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Die Lavafontänen des Mt. Yasur – auf dem Kraterrand eines aktiven Vulkans

Mount Yasur, Tanna, Vanuatu

Ein dumpfes Donnern dringt durch das offene Fenster unseres Baumhauses. Schlaflos lausche ich den Geräuschen in der Ferne. Die Gardine im Fenster habe ich zurückgebunden, um mich von dem Überwältigen zu lassen, was das Grollen verursacht. Fasziniert schaue ich auf die Wolken, die sich orange über der dunklen Bergsilhouette des Mount Yasur färben und den Nachthimmel über Tanna zum Leuchten bringen.

Der „Leuchtturm der Südsee“, wie der über Vanuatu hinaus bekannte Vulkan auch genannt wird, hatte Cook im Jahr 1774 den Weg gewiesen, als er in einer nahegelegenen Bucht mit seinem Schiff, der Resolution, vor Anker ging. Die Bucht trägt bis heute diesen Namen.

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Auf dem Krater des Mount Yasur

Am nächsten Tag stehe ich kurz vor 18 Uhr auf einem der aktivsten und zugänglichsten Vulkane der Welt – dem 400 m hohen Mount Yasur. Seit 800 Jahren speit dieser alle paar Minuten. Was für die Anwohner Normalität ist, fasziniert und beängstigt Besucher gleichermaßen. Im Rahmen von Touren kann man den Kraterrand begehen und im Licht der untergehenden Sonne das überwältigende Feuer-Spektakel verfolgen.  Rauch legt sich in den Kessel. Unterhalb meiner Füße köchelt und dampft es. Sulfatgeruch zieht zu uns herauf. Wenn sich der Rauch einen Moment verzogen hat, herrscht Klarheit.

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Es ist die erste Aussichtsplattform auf dem Mt. Yasur. Doch schnell wird dieser Standpunkt mit Blick auf den rauchenden Vulkan einer kleinen Gruppe zu langweilig. Auch ich bin kurz enttäuscht. Schwefelgeruch, Geysire, Krater – alles schon gehabt. Wo ist das Pulsieren des Kraters? Wo wabert die Magma? Wo ist das Feuerwerk? In keinem Vulkan auf der Welt kann man der Naturkraft so nah sein wie hier. Und doch fühle ich in diesem Moment die Kraft nicht.

Der Blick in den Krater

Unser Guide spürt die Ungeduld, die Teil der Dramaturgie dieses anderthalbstündigen Tanzes auf dem Hexenkessel sein mag. Er führt uns noch ein Stück näher an die Förderschlote, von denen aktuell drei aktiv sind.  Auf dem nächsten Aussichtspunkt gibt es eine wackelige Holzabsperrung, auf die wir uns jedoch nicht lehnen sollen. Sie dient nur als optische Begrenzung. Links führt steil die erkaltete Lava als Aschefläche in den Abgrund, rechts köchelt, dampft und raucht es in der Tiefe. Windböen fegen über die Mondlandschaft und bringen mich ins Wanken. Lavastaub wirbelt auf und legt sich auf meiner Haut, in Mund und Ohr ab. Schwefelgeruch ätzt in der Nase. Grillen starten ihr Zirpkonzert. Hinter uns verschwindet die Sonne szenisch in den Wolken. Unter uns liegt eine wunderschöne Mondlandschaft – wie nicht von dieser Welt. Die Guides setzen sich nieder und verfolgen den Sonnenuntergang während wir Touristen uns für den Blick in das Kraterinnere interessieren.

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Die Eruptionen des Mount Yasur

„It’s dangerous what we do here!“ – ruft mir ein Neukaledonier zu, dessen Freundin gerade auf der Spitze des Aussichtspunkts fotografiert.  Über uns legt sich ein dumpfes Grollen, der Rauch färbt sich orange. Mit einem Zischen formen sich im Rauch Funken. Die Kraft der Erde geht vor unseren Augen in Feuer auf und berauscht unsere Sinne. Die Augen brennen vom Staub. Vor uns schießt eine Lavafontäne tosend in die Luft. 500 Eruptionen pro Tag werden hier gemessen. Wir spazieren auf dem Kesselrand, der überläuft. Als würde ein Silvesterfeuerwerk zur Unterhaltung gezündet. Der Geruch, der sich festsetzt, gleicht dem eines Spaziergangs am Neujahrstag durch die Straßen Berlins. „Yes it is.“ Kommt mir zustimmend über die Lippen. Dabei denke ich, wie krank sind wir eigentlich, dass wir uns diesem riskanten Spiel freiwillig aussetzen. Wir stehen auf einem Kraterrand und schauen in den Schlund eines aktiven Vulkans. Eine Garantie für Sicherheit und Unversehrtheit gibt es nicht. Wer hier oben steht, unterschätzt die Risiken eines solchen Manövers oder dem ist ohnehin alles egal. Die lokale Regierung unterscheidet vier Aktivitäten-Level des Vulkans, nach denen der Zutritt zu dessen Krater reguliert wird. Nur bis Level 2 ist die Begehung des Kraterrands erlaubt. Heute herrscht Level 2. Wir unterschreiben mit Betreten des Vulkankraters auch die Möglichkeit schwerer Verletzungen und Todesfälle. Glühende Gesteinsbrocken treffen hin und wieder auch den Zuschauer dieses Spektakels. It’s Nature! Ein Japaner ist hier umgekommen, ein Mädchen wurde so schwer von einem Stein verletzt, dass sie ins Krankenhaus musste. 7 h rang sie mit den Schmerzen bis Rettung kam, da es keinen Notfallplan geschweige denn Erste-Hilfe-Kasten gab.

Mount Yasur, Tanna, Vanuatu Mount Yasur, Tanna, Vanuatu Mount Yasur, Tanna, Vanuatu

So muss sich die Hölle anfühlen, schießt es mir in den Kopf. Erst kürzlich sei ein Einheimischer liebeskrank in den Krater hinabgestiegen. Für dich gehe ich durchs Feuer oder für dich brenne ich bekommen da eine neue Bedeutung.  Die Einwohner der umliegenden Dörfer glauben, dass der Vulkan der Ort ist, wo die Seelen der Menschen nach dem Tod verbleiben. Eine kleine Japanerin sagt: „It’s scary.“ Ich frage mich, meint sie den Vulkan oder uns. Was treibt uns dazu an, mit dem Feuer zu spielen? Die Abenteuerlust, die Lebensmüdigkeit oder wieder nur das Nachjagen eines aufregenden einzigartigen Moments, von denen es immer weniger gibt – weil inzwischen jeder alles schon erlebt hat.

Video -> MountYasur

Wieder steigen Fontänen unter tosendem Geräusch auf. Feuersäulen verlieren sich in der Breite und formieren sich zu einem orangen Feuerwerk. Wir sind ca. 20 Personen – kein einziger Handystick, stattdessen fasziniert uns das, was wir pur und ungefiltert vor uns sehen, hören, spüren, riechen. Dieser magische Moment ist real und lässt sich durch kein Medium der Welt transportieren, da hier das Zusammenspiel aller Sinne erforderlich ist. Es ist, als wollten wir alle die Funken in unsere Gedanken brennen, um sie wie ein Branding in uns zu tragen – aus Demut und Verneigung vor der mächtigen und unheimlich schönen Natur.

Mount Yasur, Tanna, Vanuatu Mount Yasur, Tanna, Vanuatu

Was man sonst noch wissen sollte?

  • Die Insel Tanna erreicht man via die Hauptinsel von Vanuatu, Efate, mit Flug (40 min) oder Fähre (30 – 40 h).
  • Übernachten im Baumhaus mit Blick auf den Vulkan: Yasur View Lodge. Weiterer Vorteil, der Eingang zum Vulkan ist gleich auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
  • Vom Flughafen zum Vulkan dauert es ca. 1,5 h. Unterkünfte bieten eine kostenpflichtige Abholung (5000 Vatu) an.
  • Tour auf den Mount Yasur:
    Eintrittspreis: 9750 Vatu beim ersten Mal, beim zweiten Mal 7000, ab dem dritten Mal frei
    Tourzeiten: 16 Uhr und 3 Uhr (Dauer ca. 3 Stunden, inkl. Custome Dance zuvor, Nettozeit auf dem Vulkan ca. 1,25 h), Vom Eingang fährt man mit dem Truck fast bis hinauf, Laufzeit dann noch einmal ca. 5-10 min.
    Mitbringen: Bringt warme Klamotten mit, denn es wird auf dem Kraterrand durch den starken Wind kalt. Sonnenbrille zum Schutz und Taschenlampe für den Rückweg im Dunkeln (wenn 16 Uhr Tour) sollten auch nicht fehlen. Zum Schutz sollten auch geschlossene Schuhe und lange Hosen getragen werden.
    Im Anschluss an die Tour gibt es noch Getränke und Obst am Eingang.

Mehr zu Vanuatu demnächst.

1 Kommentare

  1. Wow, atemberaubend!

    Solch eine Tour steht auch noch auf meiner Liste. Nicht unbedingt in der Südsee aber generell einem Vulkan so nah kommen.

    Da ich gesehen habe, dass du noch nicht in Turkmenistan warst, vielleicht reizt dich „Das Tor zur Hölle“? Das ist einS chauspiel, dass bei mir auf der Liste steht 😛

    LG Daniel

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