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Warten auf Cordoba – ¿Por qué? {DIARY}

Bariloche

Es regnet. Nicht schlimm, denn heute fahren wir wieder Stunden im Bus. Dazu braucht man keinen Sonnenschein. Da unser Bus erst am Nachmittag losfährt, wäre ein bisschen Sonnenschein trotzdem nicht schlecht gewesen. Dann hätten wir noch 3 Stunden am Playa Bonita verbringen können. So sitzen wir nun im Aufenthaltsraum des B&B Del Plato – und warten. Das stilvoll eingerichtete Zimmer ist nicht der schlechteste Ort zum Warten. Wenn ich da an den Busbahnhof denke, an dem man vor den Massen nur nach draußen fliehen kann. Dort standen wir im boeigen Wind, bis endlich Via Tac einfuhr – unser Bus in den Norden.

Das erste seltsame Gefühl verspüre ich beim Einchecken des Gepäcks. Normalerweise gibt man dies dem Busfahrer oder -Beifahrer, der es mit Nummern versieht und in den Bus lädt. Dieses Mal das gleiche Prozedere, nur dass mich der junge Mann am Ende nach Trinkgeld fragte. Er sei nicht von der Busgesellschaft und er verlange ein Trinkgeld für das Schmeissen meines Rucksacks in den Laderaum des Busses. So etwas habe ich bisher auf dieser Reise noch nicht erlebt. Daher bin ich überrascht und gebe, da ich auch kein Kleingeld habe, nichts. Er schreit mir weiter wütend hinterher. Lars bleibt sicherheitshalber draußen, weill er sich um unser Gepäck sorgt. Man weiss ja nie. Drei Angestellte der Busgesellschaft – der erste Busfahrer, der zweite Busfahrer und der Servicemitarbeiter – quatschen und lachen derweilen. Sind sich wohl zu fein die Herren. Hätte ich dem Jungen die Nummer aus der Hand reißen und das Gepäck selbst in den Laderaum schmeissen sollen? Ich habe ihn um seinen Job ja nicht gebeten. Das Ticket hat bereits auch für mich Deutsche teuere 100 Euro gekostet. Da sollte das Beladen des Buses doch inkludiert sein, oder? Naja, in Argentinien ist nichts inkludiert, überall lauert eine Geldfalle.

Nun begeben wir uns auf unsere Plätze und der Bus fährt an. Dass meine Beine sich nicht mehr bewegen dürfen, ahne ich zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht. Gab es auf den letzten Fahrten immer eingebaute Pausen zum “Beine vertreten”, können bei Via Tac die Thrombosebeine blühen. Beim ersten Halt gehe ich nach unten und der Servicemitarbeiter versperrt mir die Tür. Wo ich hinwolle, fragt er mich. Da das erste Stück sehr kurvenreich war, gebe ich eine wahrheitsgemäße Antwort, ich wolle frische Luft kurz schnappen und meine Beine vertreten. Er stellt sich auf dumm oder besser nicht verständnisvoll. Er könne mich nicht rauslassen und ich solle wieder sofort nach oben gehen. Ich ahne, der Junge nimmt seinen Job richtig ernst. Was aber auch unserem Zeitmanagement zugute kommen soll. Dann eben Beine strecken so gut es geht und durch die 20 Stunden beißen. Denn raus lässt er mich auch weitere Male meiner Versuche nicht. Im Gegenteil, er wird sehr gängelig. Lars Schuhe stünden im Weg, Lars selbst stünde im Weg und seine Beine gleich mit. Wir sollten uns doch einfach nur setzen (und am besten die Klappe halten). Er haut uns derweilen argentinischen Schmusepop oder irgendwelche Walt Disney Filme lautstark um die Ohren. Ist das fair? Ist man hier so machtlos. Ich bin ein entrechteter Mensch, der mit dem Kauf des 100 Euro-Ticket auch seinen Willen für 20 Stunden abgegeben hat.

Zum Glück enden die Kurven schnell, so dass wenigstens mein Magen nicht weiter rebelliert. Der Übergang zur platten Büschellandschaft ist inzwischen schon Pflicht. Schlafen kann ich in diesem Semi-Cama dieses Mal nicht. Ich scheine den Kinderliebhabesitz abbekommen zu haben. Hinter uns sitzen zwei Mal Familien mit quängelndem Kleinkind. Wenn ich noch nicht etwas Spanisch könnte, ich hätte auf dieser Fahrt mit Sicherheit das Wort “PORQUE” gelernt. Warum ist der Himmel noch nicht dunkel? Warum halten wir? Warum fahren wir langsam? Warum ist die Straße nass? Por qué essen, scheißen und schlafen wir??? Kinder, ich habe Eure scheiss Fragerei in quiekend hohen Tönen einfach satt, wenn ich übermüde und genervt von der eingepferchten Busfahrt bin, habe ich sie gleich doppelt so satt. Und ich habe besonders noch die Mamas satt, die auf die viele Porques noch nicht mal eine Antwort finden. Dass Via Tac mit einer Verspätung Cordoba erreicht, will ich nicht unerwähnt lassen. Wo wir die Stunde verloren haben, bleibt mir ein Rätsel. Ich muss wohl eingeschlafen sein. Noch ein kleiner Nachtrag, unser bestelltes vegetarisches Menü war köstlich. Also Gourmetfreunden ist diese Busgesellschaft zu empfehlen.

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