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Lost Place Vogelsang oder lost in Brandenburg

Kaserne Vogelsang

Ein erneuter Ausflug zu den Heilstätten Beelitz hat mich kürzlich wieder auf den Geschmack der Lost Places in Brandenburg gebracht. Orte, die sich die Natur langsam wieder zurückerobert. Orte, die man mit einem erhöhten Pulsschlag betritt, wenn das angebrochene Parkett oder die kaputten Dielen unter den Füßen vibrieren, Putz von den Wänden bröckelt und nur das Vogelzwitschern durch die längst gebrochenen Scheiben in das Innere der Gebäude dringen. Häuser, die überwuchern. Dächer, die eingebrochen sind. Mauern, auf denen Bäume und Gras wächst. Und dann ist da der einzige Farbklecks, der in den letzten Jahren hinzugefügt wurde – Graffitis. Wir sind in Vogelsang.

Kaserne Vogelsang    Kaserne Vogelsang

Anreise nach Vogelsang

Man erreicht das Gelände von verschiedenen Seiten. Wir haben ein Stück hinter dem Bahnhof unser Auto abgestellt. Dienlich war diese Karte vom Grundstück.

Hier überquerten wir die Schienen und kommen schnell auf einen Weg, der an einer alten, längst eingefallenen Schranke an den Schienen endet. Andere parkende Autos (vornehmlich mit B-Kennzeichen) weisen übrigens darauf hin, das man mit Sicherheit nicht allein ist.

Wir liefen ca. 3km durch den Wald auf einem Weg, der noch Reste einer Teerdecke erkennen lässt. Dann öffnete sich vor uns das erste Gebäude. Ein demoliertes, geöffnetes Eingangstor und ein Schild, das darauf hinweist, dass das Objekt bewacht ist, halten uns eben so wenig ab, wie ein verwaister Hundezwinger. Links liegen Garagen mit kyrillischem Schriftzug. Hinter dem ersten Gebäude vernehme ich Stimmen. Und tatsächlich, auf dem Hof sitzt ein älteres Paar und genießt die Atmosphäre. Wir biegen nach rechts ab und finden dort im kyrillischer Schrift ausgeschildert die „Cafeteria“. Ein Mahnmal mit verblassten Bildern sozialistischer Motive und abgeblätterter Schrift ist ein weiteres Reststück russischer Geschichte auf diesem Grundstück.

Kaserne Vogelsang

Kaserne Vogelsang

Kaserne Vogelsang

Unterwegs auf dem Gelände der ehemaligen russischen Kaserne Vogelsang

Dann gelangen wir in ein weiteres Gebäude mit einem riesigen Festsaal. Im nächsten Gebäude können wir die Schule ausmachen. Der Boden der Turnhalle ist sehr eingebrochen, kaum zu glauben, dass man hier einst Basketball spielte. Dann biegen wir weiter auf das Gelände ab, gelangen zu einem Bunker, dessen Eingang jedoch neuerlich zugemauert wurde. Wir bewegen uns weiter durch Gebüsch. Ein Specht klopft stoisch auf einen Baumstamm ein. Der Ortsname von Vogelsang scheint seine Berechtigung zu haben. Alles menschlich Erschaffene kommt und geht. Was bleibt, sind die Gesänge der Vögel, wo einst in den Hallen Kampfpanzer, Haubitzen und Geländefahrzeuge standen.

Wir erreichen einen Bereich, der eindeutig Wohnanlagen darstellt. Immer wieder tun sich Lücken auf, die auf einen Rückbau schließen lassen. Schließlich bestätigt uns ein Schild – hier wird zurückgebaut. Ein weiteres Schild warnt vor Asbestgefahr. Und tatsächlich legen sich mir längst schon der Staub und die Partikel anderer Stoffe in den Hals. Wir erreichen den Truppenübungsplatz und treffen hier auf einem Hügel auf andere Besucher. Sie meinen, hier wäre das Munitionslager. Eine Mauer und Stacheldraht trennt diesen Bereich von der normalen Anlage, auf der wir noch stehen. Wir entschließen uns, nicht weiter zu gehen. Inzwischen schüttele ich Zecken von meiner Hose und bevorzuge nun doch mal wieder einen normalen Weg. Wir sehen, dass das Gelände noch einiges hergibt, doch inzwischen ist es 18 Uhr und über uns braut sich ein Gewitter zusammen, so dass wir für diesen Tag erst einmal die Unternehmung beenden.

Kaserne Vogelsang

Kaserne Vogelsang

Kaserne Vogelsang

Wir haben in Vogelsang ein Skelett menschlicher Geschichte gefunden. Wir bewegten uns in leblosen Hüllen, die einst vor Leben strotzten. Diese Ruinen waren eine der größten Sowjet-Garnisonen außerhalb der Sowjetunion. Die gigantische Kaserne war Stützpunkt der 25. Panzerdivision und beherbergte bis 1994 zehntausende sowjetische Soldaten bis 1994. Doch wie auch an anderen ähnlichen Orten nahm hier die russische Armee so alles mit, was man wegbewegen konnte.

Kaserne Vogelsang

Kaserne Vogelsang

Wir fahren noch ein Stück (15 Minuten) weiter von hier nach Tornow und lassen den Abend bei einem leckeren Mahl in der Mühle Tornow ausklingen.

Was man noch wissen sollte?

Den Ort Vogelsang erreicht man von Berlin Lichtenberg mit der Bahn (Richtung Templin) in 1:12 h. Mit dem Auto fährt man am besten von der Prenzlauer Allee auf die 114 und dann kurz auf der A10 weiter, an der Abfahrt Mühlenbeck geht es die L21 Richtung Liebeswalde und dann weiter nach Zehneck und dort noch ein Stück auf der 109 Richtung Templin. Am Bahnhof parken und von dort dann die ca. 3km laufen

6 Kommentare

  1. Nick J sagt

    Schön geschriebener Beitrag und tolle Fotos!
    Mich würde ein Besuch eines solches Lost Place auch reizen. Mach mir allerdings Sorgen weil das Betreten doch sicherlich eigentlich nicht gestattet ist, oder?

  2. euch hätte ich gern getroffen. hätte alles von mir/uns sein können. inzwischen nach 4 jahren mehr als 25 plätze/gelände gefunden. eines bekannt,das andere wieder nicht. im grunde jedoch immer illegal. ich geniese aber genau das. das alleine sein,oder zu zweit.natur geniesen und die history/geschichte mit allem verbinden,das alles ist spannender als jedes mueseum mir geben könnte. claude

  3. Willy sagt

    Puh, ich finde Lost Places generell schon teilweise sehr gruselig (natürlich gleichzeitig auch wunderschön!), aber wenn es sich dann noch um ehemalige Wehrmachts- oder Sowjetkasernen handelt, dann wird mir doch etwas mulmig. Was wurde da wohl früher alles getrieben? Was passiert, wenn man auf ein wichtiges, zeithistorisches Dokument stößt…

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