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Ilha do Marajó und die Entdeckung der Langsamkeit

Brasilien, Ilha do Marajó

Ein Pfeifen schrillt durch die Gänge, als die ersten Passagiere zu den Schwimmwesten greifen. Es ist eine Stunde vergangen, als wir mit unserer Fähre auf dem Rio Guamá in die Baía do Guajará gestochen sind, um zur Ila do Marajó überzusetzen. Längst bin ich von der Übelkeit so geschwächt, die mir der Seegang bereitet, als dass ich mich auf ein Kentern vorbereiten könnte. Nach 2,5 Stunden erreichen wir die größte Flussinsel der Welt und passen uns an die Langsamkeit in den Straßen an. Die ausgestorbene Hauptstadt der Insel, Soure, ist zur Mittagszeit fast menschenleer. Ein paar Mopeds wirbeln ein wenig Staub auf. Gemütlich radeln ein paar Einheimische durch die breiten Straßen. Büffel stehen an den Ecken. Das ist schon alles, was das Leben hier hergibt.

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Fazenda-Leben und die gestrandeten Wasserbüffel

Doch genau diese sind hier neben den Stränden und dem Müßiggang wohl die Attraktion. Denn auf Marajó leben Hunderttausende Wasserbüffel vier verschiedener Arten. Sie sollen 1920 auf die Insel gekommen sein, als ein Schiff aus Asien vor der Küste Brasiliens Schiffbruch erlitt und sank. Eine kleine Herde von Wasserbüffeln rettete sich auf die Insel, wo sie sich dann ausbreitete. Heute leben einige noch wild, doch die meisten Wasserbüffel sind domestiziert.

Sie dienen als Lastentiere und liefern Fleisch, Milch und Käse. Eine dieser Fazendas besuchen wir. Man könnte Büffel reiten, doch wir bevorzugen einen Spaziergang über das Gelände der Fazenda bom Jesus mit anschließender Büffelkäseverkostung. 6000 Hektar groß ist allein das Gelände dieser Fazenda, doch der Familie aus drei Geschwistern gehören noch sechs weitere. Weit und breit ist man hier allein oder zumindest nur unter Tieren.

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Das Gelände steht in der Regenzeit teilweise unter Wasser, doch jetzt scheint alles im goldbraunen Farbton vertrocknet. Scharlachsichler leuchten in der Ferne. Pferde traben behutsam durch die flachen Wasserstellen. Akkurat geschnittene Bäume verdanken ihre Form den Büffeln, die unten das Blattwerk verspeisen. Eine Capybara-Familie huscht vor uns ins Gestrüpp. Es ist ein Stückchen Verlassenheit, die man auf diesem 1,5 stündigen Spaziergang spürt. Die Hitze legt sich über das karge Gelände und zehrt an der Natur und uns. Die anschließenden Häppchen in der Fazenda Santo Elias sollen uns wieder stärken.

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Eine Bootsfahrt in die Mangroven

Am nächsten Morgen fahren wir mit einem motorisierten Holzboot ein Stück dem Rio Paracauri landeinwärts. Amazonasboote liegen an den Ufern bis, die letzten Dächer des Ortes zu sehen sind. Dann übernimmt die Natur. Das Schnurren des Motors und der Wellenschlag des Flusses haben etwas Meditatives. Doch erst als wir in den Seitenarm Miguelão abbiegen, das Paddel die Arbeit des Motors übernimmt, eröffnet sich uns eine andere Welt, die von Kohlpalmen und Urwaldriesen geprägt ist, die über uns ihr grünes Dach ausbreiten. Das Wurzelwerk der Mangroven zeigt sich in allen Verzweigungen in der aktuellen Trockenzeit. Bald werden die langen Fühler der Bäume wieder mit Wasser überschwemmt sein. Auf unserem Rückweg kommen uns kleine Fischerboote entgegen. Alle haben Zweige von Açai geladen. Diese Superfoodfrucht ist hier ein Wirtschaftszweig neben der Büffelzucht und dem Fischfang.

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Soure die verschlafene Stadt

Am Nachmittag schlendere ich durch die breiten Straßen. Mangos liegen im Sand. Der Duft von Feuer legt sich ein wenig in die Nase. Alles ruht. Selbst Häuser, deren Schilder und Beschriftungen auf Läden, Bars und Restaurants hinweisen, haben ihre Türen geschlossen. Nur wenige Bewohner sind hier noch in Bewegung. Alles erstarrt. Ein paar Einheimische sitzen unter den großen Mangobäumen auf dem Mittelstreifen der Straße. Sie unterhalten sich mit ihren Nachbarn, lesen, starren auf ihre Handys, machen ein Nickerchen oder schauen einfach, was passiert. Das nichts passiert, scheint sie auch nicht zu stören. Wieder stehen Büffel an den Straßenecken, ein Moped knattert an mir vorbei. Wir scheinen eines gemein zu haben in diesen Mittagsstunden – wir beide sind in Bewegung. Der Fahrer dreht um, um mich ein weiteres Mal zu überholen, doch dann folgt er mir ganz langsam. Ob er mich mitnehmen dürfe, ruft er mir fragend zu. Meiner Antwort, dass ich gern laufe, scheint er etwas zu misstrauen. Und so rollt er noch weiter neben mir her. Die Mittagssonne, die sich über die Insel, legt, lähmt. Als sich das Knattern schließlich entfernt, hinterlässt der junge Mann eine wohltuende Ruhe. Zufrieden schlendere ich durch die staubigen, leeren Straßen. Mehr braucht es nicht, um glücklich zu sein.

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Was man sonst noch wissen sollte?

  • Ausflug zur Fazenda Bom Jesus mit Spaziergang zur Fazenda Santo Elias: 4 Stunden, 90 Reais p.P.
  • Bootsfahrt auf dem Rio Paracauarí und Seitenarm Furo do Miguelão: 3,5 Stunden, 90 Reais p.P.
  • Übernachtung: Pousada O Canto do Francês
  • Fähre von Belém: Expresso Golfinho 1 // 8.15 Uhr // 48 Reais
    Edgar Transporte // Katamaran sonntags 14 Uhr zurück

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