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Cordoba {DIARY)

Cordoba

Ich überlege, und mir fällt einfach nichts ein. Cordoba? Ich glaube, jetzt wünschte ich mich doch noch einmal nach Spanien, denn ohne es zu wissen glaube ich, die spanische Schwesterstadt sei vielfach schöner. Ich gebe zu, Cordoba war nicht meine Top Destination. Da habe ich mich wohl von meinem Reisepartner zu etwas hinreißen lassen. Eine Art Überraschungspaket. Die Überraschung ist mächtig mißlungen. Diese Stadt hat gar keinen Reiz. Nichts, was ich erzählen könnte. Ein paar historische Gebäude – verstreut über die Stadt – ja, die gibt es. Aber sie werden in den Schatten häßlicher neuerer Hochhäuser gestellt. Ich sehe das Schöne nicht. Alles hoch und häßlich. Selbst der Plaza geht fast unter. Der Fluß – ein Trauerspiel. Kleiner Rinnsal rinnt wirklich nur zwischen Beton eingekeilt der Stadt hinab. Und so wie der Fluss hinabrinnt, rinnen auch unsere letzten Urlaubstage aus unserer Hand – in dieser schönen Stadt.

Zunächst wollen wir uns umgehend Bustickets in Richtung Montevideo besorgen, nachdem wir in unserem Hotel eingecheckt haben. Am ersten Schalter bietet man uns den nächsten Bus für Dienstag (also in 5 Tagen) an. Noch haben wir kein ungutes Gefühl, das sich aber Schalter für Schalter ausbreitet und sich über uns ergießt. Uns dünkt nichts Gutes. Gefangen in Cordoba. Verdammt noch mal, hier wollte ich gar nicht sein, und jetzt muss ich hier bleiben? Irgendwann steckt uns ein netter Ticketverkäufer (es gibt hier über 80 Schalter, also eine Nachmittagsbeschäftigung war da allemal drin), dass alle auf das gleiche System zugreifen, daher wird uns niemand einen Bus vor Dienstag anbieten können. Montevideo ist im Sommer eine Top Destination. Durch die 21 stündige Busfahrt ist mein Kreislauf so angegriffen, dass mich der Schwindel schon längst im Griff hat, als es mir schwindelt vor Hoffnungslosigkeit.

Was liegt auf der Strecke? Chés Geburtsort – Rosario! Also schnell einen Bus für Rosario buchen – den nehmen wir am Sonntag. Von Rosario können wir dann weiter nach Uruguay. Ein paar Strandtage sollen ja noch drin sein, nach unserem Argentinienmarathon. Doch die bleiben uns aus aktueller Sicht verwährt.Die Antworten von Hostels, Posadas, Cabanas etc. stimmen uns nicht hoffnungsfroh. Keine Kapazitäten. Januar? Nein, erst wieder Februar. Und hin und wieder horrende Preise: Dorm 35 Dollars, Zweibettzimmer 135 Dollars. Wieviel  ist uns Strand wert? Ärger kommt hoch, warum sind wir nicht langsamer gereist, warum haben wir nicht Bariloche mehr genossen, warum sind wir überhaupt hier in Cordoba gelandet? Die Zeit in Cordoba will nicht enden. Die Hitze treibt uns nur langsam voran. Will uns in Kneipen, in Läden drängen. Hauptsache Air Condition. Hauptsache Abkühlung des Kreislaufs und einen kühlen Kopf für eine neue Planung, für gute Gedanken.

Neben alten Jesuitenkirchen und der Kathedrale reizt uns der Sarmiento-Park. Was für ein Trauerspiel. Verkommen schlummert dieser von Charles Thays designte Park ungeachtet vor sich hin. In der Mitte lockt uns ein Teich auf zwei Inseln. Die Brücken sind abgeriegelt. Keine Insel heute erreichbar. Nur kleine Tretboote wären jetzt eine Lösung. Je näher man kommt, desto größer das Trauerspiel auch hier. Farbe blättert ab, tausendfach schon übermalt. Man sieht, hier war keine Könner am Werk. Runtergekommenes Parkflair steigert unsere Laune nicht. Ein netter Mann warnt uns, wir sollen unsere Kamera lieber einpacken. Ich weiss nicht, vor was er warnen möchte. Soll das Trauerspiel lieber nicht festgehalten werden oder die Angst vor wahren Dieben.

Im Hotel erreicht das Skurrile seinen Höhepunkt. Wir haben zwar ein Zimmer ohne Fernseher bezahlt, aber dieses enthält einen Fernseher. Komisch, es hat keinen Flatscreen, deshalb sagt man hier, kein Fernseher. Wir schauen ein bisschen deutsche Welle und genießen die behäbig drehende Ventilatorenluft, während wir eine Sendung sehen, bei der Leute ihre Uhren und Gläser zur Sendung bringen, in der zwei Experten den Wert ihres edlen antiken Materials schätzen. Meist sind die hoch geschätzten Erbstücke nur wertloser Kitsch. Wir amüsieren uns köstlich über den als teuer verkauften Kitsch und deren Besitzer, die fast noch illustre daher kommen. Auch Cordoba scheint viel Kitsch in sich zu tragen, der einem teuer angepriesen wird. Wenn am Samstag Nachmittag die Läden in der Innenstadt schließen, erobern Händler, die ihre Waren auf Decken anpreisen, Cordobas Mitte. Ramsch, Billigwaren – dargeboten wie in Bolivien – als abendliche Beschäftigung. Die Armut erobert das Herz.

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