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Cartagena – Kunst oder künstlich {DIARY}

Cartagena

El Dorado ist nicht gleich El Dorado. Das merken wir am nächsten Tag als wir weiter nach Cartagena wollen. Der neue Flughafen, der vor vier Monaten seine Pforten öffnete, zeigt sich lediglich den internationalen Gästen von der schönen Seite. Will man jedoch einen Inlandsflug antreten, wird man am neuen Terminal herausgelassen und kämpft sich durch eine Baustelle zum alten, bisher bekannten Flughafengebäude. Hm, das wäre doch auch eine Idee für BER, lieber Hr. Wowereit? Schönefeld ist doch auch ums Eck! Leider sind mit dem Bau des neuen Gebäudes auch alle Läden im alten Terminal verschwunden. Und so laufen wir durch ein leeres Labyrinth zu unserem Gate.
Cartagena, die Perle im Norden erwartet uns nur 1,5 Stunden später.

Schwerfällig versucht meine Lunge den Sauerstoff aus der dicken Luft zu filtern. Mein Körper kämpft noch gegen die Schwüle an, während sich meine Sinne schon gänzlich auf die Perle des Nordens eingestellt haben. Cartagena ist Musik! Aus allen Türen besonders in Getsemani tönt Musik.
Einst der größte Sklavenumschlagplatz Amerikas, tummeln sich heute Touristenscharen in den kolonialen Gemäuern der wunderschönen Stadt Cartagena de Indias. Und da Cartagena nicht nur durch seine gut erhaltene und aufgemöbelte Kolonialarchitektur besticht, sondern auch durch seine atemberaubende Lage, bin ich nach drei Jahren wieder zurückgekehrt, um mich von hier aus auf den mühevollen Weg nach Mompox zu machen. Doch bis dahin sind noch anderthalb Tage Zeit und die verbringe ich mit dem Auffrischen meiner Erinnerungen und der Erkundung der Umgebung, der Isla Barú. Schon die Ankunft im Stadtteil Getsemani hält einige Überraschungen für mich bereit.

Innerhalb drei Jahren hat sich hier nicht nur die Anzahl der umherschwirrenden Backpacker vervielfacht sondern auch die gesamte Infrastruktur um Kneipen, Cafés und Hostels. Innerhalb der 11 km langen, gut erhaltenen Stadtmauer mischen sich Touristen mit den zahlreichen Besuchern aus der Kunst- und Literaturszene, die zum Hay Festival gekommen sind. Wir streunen ein wenig durch die historischen Gassen und genießen den Ausblick von der Stadtmauer. Jede Straße innerhalb der Mauern ist ein Schmuckstück. Plätze wie der Plaza Fernandez de Madrid und der Plaza de San Diego laden mit ihren Cafés und Restaurants zum Verweilen ein. Hier wird auch draußen bestuhlt, was sonst im Centro nicht so üblich ist. Für Sparfüchse ist aber alles innerhalb der Stadtmauern eher nicht zu empfehlen, denn die Preise sind schon sehr deftig. Getsemani ist da sicherlich die bessere Wahl.

Wir kämpften noch immer mit dem Jetlag und der Konkretisierung unserer Pläne für die nächsten Tage. Die Nachteile des Stadtstrands kannte ich bereits von meiner letzten Reise. So organisierten wir uns ein Boot zur Insel Barú. Die Boote verlassen alle zwischen 7 und 9 Uhr morgens den Hafen und kehren nach 16 Uhr nach Cartagena zurück. So kann das mit der Jetlagbekämpfung auch nichts werden. Aber bevor wir wieder die Karibik verlassen, wollen wir doch zumindest einen Tag am Strand verbracht haben. Alternativ hätte es noch Rosario sein können, doch hier hetzt man von einer Insel zur nächsten und besucht das Aquarium.

Unser Boot startet vom Yachthafen in Manga. Dieser Stadtteil ist über die Puente Román mit Getsemani verbunden. Befinden sich in Getsemani eher niedrige Häuser von ehemaligen Handwerkern und Arbeitern, führt unser Weg in Manga durch Villenviertel. Neben dem Hafen von Cartagena liegt der kleine protzige Yachthafen und unter den Palmenüberdachungen warten Südamerikaner, die auf der Sonnenseite des Lebens stehen, auf die sonntägliche Überfahrt. Eine Stunde dauert es, vorbei an Bocagrande, der Festungsanlage Fuerte San Fernando de Bocachica, bis wir in einer wunderschönen türkisfarbenen Lagune unseren Zielort erreichten – ein kleiner Strand, der zum Barú Sports Hotel gehört. Der Weg führte uns vorbei an Privatinseln und Yachten schwerreicher Leute. Kolumbien – Land der Gegensätze.
Grundsätzlich ist wenig Strandstreifen zu sehen. Überall ragen entweder Mangroven aus dem Wasser oder Felsen empor. An dieser Stelle sind jedoch die Strände künstlich von den Mangroven befreit worden. Einige dienen noch als natürlicher Sichtschutz. Wir ließen uns zum Playa Azul übersetzen, wo wir nun an einem Palmen gesäumten Bilderbuch-Strand zur Ruhe kamen. Fast! Denn es könnte alles so schön sein, wäre ich nicht ich. Immer wenn es perfekt zu sein scheint, kommt mal wieder ein kleines Unheil hinzu. Ich verbrachte tatsächlich mehr Zeit floatend im Wasser, als im Sand, als es plötzlich auf meinem ganzen rechten Arm höllisch brannte. Das unsichtbare Feuer musste wohl eine Qualle entfacht haben. Wenige Minuten später sah ich auch das karibische Andenken auf meiner Haut. Vom Handgelenk bis zum Ellenbogen breitete sich ein wunderbarer Nesselausschlag aus, der zudem höllisch schmerzte. Während ich mit oder gegen das Brennen kämpfte, traten die Einheimischen mit Offerten aller Art an uns heran: Massagen und Schmuck, Wasserski oder -Banane. Wir bevorzugten einfach nur mal Ruhe. Und die lässt sich leider nicht kaufen. Die Rückfahrt war nicht mehr ganz so relaxt, denn nun hieß es, gegen die Wellen anzukämpfen. Wir sprangen gegen die Wellen, die uns immer wieder heftig abwarfen und auf die harte Oberfläche knallen ließen. Während alle auf dem Boot lauthals schrien, krallten sich die Hände fest. Der Segeltörn nach Panama kann warten.
Cartagena ist unvergleichbar schön, das kann man nicht abstreiten. Das zieht natürlich Touristenströme an. Doch stimme ich den Worten eines Schweizers zu, den wir auf der Bootstour trafen: „Cartagena is beautiful but somehow artificial.“

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