Mit kräftigem Zug gleitet das Paddel meiner Begleiterin durch das Wasser, um dann schwungvoll die Tropfen durch die Luft zu wirbeln. Ein paar Spritzer bahnen sich ihren Weg ins Kajak. Jeder Tropfen erfrischt. Die spätsommerlichen Wälder, die den Tornowsee umschließen, spiegeln sich im tiefgrünen Wasser. Schräg vor unserem Kajak taucht ein Graureiher auf, der seinen Hals elegant der Sonne entgegenstreckt. Als wir uns nähern, fliegt er davon. Nur der Flügelschlag des Vogels und unsere Paddel durchdringen die Stille dieses Septembertages. Zufrieden seufze ich.
„Immer die kleinen Freuden aufpicken, bis das große Glück kommt. Und wenn es nicht kommt, dann hat man wenigstens die kleinen Glücke gehabt.“ Genau in diesem Moment fällt mir wieder dieses Zitat von Theodor Fontane ein, das ich am Morgen irgendwo im Hotel Resort Mark Brandenburg las.
Ich verbringe ein Wochenende auf den Seen nördlich von Neuruppin. Es ist nicht das erste Mal. Im Sommer vor der Wende machte ich mit meinen Eltern im benachbarten Alt Ruppin Urlaub. Jeden Abend schwamm ich mit meinem Vater über den See. Über uns die russischen Flieger – die einzigen Fetzen jener zwei Wochen, die meinem Gedächtnis erhalten geblieben sind. Jetzt stehe ich am Ufer und versuche auszumachen, wo genau ich damals geschwommen sein muss. Zum 70. Geburtstag meines Vater verbrachten wir ein Wochenende am Tornowsee. Das Plätschern des Baches, das sich nachts seinen Weg in mein Zimmer bahnte und in seiner Monotonie beruhigend wirkte, füllt wieder deutliche meine Gehörgänge. Vor 5 Monaten war ich zu Ostern vier Tage am idyllischen Zermützelsee. Die ersten Knospen kleideten die sonst so entblößte Natur, die unseren Bauwagen umgab. Ein paar Mal erkundete ich in den letzten 20 Jahren die Umgebung auch mit Rad. Sogar ein Wochenendhäuschen kauften wir damals fast in Molchow. Und doch entdeckt man Orte wie diesen immer wieder neu. Die wechselnden Jahreszeiten allein geben der Landschaft einen unterschiedlichen Anstrich. Und auch die Art der Bewegung und des Verweilens geben dem Ganzen seine Einzigartigkeit. Nun also im September und zunächst mit Floß.
Die Ruppiner Seenplatte mit Floß entdecken
Im beschaulichen Runddorf Molchow leihen wir bei TreibGut unser Floß und stechen nach ein paar Anweisungen von Chris und einer gemeinsamen Testfahrt mit ihm in See. Ruhig schnurrt der Motor, als wir noch etwas zaghaft Gas geben und vom Molchowsee in den Teetzensee gleiten. Die Pfeiler der aktuell sich im Bau befindenden Brücke sind die erste Herausforderung, die Fahreigenschaften des Floßes zu testen. Passt es? Passt es?… Mh, es passt! Und schwups öffnet sich ein neuer langer Schlauch, an dem ein paar Häuschen liegen und ansonsten nur Wald. Hin und wieder kommt uns ein anderes Floß entgegen. Man grüßt sich auf dem Wasser.
Es dauert nicht lange, als wir die nächste Brückenenge durchqueren müssen. Rechts schmiegen sich die Wochenendhäuser von Zemützel und links von Stendenitz an das Ufer des Zermützelsees. Der Steg vor der Waldschenke lädt größere Fahrgastschiffe zum Anlegen ein. Wir selbst entscheiden uns nach 1,5 Stunde Fahrt gegen einen Landgang. Unseren Anker können wir quasi überall setzen. Tatsächlich halten wir etwas später im idyllischen Rhin für eine Kaffeepause. Seerosenblätter, Schwäne, dahingleitende Kajaks – kitschig schön und doch das, was das Auge zum Abschalten sucht. Ich steige auf das Sonnendeck, dessen Betreten uns bei Fahrt untersagt wurde.
Die Sonne schiebt die schweren Wolken beiseite und lässt das Partner-Floß, das neben uns ruht, erstrahlen. Unsere Floßfahrt führt uns weiter – kleine umzäunte Grundstücke mit Bungalows und Wohnwagen schieben sich vorbei. Und dann ist da Zippelsförde. Die Fischerei in diesem Ort wurde uns empfohlen. Aber wir sind uns einig, auf Boden unter den Füßen hat keiner Lust, wenn er sich dem Rhythmus der Wellen hingeben kann. Wir setzen die Fahrt fort und erreichen den Möllensee. Ein paar Hausboote liegen bereits an den Ufern. Ansonsten ruht der See. Bis ans Ende wollen wir noch fahren. Bis dort, wo Boote im Wasser schaukeln. Aus der Ferne sieht der Steg bereits komplett besetzt aus. Doch kaum erblicken die Bootsbesitzer unsere Flöße, stürmen sie auf den Steg und fuchteln mit den Händen, um uns einzuweisen und auch gleich mit Hand anzulegen. Offen und freundlich werden wir begrüßt, ein kleiner Plausch am Ufer, wo sie sich bei Kaffee und alkoholischen Getränken am Tisch auf Campingstühlen zusammengefunden haben. Und auch ein Geheimnis wird verraten. Hinter uns im Wald liegt das ehemalige MfS Kinderferienlager „F.E. Dzierzynski“ Klausheide. Ein Lost Place – verlassen, aufgekauft nach der Wende und verrottet nun vor sich hin.
Auf dem Rückweg hoffen wir auf einen unvergesslichen Sonnenuntergang, stattdessen erreicht uns die nicht minder interessant anzuschauende Wolkenfront und zaubert aus einem Spätnachmittag plötzliche Nacht. Dann prasselt auch schon der Regen auf uns nieder.
Mit Kajak zur Boltenmühle
Unseren nächsten Morgen starten wir bei Sonnenschein am Zermützelsee. Die farbenfrohe Waldschenke ist Ausgangspunkt unserer Kajaktour zur Boltenmühle. Erste Gäste sitzen beim Frühstück im Garten und schauen auf den See, als wir unsere Boote ins Wasser schieben. Dann paddeln wir über den ebenen See und biegen in den Rottstielfließ ab. Ein Seeadler zieht über unseren Köpfen seine Kreise. Enten begleiten uns durch den spiegelglatten Kanal, der uns in den Tornowsee führt. Wieder keine Menschenseele. Verlassen und doch so voll – das ist das Bild, das sich uns bietet. Schilfgürtel schmiegen sich ans Ufer. Blickdicht schiebt sich der sattgrüne Waldrand in den Himmel. Kleine farbige Punkte im Blattwerk deuten auf den Jahresezeitenwechsel hin. Nur ein Angler mit Boot belebt das Bild, das sonst die Natur zeichnet.
Man muss kein Literat sein, um in der Mark Brandenburg Inspiration zu finden. Ein Wochenende am und auf dem Wasser des Ruppiner Seenlands umringt von dichten Wäldern ist das größte Glück, in dem sich das Großstadtherz verlieren kann.
Klein werden in der schieren Weite der Natur. Demütig sich dem hingeben, was einen umringt. Natur, Ruhe, Herzlichkeit. Ja, Brandenburg besteht aus so vielen kleinen Glücksmomenten, wie Fontane das einst sagte, dass wir Berliner großes Glück haben, in Windeseile hinausfahren zu können, um diese einzufangen.
Was man sonst noch wissen sollte?
- Übernachten: Etwas luxuriöser im Resort Mark Brandenburg in Neuruppin. // Ruhig mit dem Rauschen der Mühle im Ohr nächtigt man in der Boltenmühle. // Familiär geht es im Luisenhof in Molchow zu. // Wer es naturnah mag, dem kann ich die Bauwagen der Waldschenke in Stendenitz empfehlen.
- Speisen: Waldschenke in Stendenitz // Boltenmühle // Fisch kaufen in der Fischzucht Zippelsförde
- Cafés: Gunns Gartencafé in Molchow, River Café Molchow
- Floßverleih: TreibGut Floßstation Molchow (ein Floß fasst 8 Personen, 4 Personen können auch auf dem Floß schlafen)
- Kajak- und Radverleih: Rhinpaddel u.a. in Alt Ruppin, Stendenitz…
- Lost Place: MfS Kinderferienlager „F.E. Dzierzynski“ Klausheide am Möllensee
- Radtour um den Ruppiner See oder nach Rheinsberg
Ich wurde vom TMB Tourismus-Marketing Brandenburg im Rahmen der Instagram-Kampagne „Deutschlands Seenland“ zu dieser unbezahlten Recherchereise eingeladen. Die genannten Orte erkundete ich sowohl im Rahmen dieser Reise als auch individuell. Alle Ansichten sind meine eigenen.