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Blaue Pause: Segeln im Saronischen Golf und zu den Kykladen

Griechenland

„Ich kann sehen, wie sich die ganze Menschheit hier durch den Flaschenhals streckt und nach einem Ausstieg in die Welt des Lichts und der Schönheit sucht. Mögen sie kommen, mögen sie bleiben und eine Weile in Frieden ruhen.“ – mit diesen wundervollen Worten beschrieb einst Henry Miller Poros – einen der Orte, die ich auf meinem Segeltörn besuchte.

Im vergangenen September tauchte ich einen Moment in das Licht am Horizont über dem Mittelmeer ein und entdeckte die Schönheit des Saronischen Golfs und der Kykladen. Wir segelten 6 Tage mit einem Katamaran auf dem Mittelmeer. Eingeladen war ich auf diese Segel-Reise von Argos Yachtcharter. Unterwegs waren wir mit einem Katamaran von Dream Yacht Charter.

Neulich auf dem Meer.
Azurblau das Wasser,
Himmelbläue über dem Horizont.
Darauf weiße Segel.
Klare Linie, wo das Sichtbare endet und Vorstellung beginnt.
Klare Linie, wo sich Sichtweisen unterscheiden.
Es gibt kein oben, kein unten. Nur mittendrin.
Es gibt Wind, es gibt Wellen, von hinten, von vorn, von den Seiten.
Es gibt Kräfte, die sich entgegenstellen und die treiben.
Und es gibt uns.
Neulich, als sich kurz der Horizont öffnete,
Weite wieder spürbar war – für einen Augenblick.
Meer gesehen, Meer gerochen, Meer gespürt.
Unendliche Leere, die sich füllt
Tropfen für Tropfen.
Ist es nicht fantastisch?

Allem Anfang wohnt ein Zauber inne – hier in der Marina in Alimos (Athen)

Es ist Samstagmittag, als wir von der Terrasse eines Hafenrestaurants in Alimos das geschäftige Treiben beobachten. Hektik haben wir wohl alle in jenen pandemischen Wochen verlernt. Und so mutet unsere Segelwoche im Saronischen Golf und zu den Kykladen fast einer normalen Reise in normalen Zeiten an. Die Betriebsamkeit, die uns noch einen Moment in Athen beansprucht, lassen wir am nächsten Morgen schon beim Auslaufen mit der Grebe, wie unser Lagoon-52-F-Katamaran heißt, hinter uns.

Als wir am nächsten Morgen die Leinen an Pier 3 losmachen, um uns aus dem Hafen aufs offene Wasser zu manövrieren, bedarf es der Hilfe aller. Wir – das sind neben mir noch 4 weitere Ladys und eine männliche Begleitung von Argos Yachtcharter – alle mit wenig Segelerfahrung. Durch das Abenteuer führt uns der wichtigste Mann an Bord, unser Skipper Petros.

Wohin die Reise geht, bestimmen der Wind, das Segel und der Steuermann. Tatsächlich haben wir kein konkretes Ziel für die kommende Woche. Und so ist jeder Tag eine Überraschung.

Erste Etappe: Von Athen nach Poros

Aufgrund der späten Übergabe des Katamarans und der bewegten See starten wir unseren Törn nicht wie geplant am Samstag, sondern erst am Sonntagmorgen. Die Freude ist um so größer, als es endlich losgeht. Auf der ersten Etappe lässt uns bereits der Wind im Stich. Meist motorisiert führt uns Petros auf die 4 Stunden entfernte Insel Poros, die sich im Saronischen Golf befindet. Auf dem Weg liegen Ägina, Moni, Methani. Nach ca. 2 Stunden erreichen wir die Bucht von Agia Marina auf der Insel Ägina, die auch Ziegeninsel heißt und bekannt für ihre wohlschmeckenden Pistazien ist. Ziegen sehen wir vom Wasser aus nicht, aber wir ziehen auch ein Bad im türkisfarbenen Wasser dem Landgang vor. Später werden wir noch einmal vor der nur von Tieren bewohnten Insel Moni ins kristallklare Wasser eintauchen. Beides sind beliebte Ausflugsziele für Athener*innen, da sie leicht zu erreichen sind.

Der erste Tag steht im Zeichen von Wasser und so verwundert es nicht, dass wir noch ein weiteres Mal vor Poros am Calypso Beach eine Runde um den Katamaran schwimmen. Die Nähe zur griechischen Hauptstadt (60 km) ist hier kaum spürbar. Alles wirkt ausgebremst und bietet den Nährboden für Entspannung. Nur 300 Meter trennen die Insel vom peloponnesischen Festland, doch die schmale Meerenge zwischen Galatas und Poros wirkt wie ein Ruhewall. Henry Miller schwärmte einst:

„Die Einfahrt nach Poros ist wie ein Traum. An allen Seiten ragt plötzlich das Land empor, und das Schiff wird in eine schmale Enge gepresst, aus der es keinen Ausgang zu geben scheint. Langsam durch die Meerenge von Poros zu gleiten, gleicht dem Durchdringen des Geburtskanals und ist eine Freude, wie sie größer nicht sein kann.“

Pittoreske Buchten wie die Love Bay oder die Russian Bay, die nach einem ehemaligen russischen Marinestützpunkt aus dem 19. Jahrhundert benannt ist, laden erneut zu einem Badestopp ein. Segelboote und Yachten wiegen vor der Küste sanft im Wasser. Dieser Rhythmus des Meeres wird uns die nächsten Tage begleiten. Das Schaukeln der Wellen das sich durch jeden Muskel des Körpers zieht und uns die ersten Schritte am Land behutsam setzen lässt, um langsam das Gleichgewicht zu erlangen.

Ein paar Segler*innen kehren in den rustikalen Tavernen ein, ansonsten ist es in den engen Gassen mit seinen Bougainvillen angenehm ruhig. Den üblichen Tourismustrubel sucht man hier vergeblich. Wir steigen den Hügel hinauf zum Uhrentum. Unter der wehenden Landesflagge genießen wir das Panorama von azurblauem Wasser zwischen sattgrünen Bergen, das im gedämpften Abendlicht seine Strahlkraft verliert. Ein Moment steht die Zeit still, als unsere Blicke über die kirschroten Dächer auf kalkweißem Gemäuer schweifen. Ich steige vom Hügel wieder hinab und erreiche die Hafenpromenade. Bunte Fischerboote schaukeln im Wasser. Bald darauf werde ich auch mit dem Plätschern in den Schlaf gewogen.

Zweite Etappe: Von Poros nach Hydra

Nach unserer Nacht auf dem Katamaran verlassen wir den Hafen von Poros. Mit einer 1,5 stündigen Überfahrt erreichen wir Hydra. Wolken legen sich über die kargen, braunen Bergkuppen und nehmen dem Ort und dem Meer ein wenig die Farbe. An Brillanz verlieren sie dadurch nicht. Autos gibt es keine. Hydras Lasten werden von Maultieren getragen. Geduldig warten sie am Kai. Unter dem prüfenden Blick der Einheimischen und anderer Segler legen wir mit unserem Katamaran an. Immer wieder ein kurzer Augenblick, der die entspannte Atmosphäre an Bord unterbricht. Zwei ältere Griechen sitzen vor der gegenüberliegenden Bankfiliale und diskutieren impulsiv. Das Hafenbecken bietet nicht ausreichend Platz für alle Segler*innen. Wer nicht in der ersten Reihe sein Boot festmachen kann, muss mit den hinteren Reihen Vorlieb nehmen und erreicht dann das Land nur kletternd über die anderen Boote.

Die Willkommensmelodie von Hydra ist ein Gemisch aus ihren Stimmen, der griechischen Musik in den Lokalen, dem Motorengeräusch der Fähren und dem Wind.

Der Alltag der Insel Hydra wurde lange von Kapitänen und Admirälen geprägt. Im 16. Jahrhundert zogen sich tausende Bewohner des Peloponnes auf der Flucht vor den Türken hierher zurück und Hydra wurde die Insel der Seefahrer und sie erhielt den Ruf der Heldeninsel.

Hydra ist aber auch seit Langem Hotspot von Jetset und internationaler Kunstszene, vor der Pandemie wurde Hydra von Tourist*innen geflutet, die zu Hunderten mit Selfiesticks in die malerischen Gassen einfielen und sich per Eselskarren über das Kopfsteinpflaster kutschieren ließen, liest man. Doch nun herrscht eine entspannte Ruhe in den Gassen mit ihren Läden, Galerien und Tavernen. Ich erklimme die Hügel und habe stets schnurrende Begleiter an meiner Seite. Mit ihren Badetüchern über den Schultern begegnen mir ein paar Tourist*innen und Einheimische auf ihrem Weg zu den kleinen Badebuchten wie Hydronetta Beach, Spilia Beach und Paralia Avlaki, von denen meist Leitern ins Wasser führen. Ich folge ihnen hinunter an den Strand. Kleine Fährboote gleiten an uns vorüber und hinterlassen für ein paar Sekunden Schaum und Wellen, die sich in der Weite des Meeres auflösen.

Enge Gassen führen hinauf zu den Windmühlen, auf dem Nachbarhügel weht eine griechische Flagge im Wind. Nicht immer finde ich gleich den richtigen Weg, um die Aussichtspunkte zu erreichen. Durch Trial and Error entdeckt man dennoch wundervolle Ecken.

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Am beschaulichen Hafen ein paar Buchten weiter ruhen bunte Fischerboote mit ihren wild flatternden Flaggen an den Masten. Kleine Fährboote sausen vorbei und hinterlassen für ein paar Sekunden Schaum und Wellen. Am gelben Gebäude im Hafen blättert längst die Farbe ab, Männer sitzen auf Bänken und Stühlen verteilt, um 1,5 m Abstand zu wahren. Darüber glänzen weiße Hausfassaden mit blauen Fensterrahmen und Türen – dazwischen malen Olivenbäume, Zypressen und Jasmin Farbtupfer in das Antlitz des Ortes. Ich lasse die Häuser von Hydra hinter mir und laufe nach Vlichos – immer der untergehenden Sonne entgegen.

Salz auf der Haut,
Wind im Haar,
Weit der Blick.
Berge besteigen,
Dann wieder abtauchen.
Fallen lassen,
In den Himmel schauen,
Wolken ziehen sehen,
Sinne tanzen,
Leben spüren.
Unter mir das Meer.
Über mir ein Segel
Mit Schattenwurf.
Gedanken pausieren
In der Sonne.
Dieser Ausblick
Soll genug sein
Bis er Rückschau wird
angereichert mit Jasminduft.
Mittelmeer –
Mein Anker
Zwischen hier und jetzt
Und dort.

Dritte Etappe: Von Hydra nach Aghios Emilianos

Wir verlassen Hydra und segeln Richtung Argolischen Golf. Nach unserem belebten Inselaufenthalt genießen wir erneut die kontaktfreien Stunden auf dem Wasser.

In der Bucht von Aghios Emilianos, die zur Halbinsel Peloponnes gehört, legen wir einen Badestopp ein, bevor wir die Fahrt in die Buchten von Hinitsa, Porto Heli und Zogeria fortsetzen. Geschäftiger ist es hier. Aus dem Meer ragt ein versunkenes Schiff heraus. Unsere Tage wären blau, gäbe es nicht die Pinienwälder, die sich zwischen Himmel und Meer schieben. Und immer wieder Häfen, die wir ansteuern – wie der der Insel Spetses. Ein starker Wellengang gestaltet das Anlegen am Pier als schwierig.

Es ist nicht einfach für Petros mit einer recht unerfahrenen Gruppe wie die unsrige den Katamaran elegant in den Hafen zu manövrieren. Für Erklärungen bleibt jedoch auch wieder wenig Zeit. Und so sind das diese Momente, in denen man sich wünscht, mit Segel-Vorkenntnisse an Bord gegangen zu sein.

Petros will uns einen besonderen Ort zeigen, für den uns leider nur 1,5 Stunden bleiben. Wir spazieren im strammen Schritt zwischen neoklassizistischen Kapitänshäuser und Kanonen der Gewürzinsel Spetses.

Überhaupt Zeit – nie ist genug da, wo Tage verschwimmen und nur durch Sonnenauf- und untergang strukturiert werden. Auf dem Meer spielt Zeit keine Rolle. Bei Landgängen schon. Es sind die Stunden, in denen man im Café sitzend Menschen beobachtet, das Leben passieren lässt, um den Ort und das Gefühl zu erfassen. Doch diese Minuten sind dem flinken Aufnehmen während eines Spaziergangs vorbehalten.

Noch vor dem Sonnenuntergang kehren wir nach Aghios Emilianos zurück, in die Bucht, die wir schon am Morgen für einen Badestopp besucht haben. Eine Nacht auf dem Meer verzaubert und zählt zu den Highlights dieser Reise. Die Saronische Insel im Argolischen Golf ist unser letzter Stopp, bevor wir Kurs auf die Kykladen nehmen.

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Vierte Etappe: Von Aghios Emilianos nach Serifos ein Seetag zwischen Saronischem Golf und Kykladen

Es ist 6.30 Uhr als ich durch meine Luke am Horizont einen orangen Streifen erblicke. Grillen zirpen am nahen Ufer der Bucht. Der volle Mond verblasst am Himmel und überlässt das Farbspiel der Sonne. Freiheit fühlte sich lange nicht mehr so gut an. Salz auf der Haut, Wind im Haar, eine Tasse frischen Kaffee in der Hand, bevor ich ins 26 Grad warme Wasser springe. Leicht fühlen, sich tragen lassen, Gewicht abstreifen. Segeln in diesen Zeiten lässt einen Moment ein Stück Unbeschwertheit wieder aufflackern. Durch die Netze des Katamarans schimmert silbern das Wasser. Ruhiger ist es. Doch man weiss nie, was morgen kommt. Gegen Seekrankheit gibt es Pillen.

Die Sonne scheint am wolkenlosen Himmel. Zwischen dem Tiefblau des Meeres und dem Hellblau des Himmels verläuft eine scharfe Linie, die meine Augen als Fixpunkt gegen Übelkeit erfasst. Sieben Stunden Überfahrt bei fünf bis neun Knoten liegen vor uns.

Gerade als ich mir ein Buch zur Hand nehme, ruft mir Petros zu: „Dolphins“. Hastig lasse ich alles liegen und stehen und eile an die Spitze des Bugs, wo drei Delfine im Schaum des Wellenschlags auf- und abspringen.

Als sich später am Horizont eine Silhouette in den Himmel malt, sind wir dem Ziel nah. Mit uns nimmt eine Fähre Kurs auf die Kykladeninsel Serifos. Der Kleinere lässt dem Größeren den Vortritt – so das Gesetz. Serifos wirkt anders als die Inseln im Saronischen Golf recht trocken – das mag manch einer mit einem Schmunzeln mit Bezug auf die Mythologie erklären. Perseus und seine Mutter Danae hatten hier Zuflucht gefunden, nachdem sie von König Argos vertrieben worden waren. Der König schickte den Sohn zum Kampf gegen die Medusa – der König glaubte, dies sei sein sicherer Tod. Perseus aber kehrte siegreich zurück und ließ den König mit dem geköpften Kopf der Gorgone zu Stein erstarren. So sollen die steinernen Augen der Medusa auch das umliegende Terrain getroffen haben und die Trockenheit der Insel hervorgerufen haben.

Die Insel ist gesäumt von 72 Stränden und einsamen Buchten und lädt auch zu kleinen Wanderungen ein. Das Herzstück allerdings ist die typisch kykladische Chora, die über dem Hafenort Livadi thront. Man sagt, sie sei gar eines der schönsten mittelalterlichen Dörfer der Kykladen. Noch vor dem Sonnenuntergang wollen wir die Inselhauptstadt auf dem Berg erreichen. In einer Stunde bin ich mit Eva hinaufgelaufen. Ein bisschen Bewegung tut gut. Von oben erschließt sich der Blick bis zu den Nachbarinseln, es sei eine besonders schöne Sicht heute, meint ein Einheimischer, der lässig an der Kirchmauer der Agios Ioannis lehnt und auf das Meer schaut. Die Sonne legt ihr warmes Licht über die karge Landschaft. Durch die verschlafenen Gassen streunen Katzen. Eine kleine touristische Gruppe ist die einzige, die uns immer wieder über den Weg läuft. Mehr Leben ist fast nicht.

Am Abend bei einem gemütlichen Beisammensein im Hafen von Livadi ertönt von einem anderen Boot die Trompete. Melancholische Musik untermalt die Leere und füllt die Lücken, die der ausbleibende Tourismus in diesen Zeiten hier hinterlässt.

Fünfte Etappe: Von Serifos nach Kythnos mit der traumhaften Doppelbucht von Kolona 

Von Serifos nehmen wir Kurs auf Kythnos. Karg, braun und sandig wirkt die Insel, zerklüftet sind ihre Ränder. Vorbei am Strand Apokrousi haben wir das Ziel, die szenische Doppelbucht von Kolona, im Blick. Eine Sandbank verbindet Kythnos mit der vorgelagerten kleinen Insel Agios Loukas. Auf dem Hügel der kleinen Insel thront die Kirche des Heiligen Lukas, die uns zum Aufstieg in der Hitze animiert. Unter uns schaukeln die Yachten an beiden Seiten der Sandbank im azurblauen Wasser.

Braune Felsen ragen wie Splitter in den Horizont.
Davor ein weißes Segel auf dem tiefblauen Wasser.
Zwischen Blau, Braun und Weiß gibt es keine Schattierungen.
Harte Kanten vor mir.
Spiel von Geometrie und Minimalismus.
Hinter mir das Funkeln des Lichts in den Wellen.
Verspielt, in Bewegung.
Starre bricht auf, wo Kräfte wirken.
Inseln verschwimmen im Dunst
Zu einem impressionistischen Gemä̈lde.
Die Sonne im Rücken zaubert dem Meer ein Glitzern, das in der Erinnerung verschwimmt.
Klar, in satten Farben erscheint die nächste Insel der Kykladen,
mit ihr rückt die Heimkehr nah.
Der Segeltörn bald nur noch ein Silberstreif auf dem zurückgelassenen Meer.

Am Nachmittag steuern wir im Nordosten der Insel den Hafenort Loutra an, der für seine heißen Quellen bekannt ist. Petros schwärmt von der 5 km entfernten Hauptstadt von Kythnos auf einem hügeligen Gebirgsrücken. Unser letztes Ziel steht somit fest, ist Chora, oder auch als Messaria bekannt. Dieses Mal machen wir uns mit einem Taxi auf dem Weg. Vier Taxen soll es auf der Insel nur geben und alle sind gerade irgendwo unterwegs. Am Ende findet sich doch ein Taxi ein, in das wir uns zu fünft quetschen.

Einmal im Bergdorf angekommen wandern wir entlang der labyrinthischen, gepflasterten Fußwege. Wieder sind es die Katzen, die mit uns durch die Gassen und schmuckhaften Gewölben streunen. Weit weg vom Trubel scheint hier die Zeit still zu stehen. Schattenwürfe geben dem kalkweißen Gemäuer ein Muster. Die strahlenden Häuser wirken wie zusammengesteckt. Kirchen und Windmühlen ragen aus dem Gassengewirr heraus. Verwaiste Tische warten auf Gäste, die an diesem Abend wohl nicht kommen werden. Für einen Kaffee ist noch Zeit, bevor wir wieder nach Loutra hinunterfahren.

Im Schein der untergehenden Sonne brechen wir zur Ankerbucht Potamia auf und lassen die Lichter von Loutra hinter uns. Vor uns steigt der Mond empor und lädt uns kurz nach dem Ankern zu einem nächtlichen Bad ein. Sind Nächte auf dem Meer etwas Besonderes, ist diese Vollmondnacht einzigartig. Sternschnuppen fallen ins Meer, als ich im Bugbereich liege und in den Himmel schaue. Glücklich fallen meine Lider zu, die Glieder werden schwer und das Herz springt. Ich verbringe die Nacht draußen.

Als ich in dieser Vollmondnacht unter dem leuchtenden Sternenhimmel in einer Bucht auf Kythnos in eine Decke gehüllt einschlief und unter diesem Morgenhimmel auf dem Deck des Katamarans aufwachte. Zwischen Night Swim und Morning Swim lag ein bezauberndes Farbspiel. Klamm war der Stoff auf der Haut, kalt die Füße, warm das Herz.

Was danach kommt, ist eine mehrstündige Segelfahrt zurück nach Athen, über die der Schatten jener strahlenden Nacht hängt.

Weder Wellen noch Wind treiben uns an und so bleibt zum Abschied erneut nur das motorisierte Zutun, um die Marina pünktlich um 18 Uhr zu erreichen. Unser Weg führt uns an der Südspitze von Attika vorbei an dem Poseidon-Tempel aus dem 5. Jahrhundert v. Chr.. Noch einen letzten Sprung ins Wasser gönnen wir uns am Fuße des Gipfels mit dem berühmten Marmortempel, der 60 m über dem Meer thront. Seeleute erbaten einst hier die Gunst des Meergotts – mit Homers Worten:

„Höre mich, Poseidaon, du Erdumgürter!
Verwirf nicht u
nser frommes Gebet;
Erfülle, was wir begehren!“

Homer, Odyssee

Der nahende Abschied von den frühherbstlichen Sommertagen in Griechenland und der Gedanke an den bevorstehenden deutschen Winter, über den der nächste Lockdown schwebt, versetzt uns in eine melancholische Stimmung. Ach, würde die Sache mit dem Meergott doch funktionieren!

Epilog

Es ist irgendwo zwischen Alimos und Flughafen, Samstagmorgen um 3.30 Uhr, als mein Taxifahrer durch die Plexiglasscheibe und dem heruntergerutschten Mund-Nasen-Schutz meint, normalerweise seien um diese Zeit die Straßen voll. Leere ersetzt die einstige Fülle. Alles geschlossen, alle daheim. 30 min bin ich seinem Redefluss ausgesetzt, der mir ein dystopisches Zukunftsbild von Angst, Armut und einer angestrebten Weltherrschaft aufzeigt.
„Ich will dass das einfach alles endet“, verabschiedet er mich am Flughafen. Wer will das nicht?
Müde bin ich – und das ist wohl der Gesamtzustand in diesen Zeiten, der uns in einen kollektiven Winterschlaf schickt. Mein Kopf spielt längst nicht mehr mit, will ruhen. Will den Abstand der letzten Tage auf dem Meer mitnehmen. Gelassenheit und Ruhe im Gepäck. Mit dem Segel der Unbeschwertheit will ich die nächsten Winde nehmen – und irgendwann kehre ich zurück, in anderen Zeiten.

Über Boot und Buchung

Eingeladen wurde ich auf diese einwöchige Reise im September / Oktober 2020 von Argos Yachtcharter mit Sitz in Wiesbaden. Die Reise kann dort genauso oder auch individuell zusammengestellt gebucht werden. Vorteil gegenüber einer Buchung im Internet, bei  Problemen hat man eine persönliche Betreuung. Die Möglichkeiten einer Bootsmiete reichen vom Yachtcharter mit professionellem Skipper bis hin zur Kabinencharter weltweit.

Unterwegs waren wir mit einem Katamaran von Dream Yacht Charter. Die „Grebe“ ist ein Lagoon-52-F-Katamaran (Baujahr 2019), der fünf Doppelkabinen und eine Einzelkabine mit eigenem Bad bereitstellt. Der Katamaran zeigt seine Geräumigkeit auch in der Vielfalt an Sitzmöglichkeiten – im Heck sind diese überdacht und im Bug befinden sich die Sonnenplätze. Auf der Flybridge und im Salon gibt es weitere Sitzmöglichkeiten neben dem Skipper. Im Salon befindet sich die gut ausgestattete Küche. Bei Buchung kann man per Liste bereits angeben, welche Standard-Lebensmittel mit an Bord sollen. Damit ist die Grundversorgung schon an Bord und man verliert keine kostbare Zeit. Wir haben jedoch noch einen kleinen Einkauf vor Abreise im gegenüberliegenden Supermarkt getätigt, um unsere individuellen Wünsche noch zu befriedigen. Der Katamaran verfügt auch über eine Entsalzungsanlage, die Frischwasser (bspw. zum Duschen) aufbereiten kann.

Ich wurde von Argos Yachtcharter zu dieser Recherche-Reise im Saronischen Golf und zu den Kykladen auf einem Katamaran von Dream Yacht Charter eingeladen. Die Anreise erfolgte individuell. Alle Ansichten sind meine eigenen.

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