hier oben nicht – zwischen Tadschikistan und Kirgistan. Längst haben wir uns ausgestempelt – sitzen nun im Niemandsland auf 4000 m Höhe. Der Kopf drückt, Müdigkeit macht sich breit. Und die Frage, warum wir heute Morgen so früh los mussten und an dem herrlich leuchtenden Karakulsee vorbeirauschten, anstatt für ein Foto zu stoppen. Nach zwei Stunden Warten kommt ein Bus vorbeigefahren. Amerikanische Touristen steigen aus und wechseln in unseren Geländewagen. Am härteste Grenzposten der Welt Endlich kann es losgehen – 20 km bzw. eine Stunde fahren wir auf ruckeliger Piste, spüren jeden harten Aufschlag und jede Vibration. Dann verlassen wir das Stück Erde, für das sich niemand verantwortlich fühlt – auch nicht hinsichtlich des Straßenbaus – und stempeln uns an einer der härtesten kontrollierten Grenzen der Welt ein. Kirgistan liegt auf der Drogenschmuggelroute und so wird das Fahrzeug gut durchsucht. Uns hingegen traut man weniger kriminelle Energie zu. Nur beim Fotografierverbot bleiben die Grenzbeamten hart. Nach …

Happiness

Wenn Reisen eine Flucht ist

Reisen ist eine Droge, von der man schwer loskommt. Sie radiert einfach für einen Moment all die Dinge aus dem Gedächtnis aus, die uns bedrücken. Sie lässt uns vergessen. Sie kann aber auch heilen. Als ich meine Leidenschaft für andere Länder entdeckte, wusste ich nichts von dieser Wirkung. Ich war einmal im Jahr high, ohne es bewusst zu steuern. Ich tankte Kraft für den Alltag und öffnete den Blick, mit dem ich nach meiner Rückkehr sah, auf welch hohem Niveau sich unser Jammern abspielt. Doch seit dem vorletzten Jahr folge ich immer mehr dem Reflex, wenn es mir nicht gut geht, setze ich mich in den Flieger – weil ich es kann. Mit dem Ergebnis, dass die Droge nicht mehr wirkt. So wie jedes Medikament seine Wirkung verliert, wenn es im Dauereinsatz ist. Denn auf die Dosis kommt es an. Hinzu kommt, dass sie ein Stimmungsverstärker ist. Was bringt es mir, auszureisen, wenn mich am Ende doch alles einholt. Ich kann nicht vor mir selbst ausreisen und dem Ballast, den man mit sich trägt. Das …

Vancouver

Im Großstadtdschungel von Vancouver

Ich lehne mich weiter über die Reling, als könne ich damit die Skyline besonders schnell herbeizaubern. Links und rechts ziehen die Gulf Islands an mir vorbei. Wir sollten immer den Worten des Kapitäns lauschen, denn erst in der vergangenen Woche hat man von dieser Fähre aus Wale durch die Straße von Georgia ziehen sehen. Nichts Ungewöhnliches in manch anderer Jahreszeit, aber im April schon. Ich warte darauf, endlich einen Blick auf Vancouver zu erhaschen. Doch leider ist es recht diesig, die Sonne haben wir in Victoria zurückgelassen. Kein Wunder, dass Vancouver irgendwo im Dunst untergeht. Abtauchen im Großstadtdschungel von Vancouver Nur etwas mehr als eine Stunde später passiere ich die Cambie Bridge und bin mittendrin, mitten im Dschungel – im Großstadtdschungel. Meine erste Reaktion ist „oh je“. Warum um Gottes Willen schwärmt jeder von diesem uninspirierten Beton- und Glaswall, der aus einer einstigen kleinen Sägewerkssiedlung des 19. Jahrhunderts entstand? Ich bin erschlagen, überfordert und irgendwie enttäuscht. Das Grün liegt dahinter, versteckt. Nachdem Seattle mächtig vorgelegt hatte, konnte Vancouver bei diesem Wetter nur verlieren. Obwohl für …

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Go West – auf der Avenue of the Baobabs und zwischen Lemuren

Auf der Straße ist viel los. Anstatt Autos und LKWs sind es jedoch Fußgänger, die morgens um 7 Uhr auf der Hauptachse Madgaskars, dem Highway Nummer RN 7, unterwegs sind. Der Weg schmiegt sich an die Hügel, die die Landschaft südlich von Antananarivo prägen. In Antsirabe legen wir 3,5 Stunden nachdem wir in der Hauptstadt gestartet waren einen Stopp ein. Wir wollen unterwegs Picknick machen, schlägt Fanal vor. Denn auf dem Weg nach Morondava gäbe es kaum Gelegenheit, „gut“ zu essen. Mit „gut“ meint er die an Touristen gewöhnte Küche der Restaurants und nicht die für Einheimische Geschmäcker gedachten Hotelys. Das verrät er uns aber erst später. Also kaufen wir in einem kleinen Supermarkt noch ein paar Lebensmittel ein, bevor wir auf die RN34 abbiegen. Auf dem Weg nach Miandrivazo Die aufgewellte Landschaft ist vom satten Grün übersät. Um Antsirabe wächst in der vulkanischen Erde einiges. Und das wird auch fleißig auf den von Menschen gezogenen Karren, den Varambas, auf Zebu-Karren oder den Dächern der Taxi Brousses transportiert. Meist sind es aber die Menschen selbst, die Ihre Erträge …

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Sagada – zwischen Himmel und Höhle

Schon immer fragte ich mich, weshalb wir unsere Toten unter die Erde bringen, damit sie dann in den Himmel kommen. Sollte man sie nicht gleich dem Himmel ein Stück näher bringen? So finde ich die Idee, Särge an hohe Kalksteinklippen zu befestigen, gar nicht mal schlecht. Da die Geister der Toten der Legende zufolge gern dem Himmel nah sind, haben schon vor Jahrhunderten die Menschen in Sagada die Särge der älteren, ehrwürdigen Verstorbenen an den Felsen befestigt. Die Igorots dieser Region wollten nicht unter der Erde liegen, da sie glaubten, die Seele der Toten würde unter der Erde erstickt werden. Seltsam ist es, erst einen Friedhof zu durchschreiten, auf dem die Toten ganz normal unter die Erde gebracht wurden. Dahinter führt ein Pfad bergab weiter zu den in den Himmel aufragenden Felsen, an denen die Särge hängen. Aber auch in Höhlen findet man hier abgestürzte Särge, die teilweise Einblicke in ihr Inneres bieten. So sieht man Schädel und Knochen herumliegen. Schilder weisen darauf hin, nichts aus den Särgen zu entnehmen. Sie dienten wohl eine Zeit …

Zypern Aphrodite Felsen

Zypern – auf der Suche nach der Liebe

Wir unterqueren die Bundesstraße durch eine schmale Unterführung. Das grelle, einfallende Licht blendet mich und lässt mich leicht torkelnd den menschlichen Schatten folgen. Dann trete ich hinaus: vor mir liegt das aufgewühlte Meer. Ein Baum mit weißen Schleifen, die aus Tempotaschentücher geformt sind, biegt seine Äste in den starken Windböen, die auch mein Haar zerzausen. Ein paar Touristen haben sich eingefunden in der malerischen Bucht, in der drei gigantische Kalksteinbrocken aus dem Meer ragen, als wollen sie Erde und Himmel miteinander vereinen. Am Aphrodite Felsen Der rhythmische Wellenschlag pocht wie ein Herz. Ich laufe den steinigen Strandstreifen nach rechts – aus Steinen geformte Herzen zieren den Boden. Wäre es nicht so kalt, würde ich mich in die Wellen schmeißen. Vielleicht würde ich den Worten von Evkavi folgen, und gar dreimal um den Felsen schwimmen, um ewige Jugend zu erlangen. Doch ich bin zu spät, einen Tag um genau zu sein, um diesen Aberglaube in einer dazu erforderlichen Vollmondnacht auf seine Realitätsnähe zu testen. Denn den Rahmen bietet eine Vollmondnacht und die habe ich nun glatt …