Abschiedsspiel
Vielleicht wünsche ich mir den Winter – weil dieser weniger schmerzt, wo Wunden nur sehr fragil zusammengewachsen sind. Die Sonne beleuchtet die Narben. Minutenlang schaue ich auf die unebene Stelle auf der Haut. Wo der Winter verhüllt, entblößt der Sommer. Es ist nicht dieser Duft von Wasser und der Gesang der Möwen in der Luft, der mein Herz öffnet, mir die Freude ins Gesicht zeichnet, ohne die Sorgenfalten wegzuradieren. Es ist nicht das laute, lebensbejahende Lachen, das sich in die Häuserschluchten legt, sondern das kleine Zucken im Mundwinkel und Glitzern in den Augen, das das Fenster öffnet, wenn man nach Wärme suchend zusammenrückt. Was Monate zuvor die Kulisse eines Kammerspiels war, nimmt wieder die gleichen Formen, Farben, Klänge und Gerüche an. Alles erinnert zu sehr an das Gegangene, Vergangene. Ganz schleichend kamen die Erinnerungen, die ich längst im vergangenen Winter geglaubt, gelöscht von der Festplatte. Doch immer wieder stürzt man über dieselben Bordsteine und ächzt unter dem Ballast des eigenen Gedächtnisses. Erinnerungen sind die schwerste Last hinter meinen Lidern. Ich suche Botox für die Seele.