Cali es caliente (Cali ist heiß), sagt man hier in Kolumbien. Und das ist durchaus auch wörtlich zu nehmen. Zum einen überschreiten die Temperaturen hier tagsüber locker die 30-Grad-Grenze, zum anderen gilt es als heißes Pflaster (man könnte es auch als temperamentvoll bezeichnen). Und dann ist Santiago de Cali auch noch die ungekrönte Hauptstadt des Salsa und auch die Heimat vom ex. Herthaner und neu Dortmunder Sergio Ramos.
Spiel1: Deportivo Cali vs. Envigado
Ergebnis: 1:1
Stadion: Estadio Olímpico Pascual Guerrero, Santiago de Cali
Zuschauer: 4916 Zuschauer
Liga: Primera A, Kolumbien
Spieltag: 10.11.2013
An fast keinem anderen Ort Kolumbiens ist die Musik so präsent und begleitet einen durch den Alltag wie in Cali – allem voran die hier beheimatete Spielart der Salsa rumbera/ Salsa Caleña (wer hören will wie sich das anhört, einfach mal eine Suchmaschine nach Grupo Niche oder Orquesta Guayacan befragen). Doch von all dem fand ich – von der Hitze mal abgesehen – nach meiner Ankunft im Stadtzentrum erst mal gar nichts vor. Es war Wochenende und die Stadt war wie ausgestorben. Die meisten Lokale und Geschäfte waren geschlossen, und kaum eine Menschenseele bewegte sich auf den Straßen.
Aber nur ein paar Straßenzüge von der zentralen Plaza Caycedo entfernt fand ein Straßenmarkt statt. Da war es wieder, dieses vertraute Gewusel, das mir schon so sehr gefehlt hatte. Aus den auf den Bürgersteigen platzierten Boxen dröhnten bekannte Rhythmen, Waren aller Art wurden feilgeboten, und Kinder spielten auf der für den Kraftverkehr gesperrten Straße. Zeit, um mich mit ein paar MP3-CDs einzudecken und meine Suche nach einem mir passenden Fußballtrikot fortzusetzen. Mein Augenmerk lag natürlich auf einem grün-weiß-gestreiften Exemplar von Atlético Nacional, was aber in Cali ungefähr so erfolgsversprechend ist wie zu versuchen, sich in Hannover nach einem Braunschweig-Trikot durchzufragen. Und nachdem ich selbst in Medellín schon nicht fündig geworden war, schwanden die Chancen hier recht schnell gegen Null. Das kolumbianische XL ist mir einfach zu eng. Dafür verköstigte ich mich an den überall anzufindenden Obstständen. Frisch gepresste Säfte und mundgerecht vorgeschnippelte Früchte für wenige Cent. Das Angebot reicht dabei von uns Vertrautem wie Mango, Ananas oder Maracuja bis hin zu in Europa nicht gerade geläufigen Carambola, Lulo oder Pitaya. Oder mal eben ein frisch gepresster Zuckerrohrsaft mit Limette. Das Angebot ist endlos. Definitiv eines der täglichen To-do‘s. Und keine einzige Vitamintablette musste auf dieser Reise geopfert werden. Für den etwas deftigeren Gaumenschmaus sei die papa rellena (gefüllte Kartoffel) empfohlen: eine mit Reis, Fleisch, Ei und Kräutern gefüllte, frittierte Kartoffel. Schmeckt vorzüglich und danach ist man satt wie nach einem großen englischen Frühstück.
Ähnlich wie in Bogotá gibt es hier mit dem Mio ein Expressbusliniennetz, das ich auch zur Fahrt zum Stadion nutzte. Es war ein brütend heißer Sonntagnachmittag und am letzten Spieltag der regulären Clausura-Saison, bevor diese in eine Meisterschafts- und Abstiegsrunde geteilt wird, war Deportivo Cali als Tabellenvierter bereits für erstere qualifiziert. Der Zuschauerzuspruch war entsprechend gering. Das Kassenhäuschen war gleich gefunden, und auch heute gab es mehr Angebot als Nachfrage, sodass ich für ein Sponsorenticket den halben regulären Preis zahlte. Keine 5000 Besucher fanden sich ein, wobei vor allem die Barra erst gegen Ende der ersten Halbzeit antanzte und ihren Block einigermaßen ausfüllte. Deren Support war dann aber in der zweiten Hälfte trotz der gegebenen Umstände sehr beachtlich. Ich für meinen Teil war froh, im Schatten sitzen zu dürfen und mich nicht unnötig bewegen zu müssen. Fußball bei über 30 Grad ist einfach zu anstrengend. Und das zeigte sich leider auch auf dem Platz: Ein sinnloser Kick, auf den beide Teams nicht wirklich Lust hatten, und sich schließlich 1:1 trennten.
Da jetzt eine einwöchige Fußballpause anstand, reiste ich zurück in die Zona Cafetera, um etwas die Natur zu genießen. Salento ist ein wahres Bilderbuchstädtchen mit bunten Fassaden, kleinen Läden, kaum Straßenverkehr, und gemütlichen Kneipen mit Billiardtischen und Domino-spielenden älteren Herrschaften. Klein, aber fein. Sehr beschaulich und ruhig, aber alles andere als langweilig. Nur an den Wochenenden verwandelt sich der zentrale Platz in einen Jahrmarkt für die Wochenendausflügler. Hier lassen sich auch schöne Tageswanderungen unternehmen, so etwa durchs Valle de Corcoa. Dabei bewältigt man gut 1000 Höhenmeter und stapft über teilweise sehr matschige Pfade durch den Wald und erfreut sich an den Kolibris und Schmetterlingen, die hier in Scharen herumschwirren. Frische Luft und etwas Bewegung haben schließlich noch keinem geschadet. Den Höhepunkt der schweißtreibenden Tour bietet dann aber der Abstieg in das Tal mit den Wachspalmen, die eine Höhe von bis zu 60 Metern erreichen und damit die höchste Palmenart der Welt ist. Der nachmittags einsetzende Nebel verleiht dem ganzen ein ziemlich surreales Ambiente. Tropische Temperaturen, Palmen und dazu Nebel wie aus einem englischen Gruselfilm mit Christopher Lee aus den Sechziger Jahren.
Was man, wenn man schon mal hier ist, auch nicht verpassen sollte, ist ein Besuch einer Kaffeeplantage. Die gibt es hier zuhauf, und eine Führung mit anschließender Eigenproduktion seiner Tasse Kaffee (inkl. Rösten und Mahlen der Bohnen) kostet nicht viel und erweitert den Horizont. Empfehlenswert sind hier auch die Forellen, die in fast jedem Lokal angeboten werden. Mit einem Menu del dia (Tagesmenü) liegt man auch hier meist richtig. Für weniger als 5 Euro bekommt man eine Suppe, ein Hauptgericht (Fleisch oder Fisch), eine Reihe von Beilagen (z.B. Reis, Kochbananen, Gemüse, Kartoffeln), ein Glas Saft und oft noch einen Nachtisch.