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Montevideo

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Montevideo klingt mondän, graziös und lässt große Erwartungen offen. Mein erster Eindruck, nachdem ich den 26,5 Stunden Busmarathon und den modernen Busbahnhof Tres Cruces hinter mir gelassen habe, macht sich am Hotel Arapey fest, in dem ich die ersten Stunden nächtige, bevor ich nach Pocito wechsele. Eigentlich wollte ich einen Tag in der Innenstadt nächtigen und hatte somit das Hotel ausgesucht, nun blieben mir nur 12 Stunden bis zum Check-out, und die würde ich definitiv zum Schlafen benötigen. Das Hotel scheint einer anderen Zeit zu entspringen, so altertümlich kommt es daher. Erinnert es mich gar an alte Hotels in Osteuropa. Dieses alte Mobiliar mit Verzierungen, das vergilbte Zimmertelefon, das Korbgeflechtbett – nur der Service mag nicht in das Bild passen. Die unfreundliche Rezeptionistin scheine ich gestört zu haben und mag keine meiner Fragen so richtig beantworten. Wenigsten ruhig war es. Am Morgen beim Auschecken durfte ich einen weiteren unfreundlichen Rezeptionisten kennenlernen. In diesem Hotel scheint eine Eigenschaft das Personal zu einen, vielleicht macht aber auch nur der Arbeitsplatz mürbe. Wie auch immer, wollte man hier am liebsten nur Dollars und nur ungern uruguayische Pesos. Bei einem Wechselkurs von 1:19,3 erdreistet sich das Hotel ganz offiziell 1:24 zu berechnen, als sei der Dollar der Euro. Nach langer Diskussion, denn ich wollte nicht meine letzte Dollarreserve zücken, nahm er meinen Kurs  (und den der Börse) an. Scheinbar macht die Realität vor der Tür des Arapeys halt.

Ein äusserst freundlicher und noch viel mehr gesprächiger Taxifahrer im Rhett Butler Stil polierte das Image der Montevideaños auf. Er lud mich gleich zum Essen ein. In Pocito angekommen wehte gleich ein modernerer Wind. Hier ist Wohn- und Strandgegend – oder zumindest pendelten schon am frühen Morgen die Menschen mit dem Liegestuhl unterm Arm zwischen Wohnhaus und Strand. Ein- bis zweistöckige alte Häuser umringen die grünen Straßen – die meisten mit Vorgärten. Hier lässt es sich leben.

Noch mehr Neoklassizismus aus dem 19. Jahrhundert findet man in der Altstadt Ciudad Vieja nahe dem Hafen. Nicht aufpoliert wie anderswo, sondern noch alt und verfallen. Man scheint gerade erst den eigenen touristischen Wert zu erkennen, so sieht man hier nahezu in jedem Straßenzug Bauarbeiter. Wie wird die Stadt wohl in 1-2 Jahren ihr Gesicht verändern? Noch versprüht die Stadt hier einen osteuropäischen Charme, was ich nicht negativ meine. Aber ich habe irgendwie etwas mehr Glanz erwartet. Stattdessen alles noch sehr alt. Außer an wenigen Punkten wie am Hafen oder dem Plaza Independencia sieht man nicht viele offensichtliche Touristen. Stattdessen reihen sich im Straßenverkehr immer wieder alte Pferdekutschen in die Schlangen ein. Sie scheinen hier auch für die Müllentsorgung zuständig zu sein. Moderne und Tradition findet man hier auf engstem Raum. Man könnte sich immer wieder einzelne Gebäude rauspicken als Fotomotiv – aber nur selten ganze Straßenzüge. Immer wieder drängen sich runtergekommene Häuser aus dem letzten Jahrhundert dazwischen. Die Strände hingegen werden von mehrstöckigen hässlichen Hochhäusern umsäumt. Kein schönes Antlitz. Aber effektiv und bestimmt teuer. Am Hafen sollte man unbedingt den Mercado del Puerto besuchen, ein altes Gebäude, in dem sich mehr oder weniger verschiedene Kneipen und Restaurants tümmeln. Was hieran besonders sein sollte, erschloss sich mir nicht. Stattdessen faszinierte mich der Hafen, von dem aus Schiffe nicht nur nach Buenos Aires rübermachen – auch mit Venezuela, Ecuador und Brasilien beflaggte riesige Segelschiffe findet man hier. Den Abend kann man wunderbar am Strand ausklingen lassen, wie es die Uruguayer tun, bei einem gemütlichen Mate oder mit sportlichen Aktivitäten.

Am Mittwoch wollte ich eigentlich einen Strandtag einlegen, doch aufgrund des bedeckten Himmels entschied ich mich den Strandtag sportlich zu begehen. So lief ich von Pocito den Strand immer entlang bis ich in der Altstadt ankam, was ein recht weiter Weg war. Unterwegs traf ich auf eine nette gesprächige brasilianische Mutti mit Sohn, die mich in eine längere Unterhaltung verwickelte. Spanisch, Englisch und Portugiesisch – alles wurde ausgepackt. Vor uns lag ein gestrandeter Seehund. Ich dachte erst, er sei tot, dabei lag er auf dem Sand und ruhte sich aus. Seine träge Atmung verriet, er war am Leben. Der Lauf in die Altstadt war weniger entspannend, führte er permanent direkt an der mehrspurigen Strasse entlang und so begleitete mich stets der Verkehrslärm. Auf dem Rückweg nahm ich selbstverständlich den Bus. Abends wollte ich mir mit Marc, einem Deutschen, eine Karnevalsfeier im Velodrom ansehen. Doch als wir ankamen, schien sie abgesagt wurden zu sein. Was bleibt nun von Montevideo im Gedächtnis? Ich wollte ein Flugticket von Continental rückbestätigen und bei GOL schaute ich vorbei, um mein Ticket nach Bogotá zu bezahlen. Beide Male wurde ich auf Buenos Aires verwiesen. Montevideo – die kleine Schwester von BA? Stolz auf die eigene Unabhängigkeit – scheint dieser in der eigenen Währung zu zerfallen. So ist die Bezahlung mit Dollars äußerst erwünscht und meist auch so ausgeschrieben. Selbst im Supermarkt nimmt man Dollars.

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