Leichendieb spielt in der Grenzregion Brasilien und Bolivien. In Corumba im Bundesstaat Mato Grosso am Rande des Pantanals, dem Schauplatz des Romans, gibt es nur Hitze. Die tägliche Bewegung wird hier zur Herausforderung und dieses Gefühl sprießt aus jeder Pore des Protagonisten. Der Roman, den ich während unserer Transsib-Reise an einem Nachmittag im Zug verschlang, bietet die typische Mischung eines Thrillers aus Lateinamerika: Zufälle, Drogen, Mafia und Erotik. Doch von der ersten Seite an zeigt uns die Autorin Patricia Melo, dass ihr Kriminalroman mehr ist als ein Abziehbild, das alle Clichés erfüllt. Im schnellen Tempo erzählt der geschickt konzipierte Roman in einfacher und direkter Sprache über Gut und Böse in dieser vor Hitze atemraubenden Gegend.
Doch diesmal ist der Protagonist nicht Kind der Favelas sondern ein gefallener Manager. Ein getriebener Paulistano auf der Flucht vor seinem Leben in der Großstadt. Soll man Mitleid mit ihm haben? Ist er ein Aussteiger oder ein Nichtsnutz? Durch einige Zufälle wird der Ich-Erzähler Zeuge eines Flugzeugabsturzes – das typische Spiel, „im falschen Moment am falschen Ort zu sein. Im Inneren der Maschine findet er neben der Leiche des Piloten, Sohn eines Großgrundbesitzers, auch eine größere Menge Kokains. Der nächste Karriereschritt als Drogendealer bringt ihn in den Strudel des grenzüberschreitenden Drogenhandels und fordert viel Kreativität, um diesen wieder zu entkommen – getreu dem Motto schlimmer geht’s immer. Auf knapp 200 Seiten findet man die vielfältigen Herausforderungen Brasiliens und Südamerikas wieder: (übermächtige) Großgrundbesitzer, prekäre Familien, Indios am Rande der Gesellschaft, Drogenkriminalität und Bolivien als Land 2. Klasse, um nur einige zu nennen. [LD]
Patrícia Melo | Tropen bei Klett-Cotta; Auflage: 3., Aufl. (18. September 2013) | 203 Seiten | 18,95€ | ISBN 978-3608501185
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