Mit leichtem Regen auf unserem Jurtendach wurden wir am Morgen geweckt. Regen in der Gobi! Wir konnten es nicht glauben in diesem staubtrockenen Umfeld. Bald fuhren wir weiter Richtung Khongoryn Els – der singenden Düne. Die Landschaft verwandelte sich wieder in eine Grasbüschelsteppenwüste auf einer weiten Ebene. Wir hielten nach Antilopen Ausschau, bekamen aber keine zu Gesicht. Immer weiter fuhren wir an einer kleinen Bergkette entlang, passierten den Ort Bulgan, bis wir über die Bergkette fuhren und sich vor uns die Düne auftat. Khongoryn Els – die 180 km lange Wanderdüne, die sich immer weiter von Westen in den Osten bewegt. Wir sehen von den Bergen kommend am Horizont leicht verschwommen das Dünenfeld. Doch je näher wir kommen, umso deutlicher wird es. Zunächst suchen wir jedoch unser Camp Gobiin Anar auf. Hier treffen wir wieder auf die große Gruppe Brasilianer, die wir das erste Mal in Kharkorhin auf dem Monument Berg trafen. Diese Gruppe ist sehr nett, offen und immer für ein Pläuschchen gut. So saßen wir auch beisammen auf der einladenden Veranda des Camps. In diesem Camp merkte ich erst, was ich die vergangenen Tage sehr vermisste, einen Ort, an dem man sich einmal außerhalb seiner Jurte aufhalten konnte – einfach abends oder mittags draußen sitzen, aber doch im Schatten. Und diese große, herrliche Veranda bot dies vorzüglich, sogar mit Blick auf das Dünenfeld. Am späteren Nachmittag besuchten wir eine Kamelzüchterfamilie, bekamen Gebäck und salzigen Milchtee angeboten. Dann ging es auf einen Kamelausritt zu den Dünen. Zuvor passierten wir ein ausgetrocknetes Flussbett. Das Kamel war wesentlich komfortabler als das Pferd. Im Mai erst in Marokko tat mir alles weh nach einer zweitägigen Dromedar-Tour. Die Dünen wurden größer und mächtiger. Später durften wir die Größe selbst noch einmal ausmessen. Doch nicht die Höhe macht es allein, sondern die Materie feinsten Sandes. Dieser wollte meine Schritte einfach nicht tragen. Und so rutschte ich mehr recht als schlecht, vor allem das letzte steile Stück mehr runter als nach oben. Mit einem schönen Ausblick über ein großes Sanddünenfeld südlich der großen Düne wurden wir schließlich belohnt – bei untergehender Sonne. Wir waren so spät dran, dass sich kein anderer mehr auf diesem Dünenfeld befand. Somit konnte man allein auf dem Kamm die Aussicht genießen. Am Dünenfuß war ein Volleyballnetz gespannt. Hier vergnügten sich die Mongolen. Hinter den Dünen tat sich noch einmal eine Bergkette auf mit über 2500 m. Und vor dem Dünenfeld lag die mongolische Steppenwüste mit kleinen grünen Büschelpflänzchen platt da. Der Abstieg gelang wesentlich leichter als der Aufstieg, auch wenn der Hang teilweise sehr steil nach unten ging, rutschte man wunderbar, ohne zu schnell zu werden. Gegen 19.30 Uhr waren wir wieder im Camp zurück. Unser Tisch war bereits vergeben, da wir um 19 Uhr erwartet worden waren. Da haben wir wohl mal vor lauter Begeisterung das Programm gesprengt. Den Abend ließen wir auf der Veranda des Restauranthauses ausklingen. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass dies der letzte Abend in einem Jurtencamp sein würde. Trotzdem genossen wir ihn, als wäre es der letzte, in weiser Vorahnung. Als ich später in der Jurte mein Buch aus dem Rucksack nehmen wollte, bemerkte ich ein Rascheln darin. Ich zuckte kurz zurück, wagte dann doch noch einmal einen Blick hinein, in der Wüste weiss man ja nie, was einem auf vier, zwei oder keinen Beinen begegnet. Hier schauten mich zwei zuckersüße Mäuseäugchen an. Doof war nur, das diese Maus sich den falschen Ort ausgesucht hatte. Unsere Speisetüte lag nur in 2 Metern Entfernung, aber sie begnügte sich stattdessen mit Toilettenpapier. Ich schloss die Maus kurz im Rucksack ein, um sie vor der Jurte auszusetzen. Nur leider ist so eine Jurte recht undicht. Und so suchte sich die Maus den Weg zurück in die Jurte.
Veröffentlicht am 8. September 2012
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