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Sinaia und Vorsicht Bären! {DIARY}

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Geschlafen für eins, gegessen für zwei. Nach der Problembewältigung, die gestrige Nacht offiziell in einem Einzelzimmer verbracht zu haben und nun auch nur ein einzelnes Frühstück bekommen zu dürfen,  starten wir mit unserer Reise ins tiefe Herzen Rumäniens. Schnell den Mietwagen abgeholt – ein upgegradeter Corsa, wenngleich ich nicht weiss, wo bei einem Corsa noch ein upgrade passieren kann – geht es nun raus aus der über 2 Millionen Einwohnerstadt. Trostlose osteuropäische Plattenbauten findet man auf dem Weg gen Norden so wenig wie im Berliner Grunewald.  Dafür sind hier die Villen noch prächtiger. War ich gestern bereits fasziniert vom stilistischen Mix, bin ich es heute noch mehr. Türmchenbauten mit Holzeinsätzen – wie aus einem Märchen entsprungen. Verwunschen schön. Die Schnellstraße dient nicht nur Autos zum schnell fahren – sondern auch Pferdekutschen und diversen Radfahrern. Und immer wieder passieren wir Stände mit Melonen, Auberginen, Pfirsichen – die manchmal gleich aus dem geöffneten Kofferraum heraus verkauft werden. Das ungarische Pustagefühl überkommt mich… bis Ploiesti. Der Ende meines Wohlgefühls trägt diesen Namen. Wir lassen diese Stadt rechts liegen. Hochhaussiedlungen inmitten einer öden Ebene. Umringt von diversen Raffinerien. Und verschiedene einfachste Fördertürme umranden die E60. Hinter Ploiesti ändert sich nicht nur die Landschaft, sondern auch das Obst am Straßenrand. Wir erreichen nicht nur das Bärengebiet, sondern das Beerengebiet gleich mit – ob Brombeeren, Himbeeren, Sanddornbeeren – von blau bis orange leuchtet es munter in den kleinen Körbchen. Und während die Straße sich in der Schlucht verschmälert, werden die umliegenden Berge höher. Und genau hier sind wir nun in der Schwesterstadt des Klosters Sinai – Sinaia.

Den Eingang zum Ort zu finden, ist nicht ganz einfach und bedarf doch einiger Anläufe. Aber auch hier entschädigt der Anblick der herrlichen Villen jede Mühe. Wir mieten uns in eine solche Villa am Berg ein und suchen natürlich das Highlight des Ortes mit Zwischenstopp im Kloster auf. Das Schloss Peles soll das schönste Rumäniens sein und das glaube ich am 2. Tag unseres Aufenthaltes tatsächlich sofort. Denn schöner kann es ja fast nicht mehr werden. Nicht nur sein Antlitz scheint sich in der Superlative  zu sonnen, sondern seine Beliebtheit ebenso. So strömen wir mit den überwiegend rumänischen Touristen an den Verkaufsbuden vorbei durch den Schatten spendenden Wald gen Schloss.

Und vor dem Schloss versuchen die rumänischen Mütter ihre Stickkunst an so ziemlich jeden Mann zu bringen und werden besonders aktiv, wenn sich eine japanische Reisegruppe nähert. Dass die Lohnkosten von Näherinnen in den asiatischen Hinter-Tigern wohl weit unter denen der rumänischen liegen und die Japaner die Preise dort als Maßstab nehmen könnten, scheint sie nicht davon abzubringen, ihre Decken für 25 EUR zu verkaufen. Zwischen 25 und 10 EUR klafft nun einmal eine fast so weite Lücke, wie zwischen Rumänien und Japan, die es auszudiskutieren gilt, während ich mir die traditionell gestickte Decke, die einst auch so manchen Tisch meiner eigenen Oma zierte, bereits auf dem Tokioer Stubentisch vorstelle. Tischdecken, wenn überhaupt noch bei Jüngeren genutzt, sollten zumindest ein beispielsweise rot-weiss kariertes an den letzten Toscana-Urlaub erinnerndes Muster haben. Aber Stickmuster – 2 Wochen Arbeit hin oder her – wird auf kurz oder lang nur noch in den Küchen der Ü 70 Jährigen zu finden sein, bevor sie ganz antiquiert vom letzten Tisch verschwinden. Da haben es die Him- und Brombeerverkäuferinnen mit ihrer Ware leichter. So beobachtet man junge Mädchen immer wieder in den Wald hinein verschwinden, um mit aufgefüllten Körbchen auf die Touristen loszustürmen. Der faule Tourist möchte den Mädchen nur ungern in die Wälder folgen. Sieht man die 2 Lei doch eher als Gefahrenzulage, besonders mit dem Aushang „Vorsicht Bären!“ im Blick.

Gefahr lauert aber nicht nur im Wald, sondern ganz offenkundig auch im beschaulichen Dumitrie-Ghica-Park. Sie steckt in Springerstiefeln, Armeehosen und mit Kreuzwappen bedruckten T-Shirts. Sie versammelt sich im Kreis bestehend aus ca. 10 Personen und hört sich eine Ansprache des Obergurus in Tarngrün gekleidet an. Meine Phantasie tut den Rest, als sie plötzlich gen Ort strömen. Manchmal ist es gut, dass man nichts versteht. Nur das Hundebellen, das mich in den Schlaf begleitet, ist in allen Sprachen gleich.

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