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No hay! oder Wo geht es zur nächsten Demonstration? {DIARY}

Bergarbeiter in La Paz

Am Samstag war es nun soweit. Die letzte gemeinsame Etappe stand Lars und mir bevor. Jetzt heißt es erst einmal über eine Woche Großstadt und Abschied von der Stille der Natur. Die vierstündige Fahrt von Copacabana nach La Paz führte durch eine atemberaubende Landschaft. Nach einer Stunde Fahrt immer mit Blick auf den türkisfarbenen Titicacasee erreichten wir den Ort San Pedro de Iquina. Das Wasser ist hier nur mit Fähren zu überwinden. Dabei werden Passagiere und Bus separiert. Während der Bus ganz schnell auf die Fähre gehievt wurde, standen wir an, um Tickets für die Überfahrt mit dem Motorboot zu erwerben. Auf der anderen Seite erwartete uns das Dorf San Pablo de Iquina. An dieser Stelle kommen Titicacasee und Lago de Huynaymarka zusammen. Die Fahrt verlor nicht an Reiz. Da preise noch einmal jemand die Küstenstraße von Chapmans Peak in Südafrika an.
Die Landschaft wechselte nach einer weiteren Stunde fast unbemerkt in pures Altiplano. An den Straßenrändern befand sich sogar Schneematsch und die Temperaturen auch im Bus wurden empfindlich kalt.

Hier oben muss das Leben sehr hart sein. Man befindet sich auf 4000 m und drumherum lugen kleine schneebedeckte Bergspitzen am Horizont hervor. Kaum höher als unsere Straße. Die Wolken scheinen den Boden zu berühren. Überhaupt fasziniert der Himmel sehr. Plötzlich erwachsen aus der nahezu unbewohnten Hochebene nahezu richtige Städte – die Besiedlung wird dichter und dichter. La Paz ist nicht mehr weit. Wir rutschen schon halb unter die Sitze. Hoffentlich kommt noch was optisch Aufreizenderes. Die Erde scheint sich in den Häusern widerzuspiegeln. Rotbraun dominiert auch die Vororte La Paz. Der Verkehr wird dichter und dichter. Und kaum sind wir auf die Schnellstraße abgebogen, öffnet sich unseren Augen ein einmaliger Blick in den Kessel La Paz. Wir oben auf der Kante mit dem Bus und unten die bebauten Wände dieser Sohle. Da müssen wir nun hinab.

Unten scheint das Leben ruhiger. Am Busbahnhof werden wir rausgelassen. Der Weg nun noch zum Hostal lässt sich mit Taxi für einen Euro am schnellsten passieren. Im Cruz de los Andes kommen wir unter. Ganz oben unterm Dach. Erst später merken wir, dass wir mit der Hostalauswahl mitten im Leben drin sind. Die Calle Aroma ist eine Querstraße der Ave. Illampu. Und hier befindet sich der Hexenmarkt. Am ersten Abend liefen wir schnell noch die direkte Umgebung ab. Marktstände dominieren das Stadtbild bisher. Ich vermisse die großzügigen und für Lateinamerika typischen Plazas. Nur zwei konnten wir ausmachen.
Der Plaza San Franzisco eine Enttäuschung für den, der Verweilen will. Stattdessen zugebaut. Einzig die Blumenverkäuferinnen erhellen das Bild.
Am Sonntag ruht das städtische Leben. Wir wagen uns vor bis zum besseren Viertel Sopocachi. Aber auch im Herzen der Stadt laufen wir weitere Straßen und Plätze ab. Am prägnantesten wohl der Plaza Pedro de Murillo, an dem sich u.a. der Regierungspalast befindet. Evo ist aber aus, wie uns einer seiner Wächter verriet. Auch der Vizepräsident kann mit seinem Palast mithalten, der sich unweit von dem Evo Morales‘ befindet. Und die Stadtregierung sitzt auch in einem prächtigen Haus. Und wo sich viel Macht versammelt, wird auch gern demonstriert. Das sollen wir noch in den nächsten Tagen oft genug merken. Die Dominanz der Polizei drängt sich ebenso auf. Ich weiss nicht, ob ich das als positives Zeichen deuten darf. Denn auch die Hinweise in nahezu allen touristischen Einrichtungen vor Kriminalität sollte uns zur Vorsicht bringen.

Die Preise sind billig. Hier kann man gut sparen. Und auch vom Straßenstand gibt es wieder zahlreiche Speisen. Nichtsdestotrotz besucht man ja auch hin und wieder ein Restaurant. Und hier muss man sich so langsam wieder an das gute NO HAY gewöhnen.
Ob Säfte oder vegetarische Speisen, die zuvor noch groß angekündigt werden. Vielleicht morgen, vielleicht auch nicht. Perdone. Welcome to Bolivia. Noch besser ist aber unsere Suche nach einer Sprachschule. Hier scheint das gleiche Motto zu gelten. Wo einst Adressen ausgeschrieben werden, findet man gähnende Leere. NO HAY auch hier das Motto. Habe am Ende noch eine Schule gefunden, zwar nicht in der Nähe in Rosario, sondern im feinen Sopocachi. Nun laufe ich eben jeden Tag ne halbe Stunde hin und 40 min zurück – Höhentraining kann ja nicht schaden. Habe auch die Zeit und durch das viele Futtern ist Laufen auch nicht schlecht.

Am Montag liefen wir wieder am Regierungspalast vorbei und bemerkten einen Auflauf an Journalisten. Hier muss was im Busch sein. Also stellen wir uns zu den und zwischen die Journalisten, die uns mit ihren Mikros auf die wichtige Person verweisen. Da steht ein Mann im traditionellen farbigen Poncho mit Hut und Sandalen. Er steht fleißig Rede und Antwort. Er muss der Pressesprecher Evos sein. Auf einer Pressemitteilung, die wir erhaschen, steht der Grund des Auflaufs. Evo gibt die Namen seiner neuen Minister bekannt. Am Nachmittag, bevor es wieder regnete, besuchten wir noch den Parque Laikakota. Dieser ist noch eine riesige Baustelle – gefördert vom großen Freund Hugo, der nur ein paar Tage später zu Besuch kommen wird.

1 Kommentare

  1. Kimo sagt

    Nach über 30 Stunden Rückreise nun wieder in Berlin. Lufthansa, wo ist mein Gepäck? Ja, La Paz war eine würdige finale Station meiner Reise. Vielen Dank für die schönen Tage in Latin America – von Kolumbien und brasilianischen Urwald, über die Küsten und Gipfel in Peru ins Andenhochland Bolivien – ich werde es missen.

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