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Unterwegs in der Inselwelt Ugandas – im Lake Bunyonyi

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„Rutinda, Rutinda, Rutinda…“ tönt es aus einem Matatu. Wir hatten Glück. Es war Montag und Markttag. Obwohl bisher nur ein Fahrgast im Wagen saß, sollte es auch gleich losgehen, signalisierte uns der Abkassierer. Wir ließen uns nicht lange bitten und saßen neben Fahrer, Abkassierer und dem bisher einzigen Fahrgast zu fünft in dem Sammeltaxi. Zu unserem Erstaunen setzte sich das Matatu auch gleich in Bewegung, was wir bisher noch nie in Afrika erlebt hatten. Die Bewegung bezog sich leider nicht nur auf die Räder sondern auf das gesamte Fahrgestell.

Für viele bedeutet Matatu Problem (siehe das aus dem Swahili stammende Wort „Matata“ = Problem) und das hatten wir tatsächlich! Die 7 km lange Strecke von Kabale zum Lake Buyoni schlängelte sich serpentinenartig um die bergige Landschaft und stellte das Matatu und uns vor eine besondere Herausforderung. Ich bin schon viele Matatus gefahren, aber dieses Exemplar war ein ganz Spezielles. Das Gute war, der Fahrer konnte nicht wie sonst gewohnt rasen, das Schlechte war, der Wagen befand sich in einem fürchterlichen Zustand und verstand sich als rollender Schrotthaufen. Der großlöchrige Fußboden öffnete immer wieder den Blick auf den holprigen Straßenbelag. Bewegten sich die Räder nach rechts, bewegten sich unsere Sitze nach links. Wir waren ein zum Leben erwecktes dynamisches Parallelogramm. Es verstand sich von selbst, dass ich mich in jeder Kurve in das völlig zerschlissene Material des einstigen Sitzpolsters krampfte, während meine Füße kräftig mitbremsten.

Markt in Rutinda

Markt in Rutinda

Die Inselwelt im Bunyonyi-Sees

Die Inselwelt im Bunyonyi-Sees

Erst als ich durch die Scheibe den bunten Markt von Rutinda erblickte, entspannten sich meine Muskeln und auch mein Kopf. Jetzt war ich reif für die Insel! Doch für welche? Die Inselwelt im nahezu 2000 Meter hoch gelegenen Bunyonyi-See hat schließlich 29 davon zu bieten. Wir ließen uns treiben und folgten einem Bootsmann, der uns in 50 Minuten mit seinem Kanu und seiner reinen Muskelkraft zu der Insel Itambira übersetzte. Diese Insel und das Camp waren ein Glücksfall. Sind in Uganda generell schon wenig Touristen unterwegs, hatten wir hier zunächst das gesamte Camp für uns. In den Camps an den Seeufern hingegen kommen häufiger die Gruppen der Overlandtrucks unter. Kleine Inselspaziergänge mit Jimmy, dem Hund, schwimmen und einfaches Nichtstun – schöner konnte es fast nicht sein. Die Tage waren von 7 bis 7 Uhr getimt. Den Rhythmus gab einzig und allein die Sonne vor.  Byamugisha, unser Bootsmann von der Überfahrt, zeigte uns den See und ruderte uns wieder mit all seinen Kräften von Insel zu Insel. Habukara war die erste Station. Wo einst ein Arzt lebte, entsteht nun eine Hotelanlage. Dann passierten wir Akampene Island, die einst als Punishment Island bekannte Insel. Hier brachten die Bakiga bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts Schwangere hin, die uneheliche Kinder gebaren. Die Insel ziert nur ein einziger Baum, das war der sichere Tod. Die Mädchen verhungerten oder ertranken.

Bunyonyi-See

Bunyonyi-See

Beim Übersetzen mit dem Kanu

Beim Übersetzen mit dem Kanu

Der nächste Stopp führte uns auf die bewaldete Bushara Insel, die wir auf dem Eukalyptus Trail umrundeten. Als wir wieder in das Boot steigen wollten, zogen dunkle Wolken auf und es begann zu gewittern. So steuerten wir hurtig Bwama Island, eine der beiden Sharps Inseln, an. Hier befand sich von Beginn des letzten Jahrhunderts bis in die 80er Jahre ein Lepra-Behandlungszentrum auf der Insel. Heute lernen in den Räumlichkeiten die Schüler aus der gesamten Umgebung und auch eine kleine Kirche findet man hier. Nur ein Dorf, das gibt es noch immer nicht auf dieser Insel. Während es immer mehr stürmte, liefen wir zu zweit über die Insel, um einen Unterschlupf zu finden. Unser Bootsmann wollte derweilen das Boot in Sicherheit bringen. Erst hockten wir in einer Mulde und dann unter einem Dachvorsprung. Der kühle Regen wurde dennoch in unsere Gesichter gepeitscht. Als der Bootsmann wieder auftauchte, brachte er uns zu dem Haus eines Lehrers. Wir betraten den dunklen Wohnraum, der allein mit einem Tuch vom Schlafbereich abgetrennt war. Hinter dem Tuch vernahm ich Stimmen, während im Wohnbereich drei Jungen und ein Mädchen wortlos wie Orgelpfeifen auf ihren Stühlen saßen. Die Wände waren mit Wahlplakaten und anderen politischen Motiven verziert. Später kam der „Hausherr“ Besigensi Epaphras nach Hause und die innere Stille – während draußen noch immer der Sturm wütete – wurde durchbrochen. Ein angeregtes Gespräch entfaltete sich und auch die Kinder verloren ihre Scheu. Momente, die nie zu Ende gehen sollten, weil sie so bereichern. Seltsam, da waren wir vor zwei Stunden einfach in den Raum getreten, in dem die Kinder saßen. Noch nicht einmal geklopft hatte unser Bootsmann. Wir setzten uns als Fremde einfach nieder in eine noch fremdere Welt. Und nun wollte uns der gesprächige Lehrer am liebsten nicht mehr gehen lassen. Und auch wir wären gern noch ein bisschen länger geblieben als dass der Regen andauerte.

Das Haus am See von Idi Amin

Das Haus am See von Idi Amin

Unser Bootsmann

Unser Bootsmann

Am übernächsten Tag verließen wir Itambira Island und die bezaubernde Inselwelt im Bunyonyi-See. „Taxi? Taxi? Taxi?“ ertönte es, als wir mit unserem Boot in Rutinda anlegten. Heute war kein Markttag und unser Problem-Matatu konnte einfach einmal ruhen.

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 Wir reisten zweimal durch Uganda: Einmal individuell für einen Monat Ende 2005 kombiniert mit Ruanda. Das zweite Mal im Sommer 2006 individuell und teilweise mit eigenem Geländewagen, den wir von Freunden des Projekts UP4S ausgeliehen hatten.

Den Lake Bunyonyi erreicht man am Montag und Freitag mit einem Sammeltaxi von Kabale aus, an den anderen Tagen aber auch problemlos mit einem Taxi.

Wir übernachteten auf Itambira Island im Byoona Amagara und später am Festland in den Crater Bay Cottages.

Warum eigentlich nicht Afrika? Schaut auch in unserer Serie vorbei, wenn Ihr mehr über Afrika lesen wollt!

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4 Kommentare

  1. Wow, ein absolut interessanter Beitrag. Ich war bereits in Ostafrika und das nächste Reiseziel wird Uganda oder Mozambique. Wobei du mir jetzt mit dem Artikel echt Laune gemacht hast. 😀

    • Danke Tobi, gute Länderwahl. Mozambique hatte ich auch schon überlegt, aber leider noch nicht umgesetzt. Nach Uganda bin ich zweimal gereist und kann dieses Land nur empfehlen. Ich könnte glatt ein drittes Mal… 😉 LG, Madlen

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