Allgemein, Ecuador, maddyswelt
Schreibe einen Kommentar

Wenn der Berg ruft – Pasochoa

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Behutsam setzen wir jeden Schritt in die karge Landschaft. Die Baumgrenze haben wir längst passiert. Ein steiniger Weg führte uns die ersten Meter von unserem Parkplatz den Pasochoa hinauf, doch dann lösten Horstgräser und Schopfrosetten der Páramo-Vegetationszone die hochwachsenden Sträucher und Bäume ab. Von hier an ging es steiler hinauf. So wie die Gewächse an Höhe verlieren, nimmt unser Bergführer José das Tempo raus. Es fällt mir schwer, mich dem Gesetz der Berge zu unterwerfen. Mein Kopf sagt „schneller“, mein Körper sagt „langsam ist besser“. Mein Atem gibt meinem Körper Recht. Vorgestern waren wir noch auf Meereslevel, gestern fuhren wir von der 2850 m hoch gelegenen Hauptstadt Quito in unser 3200 m hochgelegenes Basislager Hosteria PapaGayo und nun geht es auf 4199 m hoch hinaus. Das erfordert Behutsamkeit und stetiges Hineinhorchen in den Körper, aber der fühlt sich besser als vermutet an und das macht nun mal das langsame Dahinschreiten echt schwer.

Auf dem Weg zum Pasochoa

Auf dem Weg zum Pasochoa

Der in der „Allee der Vulkane“ gelegene Pasochoa soll unser erster Berg zur Akklimatisierung für den 5897 m hohen Cotopaxi sein. Ein Viertausender zum Eingewöhnen. Wie ich das vertrage, weiß ich noch nicht. Auch nicht, wie ich mit dem Bergsteigen klar komme. Ich hörte im Vorfeld von einer Felswand, die am Ende zwischen mir und dem Gipfel stehen würde. Ich habe mich noch nicht getraut, bei José danach zu fragen. Somit gehe ich voller Spannung an den Aufstieg des Pasochoas heran.

Unterwegs zum Pasochoa

Unterwegs zum Pasochoa

Bullen auf unserem Weg

Bullen auf unserem Weg

Um 8:30 Uhr waren wir mit unserem Guide José, einem Amerikaner und einem Russen in PapaGayo aufgebrochen, um auf der nordöstlichen Seite hinter Amaguaña und Cotogchoa den Aufstieg zu starten. Hierfür mussten wir noch eine Farm durchqueren, wofür wir 5 USD zahlen. Damit war dann auch sichergestellt, dass uns die Bullen nicht überrennen. Und tatsächlich wurden wir auch früher als erwartet von den Vierbeinern ausgebremst und mussten schon auf 3700 m unseren Aufstieg starten. Denn dort, wo wir eigentlich noch ein paar Hundertmeter weiterfahren wollten, wurden gerade die Bullen in Boxen hineingetrieben, damit diese durchgecheckt und geimpft werden können. Wir schauten noch kurz zu und begannen dann recht zügig den Aufstieg.

Los geht's auf einem guten Wanderweg

Los geht’s auf einem guten Wanderweg

Wir passieren Weiden

Wir passieren Weiden

Der Pasochoa ist ein erloschener Vulkan mit einer nach Westen geöffneten Caldera. An seinen Hängen in die Caldera hinein ist er bewaldet. Hier kann man auch wunderbare Hikes machen, am Ende jedoch ist eine kleine Steilwand zu passieren. Diese wollte unser Guide umgehen und hat uns somit von dieser Farm kommend starten lassen.

Wir sehen auf den verschiedenen Gipfeln des Pasochoas von unten schon Menschen. José lacht und meint, die haben nicht die richtige Spitze gewählt, die liegt nämlich versteckt hinter der Sichtbaren. Nach 1,5 Stunden machen wir auf 4065 m eine 20 minütige Lunchpause. Eine schönere Stelle hätte José nicht wählen können. Denn kaum haben wir das erste steile Stück passiert, wird hinter einem Fels der schneebedeckte Cotopaxi sichtbar. Wir sind ganz aus dem Häuschen, widmen uns mehr dem Fotografieren als dem Essen. Doch dann lassen wir uns zufrieden in die Grasbüschellandschaft fallen, den heutigen Gipfel des Pasochoas vor Augen und zugleich das Endziel unserer fünftägigen Akklimatisierungstour in Sichtweite.

Besteigung bei schönstem Wetter

Besteigung bei schönstem Wetter

Blick auf den Cotopaxi

Blick auf den Cotopaxi

Nach der Pause geht es weiter über Wiesen steil nach oben, die felsige Spitze im Blick. Wie wir über die hinwegklettern sollen, ist mir noch ein Rätsel und beschäftigt mich während der nächsten Minuten. Die Höhe hingegen macht mir gar nichts aus. Von dort könnte man bereits auf die andere Seite des Berges sehen. Allerdings herrscht dort eine einzige Nebelsuppe, so daß man eigentlich gar nichts sieht.

Als wir den Fels auf den letzten 100 Höhenmetern erreichen, kommt das erste Mal Höhenangst auf. Wir müssen über einen schmalen Grat nach oben. Die andere Seite des Berges ist bereits in Sichtweite. Doch dazwischen liegt eine „Klettern light-Passage“, zumindest die Hände werden jetzt auch schmutzig gemacht. Ein paar Bäume verdecken noch den steil abfallenden Hang in die Caldera hinein. Doch dann gibt es eine Passage, die nur ein paar Zentimeter breit ist – neben mir klafft der steile Abgrund. Ich denke mir, der Pasochoa ist easy, hier kannst Du noch nicht versagen, und bevor das Zittern meine Beine erfasst, setzte ich drei Schritte. An den Rückweg mag ich nicht denken. Hauptsache ich bin auf dem Gipfel. Für den Russen ist allein dessen Erreichen schon ein beschwerlicher Weg. José muss drücken, ziehen – er hievt den 100kg-Mann förmlich zu seinem Glück, ich habe ziemliche Achtung vor der Arbeit des Bergführers.

Aufstieg auf den Pasochoa

Aufstieg auf den Pasochoa

Kaum wähne ich mich auf der anderen Seite in Sicherheit , kommt ein großer Dalmatiner um die Ecke des Felsens und verteidigt auf beste Hundemanier sein zuvor markiertes Revier. Zwei kleine Hunde ergänzen das Hundekonzert. José ist sauer, wer lässt hier Hunde einfach so frei herumlaufen und ruft sie nicht zurück? Eine Gruppe Amerikaner und Briten hat schon zuvor den Gipfel erreicht und sieht nicht ein, ihre tierischen Begleiter zurückzupfeifen.

Blick in die Caldera

Blick in die Caldera

Nicht nur die Atmosphäre zwischen unserer und der englischsprachigen Gruppe ist frostig, sondern auch die Temperatur hat sich hier oben mächtig abgekühlt. Es sind 20 Minuten, die wir dem kalten Wind trotzen, und für Fotos aufstellen. Dann schlägt José einen anderen Rückweg ein. Ich atme durch und bin froh, nicht noch mal diese Steilpassage überqueren zu müssen. Doch nun geht es den steilen Abhang durch die rutschigen Grasbüschel einfach gerade hinunter. Wer als erstes fällt, gibt ein Bier aus, scherzt José. Schnell verstehe ich, was er damit meint. Und entscheide mich mehr für das Herunterrutschen als für das Setzen von Schritten. Natürlich falle ich, gerade als José wegschaut. Nach 1,5 stündigem Abstieg haben wir wieder unser Auto erreicht. Es ist kurz vor 15 Uhr, die Bullen haben die Boxen verlassen.

Der Hike war aus meiner Sicht mit Ausnahme der kurzen Steilpassage am Ende ziemlich einfach. Anders muss das der russische Begleiter empfunden haben, der 20 Minuten später schnaubend unser Auto erreicht. Er spricht kein Wort mehr, ist total fertig. Zum Glück sollte das sein einziger Berg sein, Cotopaxi und Illinizas Norte stehen nicht auf seinem Plan.

Madlen mit José auf dem Gipfel

Madlen mit José auf dem Gipfel

Unser Gepäck

Unser Gepäck

Pause im Gras

Pause im Gras

Der Weg nach oben

Der Weg nach oben

Wir treten die holprige Rückfahrt an, erreichen 16.15 Uhr PapaGayo, wo ein Stück Schokokuchen auf uns wartet. „Ihr müsst viel trinken und solltet heute kein heißes Bad nehmen oder den Jacuzzi nutzen. Spart Eure Kräfte, denn morgen haben wir mit dem Illinizas Norte einen 8 bis 9 stündigen Aufstieg vor uns“, so verabschiedet sich José. Dass wir lieber den Kamin auslassen sollten, verrät er uns nicht. Doch wir sollen viel essen, Pasta wenn möglich, ergänzt er noch. Dass es schon vor dem Essen in meinem Magen zwickt, verschweige ich. Zu groß ist die Angst, die Akklimatisierung abbrechen und es beim Pasochoa belassen zu müssen. Am Ende des Tages weiß ich, dass ich es kann, aber ich weiß nicht mehr genau, ob es auch mein Körper will.
(Teil 2 folgt in Kürze.)

Schaut, wer sich hier versteckt

Schaut, wer sich hier versteckt

Zum Aufstieg des Pasochoa:
Schwierigkeitsgrad: einfach
Höhenmeter: von 3700 m auf 4200 m
Terrain: Paramogras-Landschaft mit Wanderwegen; die letzten 100 m des Gipfelaufstiegs sind felsig, was auch Handarbeit (leichtes Klettern) bedeutet. Der Pasochoa gehört der geschützteren östlichen Kordillere an (Cordillera Real).
Schwindelgrad: nur am felsigen Stück auf dem Gipfel geht es steil abwärts in den Vulkankegel, mit Höhenangst eine „kleine“ Herausforderung
Zeit: Aufstieg: 2,5 Stunden/ Abstieg: 1,5 Stunden (mit Pausen)
Achtung: für die Benutzung der Wege sind 5 USD beim Farmer zu entrichten, somit geht man sicher, das einen keine Bullen auf den Wiesen überraschen
Hinweis: Der Pasochoa ist einfach zu besteigen und bietet sich sehr gut zur Akklimatisierung für die Besteigung von 5000er an. Er war unser „Einstiegsberg“, bevor wir nach dem Corazon und Illinizas Norte vier Tage später den Cotopaxi bestiegen.
Allee der Vulkane: Wurde nach Alexander von Humboldt so benannt. Ecuador hat mit seinen 73 Feuerbergen die höchste Vulkandichte weltweit. 17 davon gelten als aktiv.

Pasochoa Gipfel

Pasochoa Gipfel

Blick in die Weite auf dem Weg nach unten

Blick in die Weite auf dem Weg nach unten

Verfolgt die Reise auf Instagram unter #purecuador und meine Hiking-Tage unter #high5

Wir wurden zum Akklimatisierungsprogramm von Gulliver eingeladen. Alle Ansichten sind meine eigenen.

Weitere Beiträge zu unserem Akklimatisierungsprogramm für den Cotopaxi und #high5:

Weitere Beiträge zu unserer aktuellen Ecuador-Reise:

0 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert