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Into the Bush – Offroad von Kasane nach Savuti und Moremi NP

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Noch einmal gehen wir um unseren Toyota Hilux und checken die Reifen, die sich am Rande des Tiefsandes befinden. Auf 1,7 bar haben wir die Luft herausgelassen. Wir wissen noch nicht, ob dies reicht. Überhaupt wissen wir recht wenig über das, was uns erwartet und unsere eigenen Fähigkeiten, ein Auto durch Sandfelder zu manövrieren. 90 km liegen an diesem Morgen bereits hinter uns, als ich das Lenkrad an Katrin übergebe. Ein Schild zeigt 70 km bis Savuti an. „It’s doable!“ hatte uns ein entgegenkommender Holländer noch zugerufen. Was für ihn doable heißt, muss es für uns längst nicht sein.Luft ablassen

Unsere Offroad-Fahrt nach Savuti

Und da stecken wir nun nur 5 Minuten später im Tiefsand. Katrin versucht immer wieder anzufahren, doch es will nicht gelingen. Stattdessen kommt uns noch von vorn ein Auto entgegen. Wir kommen nicht los. Das fängt ja schon mal gut an, ist mein erster Gedanke. Plötzlich bewegt sich unser Auto vorwärts und von nun an sollte der Fuß nicht mehr vom Gas genommen werden. Die Häuser von Kachikau entfernen sich im Rückspiegel und dann sind wir nur noch allein mit uns selbst mitten im Chobe Forest Reserve. Die Reifen bohren sich immer tiefer in den Miombo Sand, während links und rechts Gestrüpp unser Auto streift. Schalten ist hier eine schlechte Idee, Gegenverkehr übrigens auch. Bald bildet sich links von unserer Spur ein weiterer Weg – „Busch-Autobahn“ scherze ich.

Nach einer Stunde erreichen wir eine sandige Kreuzung. Beide Wege gleichen sich in ihrer Bodenbeschaffenheit, die da immer noch Tiefsand ist, nur die Ziele heißen Linyata und Savuti. Die Strecke über Linyata geradeaus soll länger aber einfacher sein, sagen unsere Reiseführer. Ich schaue Katrin fragend an, sie schlägt das Lenkrad bereits nach links ein. Hinter uns rollt ein Wagen mit zwei Dachzelten geradeaus weiter. Ob das nicht ein Fehler war? Der Weg wird immer rilliger und enger. Umdrehen geht nicht mehr. Also los auf’s Gas. Der zunächst feinrillige tiefe Sand wellt immer mehr in die Breite auf und nun auch zwischen beiden Spuren versetzt. Das heisst, wir holpern nicht nur in die Höhe, sondern werden auch seitlich durchgerüttelt. Wir scheinen fast abzuheben. Mein Magen dreht sich bereits, während ich an die schlechten amerikanischen Hip Hop-Videos denken muss, die mit dickem Schlitten zu fetten Beats und Bikini-Mäusen auf der Motorhaube sich einmal durch den Song wippen. An Reisetabletten habe ich heute gar nicht gedacht. Die Landschaft schaukelt an uns vorbei, wir kämpfen uns tapfer 40 Minuten 18 km zum Ghoha Gate. Durch das Schaukeln erkennen wir keine Zahl auf dem Display. Alles verschwimmt bis am Horizont wie eine Fata Morgana schemenhaft ein Tor zu erkennen ist.

Erstaunt werden wir vom Fahrer eines Touranbieters beäugt, weil wir tatsächlich diese schlechte Straße gewählt und sichtlich gemeistert haben und sogar auf dieser Etappe Zeit ihm gegenüber gut gemacht haben. Alles, was jetzt kommt, wird besser, macht uns der NP-Mitarbeiter Mut. 30 km geht es über sanfte Sandfelder, die nur hin und wieder tief einsinken und mit eingetrocknetem Lehm aufwellen. Sie machen das Abenteuer nicht berechenbarer. Nach einer Stunde entdecke ich Impalas und Elefanten, die sich unter einem Baum vor der Mittagssonne schützen, die die Luft inzwischen auf 40 Grad erwärmt hat. Kurz darauf erscheint vor uns eine Brücke, die über das trockene Flussbett des Savuti Channels führt. Dahinter erblicken wir bereits Autos mit Dachzelten auf einem weitläufigen Gelände, das nicht umzäunt ist.

Campleben im Busch von Savuti

Wir haben unser Ziel, Savuti Campsite, erreicht. Der Stellplatz CV-3 wird uns von einer gähnenden Mitarbeiterin des Camps lustlos zugeordnet. Ein Kameldornbaum, eine Feuerstelle und ein Wasserhahn, der zum Schutz vor Elefanten eingemauert ist – das ist unser Platz im Tiefsand zwischen Flussbett und Waschhaus für die nächsten zwei Tage. Wir tun es den Tieren gleich und setzen uns mit einem kühlen Grapetizer und Savanna unter den Baum und kochen uns auf dem Gasherd einen Kaffee. Die nächsten Stunden verbringen wir damit, Menschen zu beobachten, unser Zelt aufzubauen und zu lesen.

In Savuti

Gelbschnabeltoko

Dann kehrt in Windeseile die Nacht über uns ein. Das geschäftige Treiben kommt langsam zum Erliegen. Autos rauschen an uns vorbei, während die Sonne am Horizont blutrot untergeht. Autos, die zurück vom Game Drive kommen, oder auch zum wiederholten Mal das gut hinter einer Mauer versteckte Sanitärgebäude aufsuchen. Stimmen der Tiere legen sich über das offene Gelände. Und dann sitzen wir binnen weniger Minuten mit unserem Gaskocher in der tiefdunklen, afrikanischen Nacht. Fliegen, Käfer und Mücken umschwirren uns. Aus der Ferne ertönen drei Schüsse, dann kehrt wieder Ruhe und das tierische Grundrauschen ein, während am Horizont noch Blitze leuchten. Der Wind trägt Lachen und das Knistern des Feuers unserer Campingnachbarn zu uns herüber. Dann ertönt plötzlich aus dem Flussbett ein Posaunen, das sich in der nächsten Stunde mehrfach wiederholt. Da ist es, wovon Reisende immer wieder mit leuchtenden Augen berichten, wenn es um Savuti geht. Elefanten so nah zu sein, ist ein großartiges Gefühl. Und doch macht sich auch Spannung breit. Tosende Trompetengeräusche wechseln sich mit mehrfachem Brüllen ab, das ich Löwen zuordne. Es ist niemand hier, den ich fragen könnte. Plötzlich spielen die Sinne verrückt, die gesamte Wahrnehmung ist hochsensibilisiert und gibt der Vorstellung eine reale Gestalt. Jedes Knistern, jedes Hüsteln verursacht ein Aufhorchen, gar ein Aufschrecken. Längst haben wir uns in das Dachzelt zurückgezogen und beobachten die Szenerie von hier oben. Doch auf der Freifläche vor unserem Zelt erhasche ich nur noch Schatten. Mit den eindringlichen Rufen der Hyänen lege ich mich hin und finde doch keinen Schlaf.

Am nächsten Morgen höre ich kurz nach 5 Uhr ein Schmatzen und Rascheln durch das Zeltfenster. Ich schaue hinaus und direkt in die Augen eines Elefanten, der sich vielleicht 5 m vor uns am Gebüsch bedient. Und dann fahren wieder die Camper zum Waschhaus vor und die lebendige Tierwelt der Nacht gibt an die Menschen das Zepter ab.
Langsam fehlt mir auf diesem Roadtrip ein bisschen die Bewegung, also zelebriere ich schon allein jeden Gang auf’s Klo. Als ich am Nachmittag zum Campeingang laufe, wird mir ein gelangweiltes und doch zugleich bestimmtes „You have broken the law!“ entgegnet. Es schickt sich im Nationalpark nicht an, nur einen Schritt selbst zu gehen, auch im Camp ist dies strengstens untersagt. Hier wird gefahren und zwar jedes Stück, das ist aus Sicherheitsgründen ein Muss. Für ein bisschen Bewegung nehme ich jedoch das Risiko in Kauf, aber als Gesetzesbrecherin will ich nicht gelten. Wir gehen zurück zu unserem Stellplatz – sitzen unterm Baum, lesen, schreiben, kochen Kaffee und warten darauf, dass die Safari zu uns kommt. Spricht doch jeder von diesem Wildnis-Flair. Tatsächlich ziehen etwas später Elefanten auf der gegenüberliegenden Uferseite am Horizont vorüber. Ein schöner Anblick, der in diesem Moment von zwei haltenden Autos gestört wird. An diesem Abend ist das Campingflair komplett. Wir machen ein Feuer und grillen Maiskolben. Über uns zieht ein Gewitter hinweg, das noch in die Nacht hinein leuchtet. Plötzlich erhellt der Schrei eines Löwen die Szenerie. Wir starren minutenlang in die Richtung des Gebüschs, aus der das mächtige und ehrfurchtsvolle Brüllen kam. Wieder legen sich die Rufe von Hyänen über das Camp, bevor aus dem benachbarten Savuti Camp Gesänge ertönen, die wohl zum Kulturprogramm gehören. Und dann ist Stille – die ganze Nacht.

Savuti im Loop

Giraffen in Savuti

Wegweiser sind rar

Gefangen im Loop – Von Savuti zur Third Bridge im Moremi NP

Mit einer Austragung in eines der Bücher verabschieden wir uns morgens um 7.30 Uhr von Savuti. Unsere Namen stehen als erstes unter dem 4.10.2016 notiert. Wir sind optimistisch, unser Ziel im Moremi NP, The Third Bridge Campsite, gegen 14 Uhr zu erreichen und entscheiden uns für die etwas längere, aber in der Trockenzeit besser zu passierende Marsh Route. Es läuft gut an diesem Morgen. Wir sehen Giraffen, Elefanten und sogar die seltenen Wild Dogs. Doch irgendwann gibt es keine Schilder, besser Steine im Sand, mehr, die uns die Fahrtrichtung anzeigen könnten. Unser Navi schickt uns hartnäckig zurück auf die Sandridge Route, die anspruchsvoller ist. Wir finden uns in einem Loop wieder. Kein Schild will uns aus diesem Dilemma befreien. Wo andere sich an ihren Game Drives erfreuen, werden wir orientierunsglos sichtlich genervter. Und so vergesse ich auch glatt den netten Door Opener „How are you?“, als wir den Guide eines Touranbieters nach dem Weg fragen. Er schickt uns zurück in den Loop – aus Böswilligkeit oder vielleicht haben wir auch etwas nicht verstanden. Wir entscheiden uns zwei Stunden nachdem wir bei der Abzweigung die Marsh Route eingeschlagen haben, der Aufforderung unseres Navis zu folgen und die Sandridge Route anzufahren. Umgehend wird die Strecke sandiger und auch die Tiere sind um 10 Uhr verschwunden.

Savuti im Loop

Wild Dogs

Impalas crossing

Nur eine halbe Stunde später wühlen wir uns wieder durch den Tiefsand. Viel gibt es nicht mehr zu sehen, die Landschaft wird zunehmend karger, fast wüstengleich. 11.25 Uhr erscheint endlich ein Stein – noch 21 km bis zum Mababe Gate. Es tauchen endlich wieder Elefanten in der dürren Ebene auf und auch Strauße sichten wir. Um 12.25 Uhr legt sich ein Tor über den Horizont – unser erstes Etappenziel, Mababe Gate, ist erreicht. Wir wechseln das Steuer. Die Hitze zehrt an uns, vor uns liegt ein weiterer Sandweg. Dieser wird kurvenreich, tiefsandig und eng. Die Natur ist jedoch üppiger. Fast wie ein deutscher Herbstwald schmiegen sich die kratzigen Zweige an die Seiten unseres Autos und hinterlassen doch nur Spuren in der dicken Staubschicht. Schnell holpere ich im zweiten Gang über die unregelmäßigen Tiefsandwellen, bis wir eine halbe Stunde später für ein kurzes Stück eine befestigtere Sand- und Schotterstraße erreichen.

Elefant vor dem Mababe Gate

Landschaft vor dem Mababe Gate

Mababe Gate

Pferdeähnliche Silhouetten passieren vor uns den Weg. Die Streifen erkennen wir erst, als wir vor ihnen zum Halten kommen. Vom Mababe Gate zum Eingang des Moremi Parks, dem North Gate, benötige ich 1,5 Stunden. Um dieses zu erreichen, muss ich noch eine aus Holzpfählen zusammengelegte Brücke passieren. Es fühlt sich an, als würden wir schwimmen. Die nächsten 2,5 Stunden durch den Moremi Park sind nicht leichter. Wieder wartet tiefer Sand, wieder viele Kurven, Tiere sind kaum zu sehen. Zum Glück habe ich mich inzwischen an das Fahrgefühl gewöhnt. Um 16.20 Uhr liegt eine kleine Holzbrücke vor uns, die ins ein Wasserloch hineinragt. So ganz verstehe ich nicht die Logik, erinnere mich jedoch, dass man hier die Tiefe des Wassers lieber nicht selbst misst. Also lege ich den ersten Gang ein und fasse mir ein Herz. Das Wasser reißt an den Seiten und will uns zum Stoppen bringen.

Zebras im Moremi NP

Ihr habt den Stellplatz Nummer 1 begrüßt uns dieses Mal eine wesentlich enthusiastischere Campsite-Mitarbeiterin. Das ist direkt am Wasser! Nächtliche Klogänge sind Tabu und eigentlich sollte man sich auch sonst möglichst nur zu zweit bewegen. „Ach ja, neben den Hippos und Krokodilen, die gefährlich sind, solltet Ihr Euch vor Hyänen in Acht nehmen, die klauen gern mal das Essen.“ Gibt uns die Dame noch mit auf den Weg. Es wird unsere letzte Nacht in der Wildnis sein. Schnell schlummere ich mit dem Grunzen der Hippos und den Hyänenschreien ein, um bald wieder mit einer vollen Blase zu erwachen. Ich überlege, ob ich nur schnell mal runter vors Auto gehen soll. Genau in dem Moment höre ich die Hyäne direkt unter mir. Ich zögere. Wieder überlege ich die nächsten Minuten, bis das Trampeln der Hippos zu mir hinaufschallt. Ich kämpfe mich Stück für Stück genau mit diesem Spiel – soll ich, oder soll ich nicht? – durch die Nacht. Ich gehe nicht. Noch ehe der Wecker um 5.30 Uhr klingelt und die Sonne am Horizont aufgeht, stürze ich mich die Leiter hinunter und eile zum Waschhaus. Katrin folgt mir. Wir lagen wohl beide die ganze Nacht wach. Das Schlafen in der Wildnis hat einen kleinen Preis. Den zahle ich gern, denn diese Erfahrung will ich nicht missen.

Stellplatz in Third Bridge

Eine Brücke endet im Wasser

Sonnenuntergang in Third Bridge

Was man sonst noch wissen sollte?

  • Parkgebühr am Ghoha Gate: 580 Pula (2 Personen + Auto / 120 Pula pro Person und Nacht + 50 Pula Auto pro Nacht)
  • Savuti Campsite: 1074 Pula pro Person für 2 Nächte + 10 Pula pro Nacht Bettensteuer
  • Moremi NP: 290 Pula (2 Personen für eine Nacht)

 

Tiertagebuch von Savuti nach Thrid Bridge

8.03 Uhr Elefant

8.08 Uhr Giraffe und 2 Kudus

8.15 Uhr Wild Dogs

8.24 Uhr 2 Giraffen

8.25 Uhr weitere Giraffe umringt von vielen Impalas

8.34 Uhr Impalas

8.37 Uhr Giraffe und Impalas

8.52 Uhr Elefant

8.56 Uhr 2 Giraffen

9.02 Uhr Elefant

9.28 Uhr Warzenschwein

9.36 Uhr Elefant

9.40 Uhr Wild Dog

9.55 Uhr Elefant

10.15 Uhr Dig Dig

10.27 Uhr Dig Dig

11.37 Uhr Strauß

12.00 Uhr 2 Elefanten

13.14 Uhr Zebras laufen über die Straße

Unseren 24 tägigen Roadtrip starteten wir in Windhoek und fuhren über die Sambesi-Region (Caprivi Zipfel) nach Botswana (Kasane, Chobe NP, Savuti, Moremi NP, Okavango Delta, Makgadikgadi-Salzpfannen, Kalahari) mit einem Toyota Hilux, den uns ASCO Car Hire in Windhoek zur Verfügung gestellt hat.
Ich wurde von Condor unterstützt. Alle Ansichten sind meine eigenen.

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