Ein solches Naturwunder wie die gigantischen Iguazufälle schreit nach einem Vergleich. Welche Seite ist besser? Wenn man nur den Wasserfall als solches nimmt und das Drumherum ausschließt, geht der Punkt an Argentinien. Denn mit der Garganta del Diablo hat Argentinien einfach die spektakuläre Sicht auf die Kraft der Naturgewalt erwischt. Nehme ich aber als Ansatzpunkt, wie kann ich das Naturwunder genießen, ohne gestresst oder gar genervt zu sein, dann geht der Punkt eindeutig an die Brasilianer. Denn der Weg zum Teufelsschlund auf argentinischer Seite war voller Steine gesät. Erst einmal benötigt man schon 40 min, um zum Eingang zu kommen. Und dann blickte uns, nicht wie auf der brasilianischen Seite, eine wartende Ticketverkäuferin hoffnungsvoll an. Nein, was wartete war eine lange Schlange, die sich zu meinem Entsetzen nur sehr langsam in Richtung Schalter bewegte. Es war Sonntag und es gab nur einen Schalter, wohingegen die Brasilianer personalaufwendiger daherkommen. Endlich, nach weiteren 40 Minuten an der Reihe, muss man sich dann erst einmal seinen Weg durch Restaurants und weitere Adventure Tour-Verkaufsstände bahnen, um zur Estacion Central zu kommen. Die Bimmelbahnen fahren in großen Abständen, und so hieß es erst einmal wieder warten und sich dem sonntäglichem argentinischen Treiben hinzugeben, zumindest mit meinen Sinnen. Meine Ohren waren schon sehr betört von den vielen lauten Stimmen als sich der Zug endlich in Bewegung setzte.
Nun wissen die Argentinier, wie man Spannung erzeugt, nämlich indem man den Zug nicht direkt zum Höhepunkt fahren lässt, sondern eine Umsteigstation einbaut, die aus meiner Sicht total sinnlos erscheint. Also musste ich an der Estacion Catarades noch einmal umsteigen. Das Gedrängel und Gekreische wurde immer nerviger. Endlich an der Endstation hieß es nun im Gänsemarsch über endlos erscheinende Stege wandern. Viele Flüsse schienen ein Ziel zu haben, sich den Klippen herabstürzen zu wollen, um tausendfach abgelichtet zu werden. Und so überquerte man einen Fluss nach dem anderen, obwohl wahrscheinlich alles nur ein und derselbe Fluss war mit Uferzonen – der Rio de Iguazu. Als man in einer Reihe endlich in den Teufelsrachen schauen durfte, wusste man, warum die argentinische Seite der Wasserfälle so beliebt war. Unsere englischen Freunde würden nur ein Wort dafür finden AMAZING. Tausend kleine Flüsse scheinen sich ihren Weg zu bahnen, um sich tosend über die Klippen zu stürzen und dann zu einem riesigen Fluss zusammenzuwachsen. Egal wohin man schaut, Wassermassen, die sich herabstürzen. Aus ruhigem Gewässer wird ein lautstarkes Wasserkonzert. Und der Gargante del Diablo ist ein einziger Strudel, in den man direkt hineinsehen kann, anstatt nur von unten oder der Seite auf einen Wasserfall zu schauen. Das macht den Unterschied. Man ist mittendrin im Strudel, so hat man das Gefühl, während man auf dem Steg steht. Auf dem Rückweg habe ich noch den Upper Trail mit kleineren Wasserfällen besucht und mir die Rückfahrt von der Estacion Catarades gespart, indem ich den Sendero Verde nahm. Naturwunder wollen bewundert werden, daher erst sind sie Naturwunder. Und so muss man akzeptieren, nicht allein mit dem Wunderwerk sein zu können, sondern mich in die Schlange der Sonntagsausflügler mit Mateteekannen bewappnet einreihen zu müssen.