Wo einst das Reisen begann, fühle ich mich heute heimisch.
Mich zieht es hinaus in die Welt und gleichzeitig komme ich immer wieder an, wenn ich den Seeduft rieche, wenn sich die leicht wellige Landschaft mit endlosen Feldern und kleinen Bauminseln am Horizont auftut, wenn Rehe nachts die Straße umsäumen, der Hahn mich morgens weckt und die Vögel über unseren Köpfen ausschwärmen. Dann bin ich in Mecklenburg. Dann bin ich bei meiner ersten Reise – allein.
Ich war damals in der dritten Klasse, als ich mein erstes Mal ohne mir vertraute Gesichter loszog. Auf einem kleinen Bahnhof im Thüringer Wald traf ich auf andere, fremde Kinder, mit denen ich gen Norden fuhr. Zahlreiche Freundschaften wurden geschlossen, noch bevor wir am Ziel waren. Immer wenn ich mich diesem kleinen Ort bei Neustrelitz noch heute nähere, verspüre ich dieses Gefühl der Nostalgie.
Manchmal muss ich schmunzeln, wenn ich daran denke, dass ich von diesem Ferienlager aus täglich Zeilen in meine Heimat schrieb. Nicht per Tastatur, sondern als Brief. Erste internationale Kontakte wurden geknüpft, denn im benachbarten Ferienlager erholten sich polnische Jungen und Mädchen. Für mich war das damals durchaus schon exotisch und die große weite Welt. Denn bis dahin kannte ich nur deutsche Kinder. Wir begannen uns mit Händen und Füßen zu verständigen. Wir tauschten Spangen gegen Süßkram. Und man begann zu träumen. Wie mag dieses Polen aussehen? Kein Computer, der mir im Nullkommanichts Bilder von dieser anderen Welt hätte ausspucken können. Was mir blieb, war einzig und allein meine Fantasie.
Was waren die Tage aufregend, in diesem Hort des kindlichen Getümmels. Jeden Tag entdeckten wir ein Stück mehr – unsere Umgebung und uns selbst. Letztendlich war schon damals dieses erste Reisen ein Weg, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Das tue ich noch heute. Und dann auf der Suche nach einem kleinen Unterschlupf jenseits der Stadtgrenzen Berlins fuhren wir wieder durch diesen Ort, in dem inzwischen an Stelle des Kinderferienlagers ein Feriendorf gewachsen war. Meine Kindheitserlebnisse sind einfach weggewischt.
Ich stehe zwischen den komisch anmutenden bunten Häuschen, eines enger als das andere, die zur Erholung von der heimischen Wohnung in der Platte oder im Eigenheim im Klonstil aufgebaut wurden waren. Meine Reise in die Vergangenheit endet hier. Und dann gehe ich zum See hinab. Der Weg ist noch immer etwas zugewachsen. Der Steg, auf dem wir einst unser Neptunfest feierten, erscheint im neuen Glanz. Und dann schaue ich über die Wasseroberfläche, erst auf mein Spiegelbild, dann schweift mein Blick weiter. Immer weiter bis zum Horizont. Ich atme einmal tief die frische Seeluft ein, und weiß, diese Erinnerung kann mir keiner nehmen.
Wenn Ihr mehr Geschichten zum Reiseglück sucht oder Ihr Euch fragt, was macht auf Reisen glücklich, macht das Reisen überhaupt glücklich oder findet man manchmal doch wie ich auch in der Nähe einfach einen Moment, der einen mit Glück erfüllt, dann schaut mal bei der Blogparade von Reisemeisterei vorbei.




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