Es sind die ersten zaghaften Boten des Frühlings, die an diesem warmen Aprilwochenende die Überreste des Winters beiseiteschieben. Die Sonne schickt ihre wärmenden Strahlen auf die noch zugefrorene Fläche der rund 5000 Seen, die Småland schmücken. Neben den auffällig vielen Gewässern sind es noch die Kiefernwälder und roten Holzhäuser, die diese Region prägen. Småland ist ein Paradies für Outdoor-Fans, die gern ihre Freizeit inmitten der Natur verbringen. In diese legt sich die unaufgeregte Ruhe des Landlebens und ein Freiheitsgefühl, die die hier aufgewachsene Astrid Lindgren in ihren Geschichten auf wunderbare Weise eingefangen hat.
Kiefern umringen die Anlage auf der Anhöhe, die in der ersten Nacht unsere Herberge ist. Die Holzbauten fügen sich unauffällig in die Natur ein. Hier ist nichts, was den Ausblick oder die Ästhetik stören kann. Die grenzenlose Weite legt sich unter das schützende Dach der Baumwipfel.
In der Dämmerung und Nacht spürt man die Ausmaße der Einsamkeit, sie tastet sich sanft durch die Gehörgänge und streichelt die reizüberfluteten Sinne. Von der Aussichtsplattform, die auch als Startpunkt für Zipline genutzt wird, überschauen wir die dunklen Silhouetten der Kiefern und Fichten – am Horizont erblicken wir kleine Lichtpunkte, die sich im See spiegeln. Diese Windräder sind die einzigen Anzeichen von Zivilisation. Gnadenlos still und schwarz ist die Nacht. Kalt und sternenklar noch dazu. Uns überkommt demütiges Schweigen, wie später im Hot Tube unter freiem Himmel, als wir unsere Köpfe in die Nacken legen, um den Großen und Kleinen Wagen mit unseren Augen nachzuzeichnen. Ein Wochenende in Småland ist wie eine Reinigung der Sinne. Ein Fasten für die Seele, eine Verjüngungskur. Fast fühlt man sich in die Bullerbü-Welt seiner Kindheit zurückversetzt.
Stille legt sich über unser Camp. Nur das ferne Rauschen des Windes, der Äste und Zweige behutsam wiegt, gelangt an meine Ohren. Der nächste Nachbar lebt ca. 2 km entfernt, meint Martin, unser Natur Guide.
Über den sauren Boden legt sich eine Heidelandschaft. Flechten umhüllen tote Bäume, die stabiler im Wind stehen, als Lebende. Preiselbeeren leuchten aus dem Laub als Überreste des letzten Sommers. Man solle keine Bären aus dem Wald mitnehmen, warnt ein Schild. Bären gibt es hier keine, dafür aber Elche, deren Spuren und Kot wir auf einer kleinen Wanderung im Schnee folgen.
Little Rock Lake Zipline – Über den Baumkronen am Seil
Am nächsten Morgen legt sich eine frühlingshafte Frische in die Luft, in die wir uns begeben. Acht Teilstrecken des Zipline-Parcours sind zu bewältigen. Martin, unser Natur Guide, hat die Kamikaze-Strecke für uns gewählt, die schwierigste der drei Routen. Ca. 3-4 Stunden werden wir auf 2610 Meter Seil an diesem Morgen über den Wiesen und Wäldern verbringen, um neben dem Adrenalinschub die Natur aus der atemberaubenden Vogelperspektive hoch über den Baumkronen zu erleben. Immer mit festem Stand auf den 12 bis 20 m hohen Plattformen und Türmen oder schwebend an Seilen. Die ersten vier Bahnen teilen wir uns mit der Schwarzen Zipline. Der erste Sprung erfolgt gleich vom Turm über die Dächer der Anlage. Ein komisches Gefühl, nicht dass man in einem Baumgeäst weicher landen täte, aber über Dächern zu schweben macht uns allen am Anfang ein wenig Angst. Hinzu kommt, dass es auf den Türmen in exponierter Lage an diesem Aprilmorgen doch noch sehr frisch ist. So friere ich trotz meiner dicken Winterjacke. Doch der Ausblick entschädigt und die anschließend rasanten Fahrten über Wälder, Bäche, Seen und tiefen Schluchten tun ihr übriges.
Immer wieder bleibt auch Zeit, sich vom Seil auszuhaken und die Umgebung kurz zu erkunden. Beispielsweise erreicht man die Plattform Overhang auch nur zu Fuß. Von dieser Plattform zippen wir 250 Meter zur Plattform Lazy Fir. Danach folgt mit 427 Metern die längste Bahn, auf dieser könnte man mit der Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h zippen. Doch dafür bedarf es etwas mehr Gewicht und einer guten Technik. Die Landung erfolgt an einer 20 Meter hohen Klippe. Von hier geht es durch den Wald zum Tower 6 bringt. Von diesem zippen wir 388 Meter zum Tower Rosenburg. Den Abschluss bildet ein Doppelseil, das zum Wettrennen einlädt.
Wanderung im Nationalpark Åsnen
Ein Tag später. Eng windet sich die Straße durch den Wald, bis Lisa das Auto im Bjurkärr Naturreservat an einem Rastplatz am See parkt. Wir stehen am Eingang des Åsnen Nationalparks. Es ist der 30. Schwedens und eigentlich zählt er auch noch nicht offiziell dazu. Erst am 25. Mai wird er eröffnet. Hier hat Lisa ihren heutigen Mann einst bei einem ihrer ersten Dates hingeführt und es bedurfte nicht viel Überzeugung, sagt sie mit einem verräterischen Schmunzeln. Durch das kahle Gehölz schimmert der Åsnen See. Eisig blau zeigt sich im gefrorenen Zustand noch das Kleid des Winters. Die Sonne wird noch ein paar Tage benötigen, der Natur ihre Frühlingstöne zu verleihen. Noch drei Wochen, dann wird hier alles grün sein, meint Lisa begeistert. Idyllisch liegen 1000 Inseln zu unseren Füßen. Zerklüftete Buchten und verzweigte Halbinseln und Landzungen geben dem See seine ungestüme Form, alte Buchenwälder verzaubern den Besucher.
Märchenhaft schön liegen die vom Winter entkleideten Bäume pur in ihren Brauntönen vor uns. Laub aus dem vergangenen Jahr raschelt unter den Füßen. Vom Moos überzogene Felsbrocken mischen sich zwischen die Stämme. Steine liegen nicht nur auf dem Waldboden, sondern ragen auch aus dem Wasser. An manchen Stellen hat das Eis längst der Sonne nachgegeben. Die Natur scheint heute zu erwachen. Vögel zwitschern, der Specht hämmert rhythmisch auf das Holz und das Trompeten der Kraniche ertönt aus der Ferne. Es ist der erste Frühlingstag, der die Flora zum Blühen und die Fauna zum Erwachen bringt. Und auch die Menschen zieht es in den Wald. Gemeinsam grillen wir nach einer kleinen Wanderung und sind damit nicht einzigen.
Fika in Småland
Wieder im Auto fahren wir noch ein Stück die szenisch schöne Åsnen Runt um den See. „Wollen wir Fika?“ Ein lautes Lachen füllt die Rückbank des Autos, als uns Lisa diese Frage vom Fahrersitz aus zuruft. Natürlich wollen wir Fika machen. Und auch wenn wir wissen, dass es sich dabei um ein harmloses nettes Beisammensein handelt, bestenfalls bei einem Getränk, hake ich noch einmal nach, ob bei einem Fika zwingend ein Kaffee im Spiel sein muss. Fika ist ein nettes Stündchen, das man mit netten Menschen verbringt, die man mag, meint Lisa. Das kann bei einem Kaffee genauso sein wie bei einem Smoothie.
Wir halten in Alshult. Farbige Häuser säumen die Straße. Links und rechts vom Asphalt liegen Seen. Gänse fliegen über uns hinweg. Begeistert laufen wir zum Wasser, wo wir in der Sonne einen kleinen roten Schimmer auf unsere Wangen zaubern. Der Steg knarzt unter meinen Füßen. Daneben prankt ein Schild mit der Aufschrift „Privat“. Wie ein Fremdkörper wirkt dieses hier, wo alles so familiär anmutet. Direkt an der Straße liegt ein Holzhaus, das dekorativ durch seine Antiquitäten auffällt. Das Kultur Café ist der Platz unserer letzten Fika, bevor wir Småland wieder verlassen. Waffeln mit Marmelade verspeisen wir im Garten, in dem wir mit unseren Gesichtern versuchen, die ersten Sonnenstrahlen dieses Frühlings einzufangen und den frischen Duft der Seen und Wälder mit nach Hause zu nehmen.
Was man sonst noch wissen sollte?
Anreise aus Berlin
- Seit Ostern fliegt BRA die Strecke Berlin-Växjö (Freitags und Sonntags)
Unterkunft
- In Växjö: PM & Vänner Hotel
Restaurants und Cafés
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Restaurant PM & Vänner; Växjö – (vor 2 Jahren erhielt das Restaurant einen Michelin Stern; zudem verfügt das Haus über einen Wine Spectator Grand Award prämierten Weinkeller)
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Kafé de Luxe; Växjö
- Kulturkafé, Ålshults Handelsbod
Zipline
- Little Rock Lake Zipline, Europas größter Ziplinepark mit über 4 Kilometer Seil
Wanderung und Outdoor-Aktivitäten
- mit Lisa von Pepup in den Åsnen National Park
Ich wurde von der Destination Småland und Växjö sowie der Fluglinie BRA zu dieser Recherchereise eingeladen. Alle Ansichten sind meine eigenen.
Ach Smaland steht ja auch soo weit oben auf meiner Reisewunschliste. Da kommt man gar nicht daran vorbei Zimtwecken a la Astrid Lindgren essen zu wollen.
Ein ganz toller Bericht!
Liebe Grüße,
Anni