Wieder klappern die Hufe über das alte Kopfsteinpflaster der Stadt. Es ist nicht die erste Kutsche, die uns in der weitläufigen, typischen brandenburgischen Allee überholt. Wer nach Rheinsberg kommt, verspürt ein bisschen den Charme alter Zeiten. Immer wieder habe ich Bilder meiner Schulzeit von Fontane vor Augen. Und da dürfen Kutschen und niedrige Häuserfassaden natürlich nicht fehlen. Was auch nicht fehlen darf, ist das Schloss, für das das beschauliche Städtchen mit perfekter Wald- und Seenlage weit über das Ruppiner Land hinaus bekannt ist. Viele Jahre fuhr ich regelmäßig durch Rheinsberg auf meinem Weg in den Norden. Allenfalls für ein Eis oder einen Stopp in der Bäckerei reichte meist die Zeit. Manch eine Kanutour begann hier auch vor Jahren. Doch eines war immer gleich – ein verhülltes Schloss. Mal war es die rechte, mal die linke Seite, nie bekam ich die volle Schönheit zu sehen. Der Ort, an dem Friedrich der Große seine glücklichen Kronprinzenjahre verbrachte, entfaltete sich nie in seiner vollen Pracht.
Was auf dem ersten Blick wie eine normale brandenburgische Architektur aussieht, wurde von Knobelsdorff nach einem Brand 1740 entworfen und folgt einem strengen Muster. Ein einheitliches, rechtwinkliges Straßenkarree ziert die barocke Stadtanlage mit der Postmeilensäule im Herzen. Doch nicht nur die Stadtanlage entwarf Knobelsdorff neu, sondern auch ein dreiflügeliges Schloss am Grienericksee, wo einst eine Wasserburg stand. Mit der Thronbesteigung von Friedrich der Große in Berlin schenkte er das Schloss Rheinsberg seinem Bruder Prinz Heinrich, der im Schlosspark direkt gegenüber dem Schloss in einer Grabpyramide beigesetzt wurde. Durch die gepflegte Parkanlage direkt am See zwischen Laubengängen, Gartenpavillon und Feldsteingrotte zu spazieren, lässt sich kaum ein Besucher entgehen.
Nach einer Periode, in der das Schloss in Vergessenheit geriet, hob Kurt Tucholsky mit seiner Erzählung „Rheinsberg, ein Bilderbuch für Verliebte“ die kleine nordbrandenburgische Stadt aus der Vergessenheit und sogar auf die Bühne der Weltliteratur. Im Schloss würdigt man den großen Schriftsteller mit dem Kurt-Tucholsky-Literaturmuseum. Neben einer Dauerausstellung zu seinem Leben und seinen Werken lesen hier auch regelmäßig andere Schriftsteller.
Nicht nur Literatur spielt in Rheinsberg eine Rolle, sondern auch die Musik. Neben dem Wassergraben liegt das 1774 erbaute Schlosstheater, in der die Musikakademie Rheinsberg ihren Sitz hat. Und auch die Kammeroper Rheinsberg ist hier mit ihren Opernaufführungen jeden Sommer eine feste Instanz.
Vom Schloss laufen wir weiter – immer der engen Uferpromenade entlang. Auf der Terrasse der Gaststätte „Zum Fischerhof“ trinken wir einen Kaffee und schauen dabei auf den See hinaus. In der kühlen Frühlingsluft kreisen ein paar Vögel. Ansonsten ruht der See, auf dem sich im Sommer Boote tummeln.
Als wir genug Seeluft geschnuppert haben, laufen wir zurück ins Stadtzentrum – hier dominiert die St. Laurentius-Kirche das Stadtbild. Sie wird eingerahmt von gepflegten, zweigeschossigen Bürgerhäusern im märkischen und klassizistischen Stil. Durch die Kopfsteinpflasterstraßen zieht der Duft von Flieder und blühenden Kastanienbäumen.
Diesen tauscht man mit der frischen Seeluft ein, verlässt man die Stadt Richtung Zechliner Hütte. Nördlich vom Stadtzentrum befindet sich auf einem ehemaligen FDGB-Feriengelände das Hafendorf Rheinsberg. Ein 22 m hoher Leuchtturm prangt aus der Hafenanlage heraus und gilt als einziger im Binnenrevier Mecklenburger Seenplatte/Brandenburger Seen! Im Hafenbecken des Rheinsbergersees liegen vier verschiedene künstliche Inseln, auf denen sich im skandinavischen rot-weißen Baustil Ferienhäuser mit eigenem Bootsanleger befinden.
Wer Wasser liebt, wird Rheinsberg lieben. Ob Friedrich der Große, Theodor Fontane oder Kurt Tucholsky – große Namen hat es einst schon in die kleine Stadt im Norden der Mark Brandenburg gezogen. Was sie fanden, ist ein kleines Ruheparadies.
Was man sonst noch wissen sollte?
Anreise
mit Auto: Rheinsberg erreicht man mit dem PKW von Berlin kommend über die B 96 bis oder über die A 24, Abfahrt Neuruppin-Süd, weiter über Neuruppin Richtung Rheinsberg/ Flecken Zechlin. Fahrtzeit beträgt ca. 1,5 Stunden.
mit Bahn: Vom 3. April bis zum 1. November 2015 ist die Ausflugslinie RB54 mit ihrem Saisonbetrieb zwischen den Stationen Löwenberg (Mark) und Rheinsberg (Mark) unterwegs. Morgens und abends bestehen darüber hinaus umsteigefreie Fahrmöglichkeiten ab Berlin Gesundbrunnen und Oranienburg.
Mit dem Rad
Rheinsberg liegt landschaftlich so schön, dass sich eine Erkundung mit Rad auf dem Seen-Kultur-Radweg anbietet – von Neuruppin nach Rheinsberg (ab Neuruppin Bhf. Rheinsberger Tor ca. 28 km) und von Fürstenberg/Havel nach Rheinsberg (ab Fürstenberg/Havel Bhf. ca. 25 km).