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Seattle zu Fuß – unterwegs in der entspannten US-Metropole

Seattle Waterfront

Grüner Ringelpullover, Softwarenerds von Microsoft, Boeing & der schlafende Mount Rainier – zugegeben das waren die einzigen Bilder, die ich bis vor kurzem mit Seattle verband. Eigentlich wollte ich auch nach Anchorage oder Vancouver fliegen. Doch dann blieb ich bei Seattle hängen. Ausgerechnet bei der Stadt des Regens wie alle bekundeten. Erst nach der Buchung begann ich ein wenig zu recherchieren, um mein „grungiges“ Bild von Kurt Cobain und Bergketten loszuwerden. Vielleicht auch die vom Regen.

Gallerie-Szene am Pioneer Square

Als ich kurz nach 18 Uhr in Seattle lande, kann ich mich als erstes meines Wintermantels und meiner Thermoklamotten, die ich noch von meinem Aufenthalt in Island dabei hatte, entledigen. Es sind 25 Grad und jeder ist sommerlich gekleidet. Kurz nachdem ich in einem Hotel am Pioneer Square eingecheckt habe, zieht es mich in die abendliche Frühlingsluft, und so spaziere ich von der 2. Ave zum Pioneer Square hinunter und dann zum Occidental Park. Häuser im viktorianisch-italienischen Backsteinstil prägen den Teil der Stadt, der quasi als Geburtsort gilt und einem großen Brand 1889 zum Opfer fiel. Im von Bäumen gesäumten Occidental Park mit seinen schönen Totempfählen erinnert ein Denkmal an die Feuerwehrleute von damals. Und immer wieder mischen sich erschreckend viele Obdachlose in das Stadtbild.

Es sind aber auch viele junge Leute unterwegs, die in den Bars sitzen oder auf den Gehwegen stehen. Auffällig ist jedoch, dass das Gebiet voll mit Gallerien ist, die auch um 21 Uhr noch geöffnet sind. Aus ihnen tönt Musik, Gäste stehen mit Drinks vor den Bildern und auch mich zieht es Jetlag geplagt hinein in die Kunstszene Seattles. Ich erfahre, dass jeden ersten Donnerstag im Monat der First Thursday Seattle Art Walk in den Gallerien um den Pioneer Square stattfindet. Ich habe also Glück und muss mich doch irgendwann meiner Müdigkeit hingeben. Von meinem Zimmer blicke ich über den Containerhafen, sehe Mount Rainier in der Ferne und das CenturyLink Field, das die 2013 Super Bowl Champions Seattle Seahawks ihr Zuhause nennen.

Den nächsten Morgen starte ich im London Plane. Von hier erkunde ich erneut die Straßen des historischen Viertels Pioneer Square. Hier ließen sich die ersten Bewohner Seattles 1852 nieder, nachdem sie am nahe gelegenen Alki Beach in West Seattle gelandet waren. Manch ein rotes Backsteinhaus trägt noch einen alten, vergilbten Schriftzug, der auf das ehemalige Business hinweist. Historische Häuser Backsteinromanik werden von Bäumen geziert, die nun im Frühling grün und rosarot im Sonnenlicht erstrahlen. Die Gegend von unten zu erkunden, ist ein besonderes Highlight, sind doch die Straßen und Gehwege aufgrund ihrer Meeresspiegellage der Stadt um 1900 angehoben worden.

Ein Stück Asien in Downtown

Hinter dem Bahnhofsgebäude schließt sich der International District an, der anderswo den Namen China Town trägt. Doch längst sind hier nicht mehr nur Chinesen ansässig, sondern auch Bewohner anderer asiatischen Länder. Trotzdem ziert das typische chinesische Tor den Eingang zum Viertel. Asiatische Schriftzüge und Schilder, wohin ich auch blicke. Am Rande entdecke ich ein kleines Idyll – den Danny Woo international District Community Garden, auch Kobe Terrace Park genannt. Hier fühlt man ein Stück asiatische Oase inmitten der Stadt. An einem kleinen Hügel haben die asiatischstämmigen Bewohner Beete angelegt und gärtnern dort vor sich hin.

Regenbogenzebrastreifen am Broadway 

Da ich schon im International District bin, lockt mich auch der Broadway. Dieser zieht sich östlich vom Highway entlang und bedarf ein bisschen Laufleistung. Nicht umsonst heißt das angesteuerte Viertel Capitol Hill, hier ist es wirklich hügelig. Bevor ich den Broadway erreiche, spaziere ich von der Madison Street kommend durch die kleinen Straßen, die eine Mischung aus Wohn-, Krankenhaus-, und Forschungsviertel sind. In der Pike Street lädt die Starbucks Roastery and Tasting als Flagship Store zu einem frisch gebrühten Kaffee ein. Für 20 USD kann man sich hier durch die verschiedenen Bohnen und Röstungen testen. Da Milch und Zucker das Aroma töten, wird hier natürlich schwarz probiert. Obwohl ich individuelle Cafés mit eigenem Charme bevorzuge, zieht es mich in der Heimatstadt von Starbucks und von über 100 Röstereien dann doch hier hin. In der Umgebung gibt es auch noch andere Kaffeehausketten. Ein paar Straßen weiter liegt dann der Broadway. Er ist alles andere als glamourös. Zebrastreifen in Regenbogenfarben geben die Richtung an. Läden mischen sich unter Theater, Studenten unter Künstler – alles in allem etwas unaufgeregt. Jimi Hendrix schaut dem Treiben vom Sockel zu. Dahinter liegt der Cal Anderson Park, in dem ich Jungs beim Basketball spielen zuschaue und die Einheimischen picknicken.

Im Food Paradies Pike Public Market

Ich gehe durch den Freeway Park zurück Richtung Hafen. Und dann bin ich dort, wo es wohl alle Besucher der Stadt hinzieht. Der Pike Place Market ist mir ein Stück weit zu trubelig – tummeln sich hier auch viele Touristen –, aber das macht letztendlich Märkte aus. Marktstände im Gebäude – nicht nur Frisches, auch einiger Ramsch. Das Schöne an Seattle ist, dass man von weitem eine Hochhausfront sieht, die auf eine Beton- und Glaswüste hindeutet, wenn man aber drin ist, sieht man noch einige historische Gebäude. Der Pike Place Market ist so ein historisches Viertel, das sich über einige Straßenzüge erstreckt und der älteste ständig betriebene Bauernmarkt der USA ist. In mehrstöckigen, unterirdischen Arkaden verbergen sich Läden und Stände. Besonders im Treppen-Labyrinth von Underground Mezzanines gibt es Trödel, Kunst, Souvenirs und Schnick Schnack. Aber auch in den umliegenden Straßen befinden sich verschiedene Läden, die neben Obst, Schokolade, Käse, Fisch anbieten. Restaurants und Cafés platzen tagsüber aus allen Nähten. Zwischen 17 und 18 Uhr wird aber zusammengeräumt. Bei Sonnenschein verlagern dann die Einheimischen und Touristen ihre Sitze in den nahen Victor Steinbrueck Park. Von hier lässt sich der Sonnenuntergang über dem Puget Sound und den Olympic Mountains genießen.

Seattle Centre – Alte moderne Bauten und das Wahrzeichen der Stadt

Vom Pike Place Market schlendere ich durch Belltown weiter gen Norden zum Seattle Center. Restaurants, Shops und Clubs fügen sich hier in das Wohn- und Business-Viertel ein. Die Richtung gibt der von Weitem sichtbare Turm der Space Needle vor, die als das Wahrzeichen der Stadt gilt. Nicht nur diese wurde im Zuge der Weltausstellung „America’s Space Age World’s Fair“ gebaut, sondern auch die Monorail, das Bagley Wright Theatre, der International Fountain oder das Pacific Science Center.
Doch der Topanziehungspunkt, egal ob Tag oder Nacht, ist die Aussichtsplattform der Space Needle. In nur 41 Sekunden erreicht man diese auf 158 m Höhe mit einem Fahrstuhl. Als Halterin eines Seattle Passes konnte ich sogar zweimal in das Vergnügen kommen, diese zu besuchen. Nachts war hier noch mehr los als nachmittags. Im Chihuly Garden and Glass tauche ich in die fabelhafte Welt des Glaskünstlers Patrick Chihuly ein und lasse mich im Garten von realen und künstlichen Blumen verzaubern. Für das von Frank Gehry entworfene EMP Museum reicht leider nicht meine Zeit.

Aus der Fantasiewelt, die dieses touristische Kleinod bietet, führt mich in einer nur zweiminütigen Fahrt die etwas spacige Monorail heraus. Und dann gehe ich wieder durch die kühlen Häuserschluchten zurück zu meinem Hotel, von dem ich erneut den Blick über die Stadt genieße. Im Südosten zeichnen sich die sanften Konturen des Mount Rainiers ab. Im Westen fahren Schiffe in den Hafen ein und aus. Die Sonne schickt ihre letzten Strahlen über den Puget Sound. Seattle und Regen? Heute nicht und morgen auch nicht. Und selbst wenn, hier gibt es genug zu tun. Nicht nur das offene, liberale und fortschrittliche Umfeld, das ich mancherorts in den USA vermisse, gefällt mir hier sehr. Es ist natürlich wieder vor allem die Lage zwischen dem riesigen Sund hin zum Pazifik, dem Puget Sound, dem Mount Rainier mit seinen Gletschern und dem in der Ferne leuchtenden Nationalpark Olympic Mountain, die mich begeistert.

Was man sonst noch wissen sollte?

Unterkünfte

So sehr ich Seattle mochte, das Kapitel „Unterkunftssuche“ war für mich nicht ganz so einfach. Ich reiste allein und war offen für günstige Airbnb-Wohnungen im Stadtzentrum, billige Hotels oder Einzelzimmer in Hostels. In meinem Zeitraum Anfang/Mitte April starteten Hotelzimmer bei 120 USD! Ich konnte es fast nicht glauben. Hotels fand ich einige, aber auch hier war es aussichtslos, etwas in zentraler Lage unter 100 USD zu buchen. Mit Airbnb war es dasselbe. Vielleicht schaute ich zu kurzfristig, aber ich checkte interessehalber mal andere Zeiträume und merkte, Seattle ist alles andere als ein günstiges Pflaster. Also kümmert Euch rechtzeitig um eine preiswerte Unterkunft in Seattle.

Sehnswürdigkeiten

Essen & Trinken:

Verkehrsmittel in der Stadt

  • Im Zentrum kann man sich wunderbar auch zu Fuß bewegen.
  • Seattle hat ein recht gutes Radwegenetz. Man kann sich auch ein Fahrrad mieten z.B. bei Pronto Cycle Share (mit Kreditkarte).
  • Am häufigsten sieht man Busse in der Stadt. Diese gehören dem Metro Transit System an. Das Tolle ist, hier nehmen Busse sogar Fahrräder mit. Eine Halterung befindet sich vorn.
  • Seattle hat aber mit dem Seattle Streetcar auch ein kleines Straßenbahnnetz.
  • Mit der Link Light Rail von Sound Transit kann man beispielsweise vom Flughafen in das Stadtzentrum gelangen (Flughafen nach Pioneer Square mit SoundTransit sind 3 USD / ca. 45 Minuten)
  • Die Seattle Center Monorail verbindet die nördliche Innenstadt Seattle von Westlake mit dem Gelände der Weltausstellung von 1962, auf dem sich auch die Space Nebel befindet. (Monorail von Westlake zur Space Needle 2,25 USD)
  • Seattles besondere Lage am Puget Sound erfordert auch ein Verkehrsmittel auf dem Wasser – hierfür gibt es das Water Taxi.

Anreise von Deutschland

  • Ob KLM, British Airways oder Icelandair – wer von Deutschland nach Seattle reist, kommt ums Umsteigen nicht herum, es sei denn verfliegt mit der Deutschen Lufthansa. Ich habe mit Icelandair die Variante mit den kürzesten Umsteigezeiten (40 Minuten!!!) gewählt und auf dem Hinflug sogar noch einen Stopover eingeplant. Die Flugzeit bis Reykjavik liegt bei ca. 3 h und von dort nach Seattle bei ca. 7-8 h.

Ihr habt gemerkt, die Natur kam etwas zu kurz im Beitrag, obwohl Seattle doch zwischen den Hochhäusern viel Grün bietet. Nicht umsonst wird Seattle oft Emerald City („Die Smaragdstadt“) genannt. Diesem Teil Seattle widme ich mich in einem separaten Beitrag – demnächst.

Ich danke Icelandair für die Ermöglichung dieser Reise. Alle Ansichten sind meine eigenen. 

 

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