Den Tag der Tage könnte man kurz zusammenfassen als nass, nässer, am pissigsten. Oder vielleicht mit Menschen, Massen, Nepp. Ein kulturelles Happening in den Bergen. Doch täte man der historichen Inkastätte nicht recht. Tatsächlich gibt es etwas, was bannt und was man nicht unerwähnt lassen sollte – das atemberaubende Setting. Da haben sich die Inkas tatsächlich einen ganz besonderen Ort ausgesucht. Mir fällt es schwer, positive Worte für das grandios verkaufte Kulturereignis, das „Must do“ eines jeden Südamerikareisenden, zu finden. Ich selbst zögerte schon, und ließ mich doch hinreißen, man muss es eben „gemacht“ haben. Aber die einmalige Atmosphäre, die man hier angeblich erleben sollte, suchte mich nicht heim. Die hatte ich noch vor zwei Jahren in den Felsenkirchen von Lalibella erlebt. Doch der Machu Picchu ist reinster Kulturkommerz. Wo letzteres fast größer geschrieben ist als ersteres. Vielleicht hatten wir einfach nur einen falschen Tag erwischt oder wir sind die Sache ein Stück zu relaxt angegangen. Ich will mir nicht von den Massen diktieren lassen, wann ich am Eingang der historischen Stätte zu sein habe. Fest steht, die Genießer unter den MP-Besuchern scheinen frühe Vögel zu sein. Bin ich normalerweise auch. Aber ich frage mich ernsthaft, warum soll ich um 3 Uhr nachts in Richtung Machu Picchu stiefeln, um dann um 6 Uhr reingelassen zu werden.
Die ersten Busse, die 30 min zum Eingang benötigen, fuhren um 5.30 Uhr in Aguas Calientes ab. Man hatte uns darauf hingewiesen, dass man früh an der Haltestelle sein sollte, um einen der ersten Busse zu bekommen, um dann auch eine der raren Karten für den Waynapicchu zu bekommen. Die Plätze für diese Bergbesteigung, die einem wohl einen so genialen Blick über den Machu Picchu verspricht, sind auf 400 begrenzt. Eigentlich dachten wir ganz naiv, einen der ersten Busse zu bekommen, reicht aus. Leider waren wir nicht so verrückt, und stellten uns um 3 Uhr an die Haltestelle. Bei dem Wetter war das wohl auch eine richtige Entscheidung. Dennoch waren auch nicht so super viele in der Schlange vor uns. Wenn es 400 Plätze gab, dann sollten wir bei ca. Nr. 200 mindestens sein. Wir trotzten dem Regen, der immer stärker wurde, und versuchten bei Laune zu bleiben. Wartete doch das ultimative Reisehighlicht in den Bergen. Ein Großfeuerwerk der Gefühle, das leider verpuffte, bevor es mich überhaupt ergreifen konnte. Mit Regencapes ausgerüstet, begaben sich lustig wie Heinzelmännchen aussehende Menschenmassen auf die Reise und ließen die Szenerie etwas unwirklich aussehen.
Als wir nun am Eingangstor vorfuhren, trauten wir unseren Augen nicht. Aus den im Aguas Calientes noch max. 160 Personen, die vor uns standen, waren nun mind. 800 Personen geworden. Die Zipfelmützchen hatten sich unverhofft vervielfacht. What the hell was this? Wir konnten es uns nicht erklären. Später klärte sich auf, dass wohl viele hochgelaufen waren. Diese Option hatte sich uns nie gestellt, obwohl wir durchaus sportlich unsere Ziele angehen. Nervig war nun das Handling am Eingang. Diese Riesenschlange bekamen sie einfach nicht abgefertigt. Das Chaos wurde perfektioniert durch die Ungeduld der Besucher.
Seltsamerweise rutschten wir in der Reihe anstatt vor eher nach hinten. Denn irgendwie schien das System hier zu sein, einfach vorbeilaufen und so tun, als kenne man jemanden weiter vorne. Also, ohne mich in Details zu vertiefen – man kam schon äußerst schlecht gelaunt auf die Anlage. Einmal drin, wurde es nicht besser. Schlangen von Touristengruppen wanden sich durch die engen Inkapfade. Und weitere 400 waren sowieso auf dem Waynapicchu;-) Aber ohne Schadenfreude walten zu lassen, der Ausblick muss von da oben so amazing gewesen sein, dass man sich am liebsten in die dichte Wolkendecke hätte hineinstürzen wollen. Aber wie hörte ich es von einigen oben Gewesenen – just to have done it, it was such a great experience. Nun gut. In der Zwischenzeit begann ich mir auch den Regen schön zu reden. Denn die Inkas hatten schließlich auch nicht nur Sonnentage. Um sich den Massen zu entziehen und mit dem Waynapcchu dem armen Mann ein kleines Highlight zu setzen, begannen wir mit einem Trek in Richtung Süden. Nach einem 20-30 minütigen Aufstieg erreichten wir Intipunku – das Sonnengate. Das ist mindestens genauso beliebt bei den Reisenden, um dem nicht vorhandenen Sonnenaufgang zu frönen.
Tatsächlich hatte sich die Sonne heute hinter einer dicken Wolkenschicht auf die Reise gemacht, ohne uns lieben MP-Besuchern
den unvergesslichen Tag mit einem unvergeßlichen Sonnenaufgang zu versüßen. Das Tolle war, wir waren allein am Sonnentor. Und hatten nun die erste Inkastätte nur für uns allein.
Als wir wieder zurück zur Hauptanlage gingen, trieben wir unweigerlich vor und hinter den Massen her. Nur auf der Alternativroute fand man seine Ruhe und Zeit, die Stätte zu geniessen. In der Zwischenzeit hatte der Regen aufgehört und sich der Nebel etwas gelichtet, so dass nun auch erste Fotos möglich waren. Am Hauptplaza und der Tempelzone wurde es hingegen noch einmal eng. Touristengruppen mit Führern verstopfen so alles, was nach Weg aussieht.
Entgegen der weitverbreiteten Meinung, man sollte so früh wie möglich zum Machu Picchu aufbrechen und einen Bus um 5.30 Uhr nehmen, bin ich der Meinung, wenn man nicht wirklich den Kampf um einen Platz für den Waynapicchu wagt, kann man tatsächlich alles relaxt angehen. 5.30 Uhr lohnt sich dann gar nicht mehr, denn um diese Uhrzeit rennt wirklich jeder hoch. Das ist das, was allen gesagt wird und somit sind auch alle dann oben. Lieber zwei Stunden später aufbrechen oder (wenn nicht gerade Regenzeit) am besten am späteren Nachmittag. Da lichtet sich das Feld. Und die paar Tagestouristen sind nichts gegen die Massen in aller Herrgottsfrühe.
Der Weg zur Inkabrücke war neben dem Weg zur Intipunku ebenso wenig frequentiert und bot großartige Aussicht auf die umliegenden Berge und steil abfallenden Hänge. Dieser Weg führte durch Hochlanddschungel und war von der Natur auch sehr schön. Aber am beeindruckendsten waren die vom Nebel und Wolken umspielten Bergspitzen der Umgebung.
Da auf den Karten überall der Hinweis stand, keine Getränke und Speisen auf das Gelände mitnehmen zu dürfen, hielten wir uns auch dran. Dumm, deutsch, regelkonform. Die anderen machten keinen Hehl aus ihren mitgebrachten Speisen. Da die Wege nun teilweise schon etwas Anstrengung erforderten, brauchte man mindestens mal ein Wasser. Später verließen wir die Anlage mal kurz, um uns am Eingangskiosk etwas zu kaufen. Die Preise für Speisen und Getränke übersteigen das, was man sich in deutschen Museen und kulturellen Stätten zu nehmen traut. Hier ist man hemmunglos und nimmt für jeden Piss Geld. Aber betäubt vom Anblick sitzt auch das Geld etwas lockerer. Hier ist man schließlich nur einmal im Leben und das soll unvergesslich sein. Alles in allem fand ich das Setting am schönsten. Sich abseits auf einen Hügel setzen und wirken lassen. Das Wandern durch die Ruinen war hingegen eher nervtötend. Da man den Blick eher auf die Fersen des Vordermanns heftete, anstatt zu den Ruinen schweifen zu lassen.
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