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Duschanbe – ein Tag in der Montagsstadt

Duschanbe, Tadschikistan, Reiseblog, puriy

Die Seele einer Stadt begreift man durch ihre Menschen, weniger durch ihre Architektur. Doch auf den Straßen von Duschanbe herrscht wenig Verkehr. Man sieht kaum Menschen. Daher steuern wir den Platz an, wo man die Einwohner trifft – den Grünen Markt Shomansur. Der Dorfmarkt, der früher nur montags stattfand, lieh der tadschikischen Hauptstadt ihren Namen. Auch hier herrscht eine ungewöhnliche Ruhe. Frisches Brot türmt sich auf den Brettern der Stände. Daneben hängt Fleisch. Saftiges Obst und Gemüse ist liebevoll aufgestapelt. Gewürze schimmern in den schönsten Farben. Immer wieder rufen uns Verkäufer herbei, um uns von ihren frischen Waren kosten zu lassen.

Leider bleibt uns nur wenig Zeit zum Kosten. Wieder sind wir auf den recht leeren Straßen unterwegs und bestaunen die Stadt durch die Scheibe. Weitläufige und leblose eurasische Städtearchitektur mischt sich in das aus Sowjetzeiten geprägte Stadtbild. Dann fahren wir an dem Opernhaus vorbei zur Somoni Statue, die sich auf dem breiten Grünstreifen des Rudaki Prospekt befindet. Doch mehr als die Statue fällt die Bibliothek auf der linken Seite durch ihre Größe und Pracht auf. Sie zählt zu den größten Zentralasiens. Auf der rechten Seite des Rudaki Prospekt schmiegt sich der Rudaki Park mit gleichnamigen Monument an. Dieses erinnert an den berühmten tadschikischen Dichter namens Rudaki.

Ein paar Frauen verschönern die Beete mit Pflanzen. Durch das Tor scheint der Palast der Nationen, dem die einzige Synagoge der Stadt 2008 zu Opfer fiel. Unweit des Palasts ragt im Siegespark ein 165 Meter hoher Fahnenmast gen Himmel. Dieser wurde anlässlich der 20jährigen Unabhängigkeit aufgestellt und war einst der höchste weltweit. Inzwischen wurde er um 5 Meter von den Saudis geschlagen. Die Fahne will nicht so recht wehen in der stehenden heißen Luft.

Nicht weniger monströs und luxuriös kommt der vor fünf Jahren erbaute Kokhi Navruz (Palast von Navruz) daher. In den verzierten Sälen werden nicht nur internationale Konferenzen und Staatsbesuche abgehalten, sondern wird auch gern geheiratet. Die Säle sind aus verschiedenen Materialien gearbeitet – mal ist es Zedernholz, mal Glas. Wir sind sehr angetan, wie sehr man doch immer in großen Dimensionen denkt. Wie eine Matroschka wird  in diesem riesigen Gebäude immer noch ein weiterer, hübscherer Raum freigelegt, der uns entzückt.

Vor dem Mittagessen führen uns unsere Guides Miskola und Abdul vom lokalen Touranbieter Orom Travel noch bei dem Miniaturkünstler Kamalov Olim im Center Mino vorbei. An den Wänden prangen Zertifikate und Urkunden, die ein Beweis dafür sind, das er sein Handwerk sehr gut beherrscht. Besucher können Kamalov über die Schultern schauen, er gibt auch Unterrichtstunden. Ich bin nicht nur von seiner Arbeit fasziniert, sondern auch von dem Haus, das um einen Baumstamm gebaut wurde, der nun Teil des Wohnraums ist. Vor dem Haus trägt der Baum an seinen Ästen tatsächlich Blätter und Früchte. Es ist eine beliebte Wohngegend, in der sich einige Künstler niedergelassen haben. Und genauso beschaulich geht es hier auch zu. Wir werden auf einen Tee eingeladen, reden über Miniaturkunst. Ich möchte nicht gehen, mich einfach der Ruhe hingeben, die dieses wunderbare Haus umgibt.

Es ist Zeit für Mittag, geben uns Miskola und Abdul zu verstehen. Noch häufiger werde ich auf der Reise erleben, dass die auffälligsten Häuser im Stadtbild Teehäuser sind. Hier trinkt man seinen Tee, unterhält sich oder speist auch. Daher starten auch wir unseren kulinarischen Einstieg in das Land in einem Teehaus namens Rochat.

Während des Mittagessens erreicht uns die Botschaft, dass unsere Fahrt auf dem Pamir Highway heute noch nicht starten kann. Unser Auto hatte einen Unfall und somit muss ein Plan B gesucht werden. Das bedarf Zeit und so suchen wir nach dem Lunch den Botanischen Garten am nördlichen Ende des Rudaki Prospekt und Neuen Markt auf. Beides sind Orte, die ein wenig Abkühlung bei den 42 Grad bringen. Der Botanische Garten ist eine kleine Parkanlage mit schattigen Wegen. Unter den Bäumen sitzen die Einheimischen und relaxen oder essen. An Wochenenden soll sich die Grünfläche besonderer Beliebtheit erfreuen. Doch heute spazieren nur ein paar junge usbekische Mädchen auf den Wegen. Ähnlich leer ist der Neue Markt, in den man die Händler des Shomansur versucht hat einzuquartieren. Doch der Standpreis ist hier bedeutend höher, so dass das Gebäude trotz erfrischendem Lüftchen leblos wirkt. Die Marktfrauen und -männer sind hier noch entspannter und vielleicht gelangweilter. Sie posen freiwillig für unsere Foto, um ein wenig Abwechslung zu bekommen.

Duschanbe ist ein Rausch in Zeitlupe in meiner Übernächtigung. Fast wie einen verkaterten Montag nehme ich die Stadt aus müden Augen wahr. Sie ist genau die richtige Dosis, um in ein Land reinzukommen. Sie vereinnahmt Dich nicht, umschlingt Dich nicht gleich, sondern nimmt Dich sanft in ihre Arme. Sie zeigt Dir mit all den Grünflächen und monumentalen Bauten ihr schönes Gesicht. Und dann hält Dein Auto auf einem Hinterhof und schleudert Dich zurück in die Ostblockvergangenheit, als Du mit dem ruckelnden Fahrstuhl in die 6. Etage fährst. Dann öffnet sich die Tür, und eine lachende Hausherrin heisst uns willkommen. Schnell werden die Schuhe ausgezogen, der Tee wird gereicht und es wird geplaudert. Und dann bist Du schon mitten on the road und die Stadt im Hissor- Tal verliert sich im Rückspiegel.

Adressen:

  • Yeti Hostel: Bobojon Ghafurov Avenue, Gafurova Street 34, Bldg 1, Duschanbe
  • Center Mino: 1 proezd G. Abdullo Str. (Hanifa Mavlonova) house 16, Duschanbe
  • Teehaus Rochat: 84, Rudaki Ave, Duschanbe
  • Orom Travel: 93/1 Rudaki Ave, Office 103, Duschanbe
  • Mountain Adventure Travel Tajikistan (MATT): 46 Shevchenko Street, flat 58, Duschanbe

Wie kommt man hin?
Man erreicht Duschanbe von Deutschland entweder mit Turkish Airlines über Istanbul oder S7 Airlines über Moskau – von hier auch mit Tajik Air oder mit Somon Airline. Der Flughafen befindet sich 5 km vom Stadtzentrum entfernt.

Wie bewegt man sich in der Stadt?
Entweder mit Taxi oder einem O-Bus. Das O-Busnetz besteht aus acht Linien 1, 2, 4, 5, 8, 10, 12 und 14.

Wie bewegt man sich im Land?
Innerhalb des Landes ist man auf Sammeltaxis angewiesen. Es gibt keine Fernbusse.

In Duschanbe startete meine Fahrt auf dem PAMIR HIGHWAY nach Osh.
Mehr zur ersten Etappe: Auf dem Pamir Highway – von Duschanbe nach Khorog

Meine Reise wurde unterstützt durch die PECTA in Zusammenarbeit AKF/MSDSP Kyrgyzstan and Tajikistan, GIZ Tajikistan, KCBTOrom TravelTcellMATT und Kyrgyz Concept.
Alle Ansichten sind meine eigenen. 

5 Kommentare

  1. Die Decke von diesem Palast – ist das krass! Und das Haus um den Baumstamm hätte ich gerne gesehen. Und „Ruhe auf dem Markt“ – echt? Das ist ja seltsam, hattet Ihr dafür eine Erklärung? Oder heißt ruhig gar nicht, wenige Menschen sondern dass es nicht laut war?
    Sehr spannend jedenfalls, danke für diese Einsichten.
    LG /inka

    • Danke Dir, liebe Inka. Vielleicht bin ich mir ja die wuseligen lateinamerikanischen Märkte gewohnt, aber den Markt in Duschanbe fand ich sehr überschaubar, ruhig und es herrschte kein Gedränge. Vielleicht muss man ja auch eher am Montag dort sein (Scherz). LG, Mad

  2. Die Stadt scheint ja wahnsinnig aufgeräumt zu sein. Hätte ich nicht erwartet. Das es einige Ecken mit Monumenten gibt, ok, aber solch eine Pracht…schön. Wie ist das Preisniveau in Tadschikistan?

  3. Ich war auch überrascht, wie clean und leblos die Stadt teilweise erschien. Aber es gibt auf jeden Fall auch Ecken, in denen sieht es noch recht oll aus und erinnern an alte Sowjetzeiten. Auf Märkten kann man günstig einkaufen. In Duschnabe selbst gibt es natürlich teure Business-Hotels , aber auch Homestays – dies und überhaupt auch gerade auf dem Land oft die einzige Übernachtungsmöglichkeit. Diese kosten je nach infrastruktureller Anbindung ca. 20 USD pro Nacht – man wird aber dann auch gleich mit verpflegt. LG, Mad

  4. Gerhard sagt

    Hallo,
    Eine sehr mutige Reise. Respekt. Habe in der Hauptstadt Duschanbe 10 Jahre verbracht: 5 Jahre Geologiestudium (1973-1978) und 5 Jahre Tätigkeit als Geologe (1986-1991) im Hochgebirge Pamir, Bergketten Hissor, Serawschan und Turkestan. Sehr bekannte Bilder von Duschanbe bis Kalai-Humb, weiter bis Horog – Alitschur – Murgab – Bergpass Ak-Baital und Osch. Bilder wecken wahnsinnige Nostalgie. Danke!

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