Eine kopfsteingepflasterte Straße schlängelt sich an der Außenseite der Berge, die den Kern von Quito umsäumen, hinab in das Tal von Cumbayá mit dem Machángara-Fluss. Farbig gestrichene Häuser säumen den Weg. Und wo kein Haus steht, zieren Mauern mit bunten Graffitis den Weg. Würden sich nicht Autos die enge Straße hinabwinden, wäre man im Glauben, ein abgeschiedenes Paradies für sich entdeckt zu haben. Tatsächlich wurde Quito, bevor es die besser ausgebaute mautpflichtige Schnellstraße in das Stadtzentrum gab, sehr gern über diesen beschaulichen Stadtteil angefahren, der auf mich wie ein verschlafenes, altes Dörfchen wirkt. Auch wir haben Guápulo auf einer Fahrt mit Einheimischen entdeckt, die bei unserer Rückfahrt in die Stadt eine Abkürzung nehmen oder einfach nur Geld sparen wollten.
Quito ist verglichen zu anderen südamerikanischen Großstädten sehr überschaubar. Dies liegt nicht zuletzt auch an der besonderen Lage, die die ecuadorianische Hauptstadt ausmacht. In einem kleinen Talkessel zwischen den auf 4000 m aufsteigenden Bergen und Vulkanen gelegen ist alles eng beieinander. Doch Quito ist mehr als das, was das Auge zuerst erfasst. Wer das Großstadtleben im Kessel satt hat und über diesen Tellerand hinausblicken will, der sollte einen Ausflug in den schmucken Stadtteil Guápulo wagen. Ein Spaziergang vom Hotel Quito hinab in das Tal ist wie eine kleine Zeitreise. Plötzlich taucht man von den schicken, teuren Stadtteilen Bellavista und La Floresta mit ihren Hochhäusern in eine andere Zeit ein.
Am Mirador de Guápulo sitzen nur zwei Pärchen, die weniger den Blick für die Aussicht als für sich selbst haben. Wir verschaffen uns von hier einen Überblick und machen zwei Wege aus. Links neben dem Aussichtspunkt verlaufen Treppen den steilen Berghang hinab, rechts hingegen windet sich auf 4,3 km bis zur Kirche eine Straße hinab, die weniger steil anmutet. Wer sich vor seinem Spaziergang noch stärken will, der sollte die Straße wählen. Auf der linken Seite findet man wenige Meter vom Aussichtspunkt das Warmí, das sich selbst als „artesanalmente gourmet“ bezeichnet. Um das mehrgängige Menü zu testen, muss man mit mindestens vier Personen vorreservieren, zu zweit kann man auch einen Wochenendbrunch oder eben einen Nachmittagskaffee genießen.
An diesem Tag nehmen wir die Treppen und treffen dann auch wieder auf den Camino de Orellana, die eigentliche Straße. In einer Kurve passieren wir als erstes das Rayuela, das Kunst, Design und Kunsthandwerk herstellt und verkauft. Wir werden noch einige dieser Läden sehen. Guápulo wird nicht umsonst als das Herz der Künstler, Kreativen und Aussteiger gesehen, das nicht zuletzt auch immer mehr Ausländer anlockt, was wieder einen Anstieg der Preise mit sich zieht. Die Attraktivität von Guápulo erschließt sich auch uns auf dem ersten Blick, würden wir auswandern wollen, wäre dies sicherlich ein heißer Favorit.
In einem gelben Haus befindet sich mit dem ananke eine kleine Pizzeria, daneben das Café Guápulo Arte. Rechts geht es in die Calvario hinein und dann folgt man immer der Mauer der Spanischen Botschaft. An einer rechten Straßenecke zum Plaza Leonidas richtet sich unser Blick hinauf auf eine kleine Anhöhe, auf der sich ein weißes Haus mit blauen Fenster- und Türrahmen befindet. Tische und Bänke stehen davor, auf denen Ausflügler speisen. Es gibt ein Gericht, wie bei Muttern eben. Die Frage nach dem Namen dieser Lokalität wird mit einem Schulterzucken beantwortet. Sie hätte keinen Namen, überhaupt kochen sie auch nur an den Wochenenden. In Anbetracht dessen, dass alle anderen Lokale erst abends öffnen, zieht das Lokal ohne Namen an diesem Sonntagnachmittag doch eine Menge Gäste an. Nach einer kleinen Stärkung gehen wir die Straße weiter hinab bis zum Plaza de Guápulo mit Kirche und Museo Franciscano. Die Kirche beheimatet eine der schönsten Jungfrauenstatuen, die Virgen de los Ángeles. Bei unserem Besuch ein paar Tage später wird gerade alles gesäubert. Tatsächlich mussten wir noch einmal zurückkommen, da die Kirche bei unserem ersten Ausflug an einem Sonntag geschlossen war. Die Öffnungszeiten sollte man hier im Blick behalten – Wochentags 8 bis 12 und 14 bis 18 Uhr, Eintrittspreis 1,50 USD.
Auch wenn es in Guápulo mit seiner Kirche aus dem 17. Jahrhundert und dem dazugehörigen Kloster das einzige bedeutende Bauwerk zu sehen gibt, so hat der hübsche Stadtteil doch sich selbst. Es bedarf keiner Sehenswürdigkeiten, wer hierher kommt, sucht einfach nur die Ruhe, die Muse und das Feeling, „auf dem Dorf“ zu sein und am Abend auszugehen.
Wir laufen noch ein Stück weiter den Camino Francisco Compte bis zum Parque Guápulo. Nur eine halbe Stunde von der Innenstadt Quitos entfernt findet man hier auf 19 Hektar eine kleine Oase. Vier Wanderwege – Sendero Piedra, Sendero Eucalipto, Sendero Zurros und Sendero Palmera – leiten einen durch die Parkanlage mit einem kleinen Teich und Aussichtspunkten. Wer noch mehr Outdoor Feeling sucht, bringt sein Zelt mit. Ein kleiner ausgewiesener Platz lädt zum Campen ein. Wir setzen uns auf eine Bank nieder, um uns sitzen Familien mit Kindern im Gras, um zu picknicken und zu spielen. Wir holen uns an einem Kiosk einen Kaffee und genießen den Blick durch das Tal. Von hier sieht man nur noch grün, hier hat man die Stadt endgültig hinter sich gelassen. Der Park ist täglich von 6 bis 18.30 Uhr geöffnet und ist bewacht.
Wir bleiben nicht ganz so lange, wohlwissend, dass uns das schwierigste Stück unseres Ausflugs noch bevorsteht – der Rückweg. Natürlich geht es nun nur noch bergauf, über uns thronen die Klippen, auf denen die Hochhausfront von Bellavista zu sehen ist. Wem der Rückweg laufend zu anstrengend ist, der kann sich vor der Kirche ein Taxi nehmen oder den Weg von der Kirche noch weiter nehmen, wo sich auch eine Bushaltestelle befindet. Zurück auf dem Berg wollen wir im Stübel noch etwas trinken, doch auf der leeren Terrasse ist nur der willkommen, der auch speist. So schauen wir vom Mirador noch einmal hinab in das grüne Tal, bevor wir wieder in den grauen Großstadtdschungel eintauchen.
Was man wissen sollte:
Der Mirador de Guápulo ist ein wunderbarer Ausgangspunkt für einen Spaziergang durch Guápulo. Nehmt ein Taxi zum Hotel Quito in Bellavista und lauft dann am besten den Hang runter und entdeckt die kleinen, farbigen Gassen dieses ländlichen Stadtteils von Quito.
Achtung: Die kleinen Restaurants und Cafés sind erst abends geöffnet. Tagsüber ist Guápulo recht verschlafen.