Alle Artikel mit dem Schlagwort: Sibirien

Ulan Ude

Über Ulan-Udè, Bator und unseren letzten Tag in Russland. Transsib Teil 6

ENGLISH VERSION HERE Ein kleiner Schreck durchfährt uns, als wir an die Anzeigetafel der Bahnhofshalle in Irkutsk nach unserem Zug schauen. Die Nummer 2 ist nirgends zu finden. Anstatt unseren Reiseplan zücken wir nun unser Ticket und finden heraus, es ist doch Zug Nummer 8 von Novosibirsk nach Wladiwostok und der hat bereits eine kleine Verspätung. Im Zehn-Minuten-Takt schraubt sich diese Verspätung immer weiter nach oben. Salamischeibentaktik zur Beruhigung der Passagiere. Gerade als wir am Schalter nach der wirklichen Abfahrtszeit fragen wollen, kommt die Ticketverkäuferin hinter ihrem Schalter vor und in die Wartehalle gelaufen. Freudig verkündet sie uns „Put adin!“ (Bahnsteig 1). Auf Bahnsteig 1 wartet bereits unsere Provodniza – diese kommt nicht ganz so streng daher und ringt sich ein Kichern und Lachen ab. Als es später bei unseren Fragen umständlich zu werden droht, verliert sie leider auch dieses und so bleibt unser Eindruck von den russischen Schaffnerinnen eher getrübt. Anders von unseren Abteilnachbarn, die mit Händen und Füßen, Wörterbüchern und Handyübersetzungstools uns die wichtigen Informationen geben. Es geht doch, man muss eben bemüht …

Irkutsk

Irkutsk – das Paris des Ostens? Transsib Teil 5

ENGLISH VERSION HERE Die Sonne scheint vom strahlend blauen Himmel, das Thermometer zeigt knapp 30 Grad – wir sind in Irkutsk, der schönsten Stadt Sibiriens. Und nicht nur ihr positiver Ruf eilt dieser Stadt voraus. Gleich auf den ersten Kilometern, als wir über die Angara fahren, hat uns Irkutsk genauso eingefangen. Alles was mir an Russland gefällt, finde ich hier: russische Holzhäuschen, Kirchen mit (kleinen) Zwiebeltürmen, viel Natur und Wasser. Irkutsk hat einiges zu bieten und ist zudem ziemlich entspannt und freundlich. Gleich beim Einchecken ins Hotel bekommen wir einen Touristen Pass als Kompass in die Hand gedrückt und mit dem geht es direkt ins Getümmel. Wer in Irkutsk ist, sollte die Stadt auch auf einer Bootstour auf der Angara kennenlernen. Das hatten wir vor. Von einstündigen Touren Richtung Triumphbogen haben wir gehört. Am Ende der Karl-Marx-Allee finden wir ein Restaurant mit einem Steg, an dem ein Boot wartet. Wir sind uns sicher, das muss es sein. Was erwarten wir? Die Angara entlang bis zur Moskovskye Vorota zu fahren. Doch die Kassiererin schüttelt immer wieder …

Baikalsee

Am Baikalsee. Transsib Teil 4

ENGLISH VERSION HERE Vor genau einem Jahr stand ich am Khuvsgul See, der kleinen, mongolischen Schwester des bekannten Baikalsees und war so beeindruckt – vom kristallklaren Wasser, von den mit Lärchen bewachsenen Bergen, die sich im See  widerspiegelten und der absoluten Ruhe und Einsamkeit. Ich wollte unbedingt die große Schwester kennenlernen, die sich jenseits der Grenze auf der russischen Seite befindet. Ich wollte nach Sibirien, die nächste Sommerreise sollte an den Baikalsee gehen. Genau auf den Tag genau ein Jahr später sitze ich in einem Marschroutentaxi irgendwo auf der Strecke zwischen Irkutsk und Olchon. Ich habe die bequeme Bahn eingetauscht gegen einen unbequemen Minivan, der seine besten Tage längst hinter sich hat. Die besten Tage sollte ich noch vor mir haben, denn mein Herz fängt ganz plötzlich an zu glühen. Während wir über die etwas holprige Teerstraße fahren, entspannen sich meine Muskeln, vom Gesicht bis in die Füße. Jetzt beginnt Urlaub. Jetzt beginnt mal das Innehalten. Jetzt beginnt das Begreifen, wo ich wirklich bin. Ich halte es da wie Timmerberg, man braucht immer drei Tage, …

Krasnojarsk

Durch Sibirien. Transsib Teil 3

ENGLISH VERSION HERE Quietschgeräusche und ein monotones Rattern begleiten mich in den Schlaf. Neugierig schob ich noch bis Mitternacht bei jedem Halt die Jalousie nach oben, um die sibirischen Bahnhöfe auf mich wirken zu lassen, nur um festzustellen, die Bahnhöfe gleichen sich alle mehr oder weniger – alle sind prunkvoll gebaut und in einem grün-türkis Ton gehalten. Nur die Gebäude variieren in ihrer Größe. Und meistens findet man noch eine alte Lok irgendwo neben dem Hauptgebäude, denn eine historische Strecke verdient auch ein bisschen Stolz. Irgendwann sind meine Lider zu schwer und meine Gliedmaßen zu müde, die Jalousie wieder nach oben zu schieben. Erst als sich Lichtstrahlen durch die Ritzen der Tür arbeiten, erwache ich wieder. Der Samowar wird nicht mehr befeuert, zu schnell wird unser Zug sein Endziel erreichen. Schnell bildet sich noch eine kleine Schlange vor den Waschräumen während ich aufgeregt nach schönen sibirischen Datschen-Motiven Ausschau halte. Eine leichte Hügelkette mit geschlossenen Waldflächen und kleinen bunten Datschensiedlungen hat das platte Land mit Birkeninseln vom Vorabend ersetzt. In einer Stunde fahren wir in Krasnojarsk …

Transsib

Go east, go Transsib – Reise auf Rädern

ENGLISH VERSION HERE Wer mich kennt, weiß, dass ich mich auf meinen bisherigen Reisen eher westwärts bewegt habe. Oder südlich. Aber östlich, das ist schwierig. Warum, weiß ich auch nicht. Vielleicht liegt es daran, dass ich „aus dem Osten bin“ und damit meine eigene innere Waage austarieren will. Dabei wollte ich doch immer in den Osten – noch weiter, tiefer Richtung Sibirien. Als ich in der fünften Klasse mit Begeisterung alle möglichen Flüsse, Gebirge und Städte der Sowjetunion auswendig lernte und dann noch die hieroglyphenartige Sprache, dieses kyrillische Alphabet, war ich Stolz wie Bolle. Das „erste Fremde“ in meinem Leben hatte durchaus seinen Reiz. Zahlreiche Brieffreundschaften wurden aufgenommen und Monat für Monat Baustein für Baustein aus dem kleinen Zauberbuch „Briefe an Freunde“ aneinandergereiht. Heute kann ich es zugeben, meine Hobbys waren nicht Kochen und Backen, diese standen einfach nur unter „Freizeitbeschäftigung“ auf S. 54 in diesem Buch. Der Reiz an diesem Fremden verschwand mit der Öffnung der Grenzen. Go west, hieß es dann für mich. Ein Jahr USA brachte mir weniger die USA näher als …